Der letzte Tag der Menschheit von Matthias März
Ich habe keine Angst, nein die habe ich nicht, auch wenn bald die Welt untergeht.
Das steht unumstößlich fest, niemand mehr kann das verhindern. Ein Asteroid namens „Omega 42“ wird die Erde treffen und unseren schönen Planeten zerstören, mit all seinen Menschen, unserer Kultur, unseren Bauwerken, aber auch mit unseren Waffen.
Vor 23 Jahren entdeckte eine Gruppe von
Astronomen jenen Kleinplaneten, der seit Millionen von Jahren ziellos durchs All zog. Jetzt ist seine Reise beendet. In der Geschichte der Erde ist es nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht. Jedes Mal hat sich der Planet wieder erholt, auch wenn viele Arten ausstarben. Nun trifft es uns, im wahrsten Sinne des Wortes. Tröstet es uns, dass danach noch Ratten oder Kakerlaken existieren und diese die neuen Herrscher der Erde werden? Eher nein.
Viele Leute haben sich vor Verzweiflung umgebracht, nachdem vor drei Jahren der letzte Versuch scheiterte „Omega 42“
mittels Atomraketen zu zerstören. Immerhin hat es seitdem kaum noch Kriege, Attentate und dergleichen gegeben. Was für eine bittere Ironie, dass jeder nur noch an sich selbst denkt und den Hass auf die Anderen vergisst.
Meine Planung für die letzten Stunden steht seit Langem fest: ich werde mir ein paar schöne Filme ansehen, werde dazwischen meine Lieblingsmusik hören, mir ein gutes Essen gönnen und mich hemmungslos besaufen. Vorher werde ich mich noch mit guten Freunden treffen. Wir werden Erinnerungen austauschen. Es ist doch ein gutes Gefühl, mit angenehmen Gedanken im
Kopf zu sterben.
In den diversen Internetforen und bei „Facebook“ und Konsorten haben viele Leute ihre Planungen für den „finalen Schuss“, wie es eine große Boulevardzeitung formuliert hat, gepostet. Einige wollen verrückte Dinge machen, aber kaum jemand möchte Sachen zerstören oder seine Nachbarn töten. Ist ja auch sinnlos, wenn ein paar Stunden später sowieso alles hinüber ist.
Raumschiffe zu bauen, um wenigstens ein paar Vertreter der Menschheit zu retten, hatte sich als undurchführbar
erwiesen, denn: woher sollten diese Leute auch hin? Einen bewohnbaren Planeten in mittelbarer Nähe gibt es nicht. Außerdem ist die Strahlung im Weltall viel zu hoch. Das hält niemand lange durch. Selbst, wenn das gegangen wäre, wer hätte überleben dürfen? Unsere Wissenschaftler, unsere Künstler oder gar unsere Politiker oder die Superreichen? Das hätte Aufstände ohne Ende gegeben, da jeder an Bord gewollt hätte.
Nein, es ist besser so, dass wir alle sterben, ohne Ausnahme. Die Menschheit hat es nicht anders verdient. Die Wesen, die nach uns kommen,
werden es vielleicht besser machen. Damit sie wenigstens etwas von unserer Kultur erfahren, haben wir mehrere Sonden in das ewige Eis des Südpols vergraben. Sie werden unsere Kunstwerke sehen, unsere Bücher lesen und unsere Musik hören. Über vieles werden sie sich wundern und es nicht verstehen, so wie wir untergegangene Kulturen nicht oder falsch verstanden haben. Die Erinnerung an die Menschheit wird nicht immer angenehm sein, aber immerhin wird es sie geben.