REISE zum mond
Wahrscheinlich hast du schon öfter in deinem Leben die Erfahrung gemacht, dass man Stroh nicht zu Gold spinnen kann. Hast du dann schon versucht, Gold zu einem hauchdünnen Faden zu spinnen? Ja? Wenn es denn ginge, würde schon eine geringe Menge Gold einen Faden ergeben, der bis zum Mond reicht.
Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn ich auf diesem Faden zum Mond reisen könnte, so als winzig kleiner Glitzerstrahl immer entlang des Fadens bis zum Mond?
Du sagst, dass das nicht geht? Aber in
meiner Fantasie reise ich schon und kann die Erde als wunderschöne, blaue Kugel sehen. Sie ist so zart, so verletzlich wie ein Spinnennetz. Wenn du da einen Faden verletzt, ist das gesamte Kunstwerk keinen Pfifferling mehr wert.
Und doch ist die Erde in ihrer Gesamtheit so ein gewaltiges Wunder, welches jeden erdenklichen Schutz dringend braucht. Schau dir nur die wunderlichen Wolkenformationen an, die sich in festen Bahnen wie seidene Bänder um diese verletzliche Hülle winden gleichsam um sie zusammenzuhalten und zu schützen.
Oder sieh dir die ausgewogene Verteilung
der Kontinente und Meere an. Wie wunderbar sind sie verteilt, damit unsere Erdkugel bei ihrer ständigen Drehung um die eigene Achse nicht immer ins Schlingern gerät. Und sollte bei einem Vulkanausbruch durch Zufall diese Verteilung ins Ungleichgewicht geraten, so wird mit Hilfe von unsichtbaren Sensoren das Gleichgewicht wieder hergestellt.
Unsere Erde scheint also ein lebendiger Organismus zu sein, der lebt und webt und sich ständig verändert so wie auch wir diesem Prozess unterliegen.
Jetzt bin ich weiter gereist auf meinem Goldfaden. Die ISS hat mich fast gestreift. Glücklicherweise hat sie den
Faden nicht zerstört, sonst wäre meine Reise zu früh zu Ende gewesen. Aber du kannst dir nicht vorstellen, welche Müllmengen mir hier oben begegnet sind. Hier gibt es leider keine Abfuhr für derlei Zeug. Mein Goldfaden, an dem ich entlang reise, hatte bisher wirklich großes Glück.
Der Mond wird immer größer und größer und ich kann schon sehr deutlich die Einzelheiten auf seiner Oberfläche erkennen. Den Mann im Mond habe ich noch nicht gesehen. Ich hoffe, ihm in Kürze zu begegnen. Vielleicht ist er ja gerade auf der anderen Seite, wer weiß das schon.
Auf der Oberfläche des Mondes sehe ich
nun deutlich den Landeplatz der ersten Astronauten. Ich habe ihn mir ein wenig anders vorgestellt. Aber ich sehe sie immer noch, die Fußabdrücke seiner Raumstiefel und die Flagge, welche immer noch am selben Platz zu finden sind. Die haben wohl kein Klima dort oben, kicher. Aber ich sehe, dass auch die Oberseite des Mondes sehr verletzlich ist. Wenn die Menschen bloß ein Stück weiter denken würden bei dem, was sie tun!
Der Blick von hier oben ist wirklich grandios, großartig, unwiederbringlich schön und absolut nicht mehr zu vergessen. Aber alles in allem sehe ich auch, dass diese Schönheit hier oben
eines starken Schutzes bedarf. Ich wollte, ich könnte sie in goldene Fäden hüllen, über und über damit bedecken, damit die Menschen erkennen können, wie gewaltig einerseits und wie verletzlich andererseits diese ungeahnte Schönheit ist. Und wie viel Schutz sie braucht, damit das Leben in unserer Welt überleben kann.
Lebewohl, lieber Mond. Ich werde jetzt auf meinem goldseidenen Spinnfaden zurückkehren in meine Welt. Ich hoffe, dass es mir wenigstens dort unten auf der Erde gelingen wird, mit meinem Faden ein kostbares Gewebe um die Erde zu legen, um die Menschen neu für ihren Erhalt zu begeistern.