Als sich die Götter erhoben, versuchten sie sich als erstes die Elemente anzueignen. Es entstand Streit und Krieg, der die Welt formte, wie die Menschen sie kennenlernen sollten. Die Sieger erhoben Ansprüche auf Wasser, Feuer, Erde, Metall und Luft, doch die Elemente hatten ihren Stolz. Sie waren die ersten gewesen, das Fundament der Welt, auf der die Götter wandelten. Feuer und Erde ließen sich überreden, Metall schloss einen Handel und Wasser musste im Kampf unterworfen werden, wodurch die Meere geformt wurden. Nur der Wind widerstand allen Bestrebungen von einem der Sieger namens Noriif gebunden zu werden. Das Rauschen übertönte jegliche
Worte des Gottes, blies seine Angebote um die Welt, bis sie vergessen waren und entzog sich geschwind den Netzen, die Noriif nach ihm auswarf. Der Gott wütete, doch letztendlich gab er seinen Preis auf, denn der Wind ging wohin er wollte, tanzte nach seiner eigenen Nase und hielt den großen Gott zum Narren. Er flog über die neuen Wiesen, erkundete als erster die Höhlen in den Bergen und lächelte mitleidig auf seine Brüder und Schwestern herab, die sich mit den Launen und Versprechen der Götter herumschlagen mussten. Doch machte ihn dies zu einem Außenseiter, der keine Freunde mehr hatte und alleine die Wälder der Welt durchstreifte. Als der
einzige unabhängige Beobachter erlebte er die Geburt des Lebens und die anderen Erzeugnisse vom Verbund der Götter und Elemente. Zuerst faszinierten ihn die Vögel, die sich zu ihm in die Lüfte heraufschwangen und die er mit seinen Kräften durch die Welt trug. Auf seinen Reisen mit seiner gefiederten Gesellschaft, bemerkte er eines Tages eine kleine Bergstadt am Rande eines malerischen Sees. Menschen hatten ihn nie besonders interessiert. Sie waren gebunden an den Boden, gebunden an sich selbst und selbst wenn sie sich von ihren Fesseln lösten, waren sie langsam und unentschieden in allem, was sie taten.
Doch eines Abends, als er mit einem Schwarm seiner einzigen Begleiter an jener Stadt vorbei rauschte, hörte er den verspielten Klang einer Flöte, der von den hohen Felswänden hin und her geworfen wurde und den Wind noch lange auf seiner Reise begleitete. Er fand den Ton derart faszinierend, dass er ihn weiter trug, aus den Bergen hinaus, über die Täler bis zu den Küsten. Die Menschen in den Städten, die seinen Weg kreuzten erzählten von einem himmlischen Klang, der in den Schriften der Historiker als Zeichen der Götter eingetragen wurde. Doch den Wind kümmerte es nicht. Er genoss das Spiel
mit dem Ton und kehrte nach dem Ende seiner Reise zurück zu dem Dorf, wo er den Ton gefangen hatte, nur um enttäuscht zu werden. Der Flötenspieler war verschwunden und so war die Melodie. Der Wind verstand nicht wo der Mensch geblieben sein könnte und verweilte deswegen eine Weile im Tal der Stadt. Die Menschen bemerkten die Veränderung und es dauerte nicht lange, bis die Gegend als Tal des Windes bekannt wurde. Und dann, eines weiteren Abends, schallte die selbe Melodie aus den Bergen herab. Der Wind horchte auf und sauste los. Er wollte jenen Menschen finden, der sein Interesse wecken konnte und ihm die Wunder des Windes zeigen.
Mit längst vergessenem Elan stürmte der Wind durch die Welt, jagte die bezaubernden Töne, fing sie ein und trug sie mit sich und wurde dadurch selbst zu einem Komponisten, der unter allen Wesen unfähig war seines Gleichen zu finden. Die Töne umgaben ihn und ließen ihn für Jahre die Zeit vergessen. Bis zu dem Punkt, als er endlich den Spieler gefunden hatte, dachte er der Jäger gewesen zu sein. Doch als er schließlich den höchsten Berg der Welt, der später als Tonspitze bekannt werden sollte, erklommen und den Menschen, der dort oben auf ihn gewartet hatte, fand, erkannte er die Wahrheit im Lächeln des jungen Mannes. Nicht er war der
Komponist gewesen. Der Mensch hatte ihn gespielt mit Magie und einer simplen Querflöte aus Birkenholz. Für einen Moment legte sich der Wind und die Luft stand still. Der Mann lachte und fing an eine Melodie zu spielen, die zu grausam für einen Menschen und zu schön für einen Gott war. Und der Wind stimmte ein. Er umgab den Spieler, fing und leitete die Noten, sobald sie seine Flöte verließen und ließ sie die steilen Felswände des Berges hinabfließen, nur um sie dann wieder aufzuwirbeln und mit den nachströmenden Tönen zu vereinen. Das Stück zog sich über mehrere Tage, schwoll heran zu einer Symphonie der Freiheit, Windhosen bildeten sich und
umgaben den Berg, nur um dann bis auf die Größe einer Hand zu schrumpfen und gelenkt von der Melodie um den Spieler herum zu schweben. Der Wind verliebte sich in die Töne und lehrte dem Spieler die Windhosen zu lenken. Dieser ließ sie tanzen und wirbeln, bis er zu erschöpft war, um noch länger zu spielen. Enttäuscht hielt der Wind die Töne noch eine Weile am leben, doch als der Spieler wieder aufwachte, waren sie bereits alle gestorben. Der Mann lächelte, als er merkte, dass der Wind noch immer an seiner Seite war. Ein letztes Mal in seinem Leben als Mensch setzte er die Flöte an seine Lippen und spielte eine zarte, zerbrechliche und melancholische
Melodie. Da verstand der Wind, dass dieser Mensch sein letztes Lied ertönen lassen würde. Entsetzt heulte er auf, denn er auch wenn er derjenige war, der gespielt worden war, so wollte er jenen Menschen nicht gehen sehen. Niemals würde er wieder jenen einsamen Melodien nachjagen können, die ihm das Gefühl gegeben zu haben, nicht mehr allein zu sein. Und so gewährte er dem Menschen das Privileg, das er den Göttern verweigert hatte. Er versprach dem Mann die Freiheit zu Leben und des Windes für den Preis seiner Gesellschaft und Lieder. Der Mann lachte und fragte sich ob er träumen würde, als die Windgeister, kleine leuchtend weiße und
blaue Kugeln, erschienen und die Nacht zum leuchten brachten. Sie waren die Zeugen des Vertrags, der an diesem Tag geschlossen wurden. Ihr Leuchten war intensiver, als das Scheinen der Sterne und sie pulsierten im Rhythmus des Herzschlags des Mannes. Mit Tränen der Freude nahm er das Angebot an. Ein Wort war genug den Vertrag zu besiegeln.
Und so war der ewige Wanderer, der Windspieler und der erste Mensch, der mit den Göttern gleichzog, geboren.