Donnerstag
In den ersten beiden Stunden bei Herr Konrad war die Stimmung für Schul-Verhältnisse wie immer sehr entspannt und mordsmäßig lustige Sprüche, die Herr Konrad betont trocken von sich gab, machten das Ganze wie immer sehr amüsant. Unterricht bei diesem Lehrer war schlichtweg genial.
Zwischendurch schien unser Lehrer kurz davor, Hendrik eins mit seinem Ordner überzuziehen, doch da Hendrik jedes Mal durch die Rufe an unseren Lehrer, Hendrik habe es verdient, aufmerksam wurde, konnte er das nicht tun.
Wobei Hendrik es wirklich verdient
hätte, weil er in der letzten Stunde bereits 8 Mal eingeschlafen war. 8 Mal in 45 Minuten! Das musste man sich mal vorstellen!
In der großen Pause sprach mich Hendrik an. Zuvor hatte ich ihm quasi nebenbei erzählt, dass sich das mit Sebastian erledigt habe.
„Wieso?“, fragte er nun.
„Ist doch egal. Ist eben so. War wohl mehr ein Hirngespinst.“
„Und wer ist das neue Ziel?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Es hat doch immer einen Grund, warum man sowas feststellt. Also, wer ist es?“
„Ich habe nie behauptet, dass es wen anderes gibt.“
„Lüg doch nicht.“
„Also gut. Du hast ja Recht.“
„Und wer ist es?“
Ich schluckte. Irgendwie war es mir peinlich, einfach direkt heraus zu sagen, dass ich Claude mochte. „Rate. Aber du darfst eine einzige Frage stellen bezüglich der Person.“ Anders ließ sich der gigantische Kloß in meinem Hals nicht lösen.
„Ist er in unserer Klasse?“
„Ja.“
„Ist es Finn?“
„Sag mal, hast du sie noch alle?!“ Am liebsten hätte ich ihn an Ort und Stelle geohrfeigt. „Aber sonst bist du noch ganz knusper, ja?!“
„Jaja. Tobias?“
„Hä? Nein!“
„Andrés.“
„Um Himmels Willen, nein!“
„Wieso nicht? Andrés ist doch ein richtiger Schönling.“
„Glaub mir, das ist Geschmackssache. Und mein Typ ist er ganz sicher nicht.“
„Hm.“ Nun schien Hendrik ratlos. Vermutlich hatte er alle, die aus seiner Sicht Sinn machen könnten, bereits abgehakt. „Xander?“
„Nein, Hendrik. Einfach nein. Wie kommst du darauf?“
„Er ist in unserer Klasse. Ich rate.“
„Rat weiter…“
„Ich weiß, dass es jetzt lächerlich
wird… Aber… Claude?“
„Ja.“ Mir schoss das Blut in die Wangen.
„Wie jetzt?!“
„Ja.“
„Was? Hä?“
„Ja, es ist Claude!“
„Warum?“
„Wie, warum?“
„Warum Claude?!“
Ich seufzte. Damit hätte ich rechnen können. Ich kannte ihn doch gut genug, damit ich das hätte erahnen können! „Weil… Weil halt! Warum magst du Julienne?“, konterte ich geschickt und wusste sofort, dass ich seinen wunden Punkt getroffen hatte.
„Ist ja gut. Aber hat Claude nicht eine
Freundin.“
Da war er: Der Moment, in dem man merkte, dass einem doch spontan schlecht werden konnte und alles um einen herum zum Stillstand kam.
Eine Freundin? Warum nur? Warum musste ich mich in einen verliebt haben, der vergeben war? Mir waren quasi die Hände gebunden! Ob ich mir das mit Sebastian noch einmal durch den Kopf gehen lassen sollte?
„Dann gäbe es niemand anderen…“, spukte es in meinem Kopf. Lynn´s Worte.
Nein, es wäre Verrat an mich selbst, auch wenn es mich unglücklich machte, dass Claude vergeben war. Vielleicht
hatte ich Glück… Vielleicht würde sich das mit seiner Freundin von ganz allein erledigen?