2. Szene
Medusa, spricht mit ihren Schlangen und den Statuen in ihrer dunklen Höhle tief im Sumpf verborgen
MEDUSA. Seid gegrüsst, meine Lieblinge, eure Mutter ist heimgekehrt! Und stellt euch vor, meine Jagd war erfolgreich! (hält lachend den erbeuteten Riesenotter in die Höhe.) Freuet euch mit mir, meine Kinder! Das wird ein Festmahl! Wer von euch möchte mir helfen? Ach ja, ich vergass. Ihr seid alle arbeitsscheu. Aber schämt euch deswegen nicht. Solange ihr bei mir seid, fliesst das pure Glück durch meine
Adern.
Die Statuen schweigen in die gähnende Leere. Die Meduse sucht sich einen Weg zwischen den stillen Statuen hindurch und entzündet beim Holz, das sie vor der Jagd bereitgelegt hatte, ein Feuer.
MEDUSA. Nein, eure Mutter ist niemals alleine. Meine Schwestern statten mir einmal in jeder Woche einen Besuch ab. (säbelt dem Riesenotter frustriert den Kopf vom Rumpf und zieht ihm das Fell ab.) Ruhig, meine geliebten Biester! (lacht) Bald werdet ihr den Duft des gebratenen Viehs schmecken! Zeigt also Geduld, meine Kleinen! (streichelt
einzelne Köpfe ihrer Schlangen.) Das knisternde Feuer ist schon entzündet, dort neben dem netten Satyr, der mir freundlicherweise doch immer in der richtigen Höhe die Speisen über das Feuer hält.
SCHLANGEN. (zischend) Ja, durchausssss nett. Aber wasss issst mit den Amazonen? Wiessso haben wir ssssie nicht getötet?
MEDUSA. (nachdenklich) Ich … wollte nicht.
SCHLANGEN. Du wirsssst
weich?
MEDUSA. Nein! Das auf keinen Fall! Der Weg hierhin war mir zu lang, um die beiden vor Angst stinkenden Amazonen zu meinen anderen steinernen Kindern zu tragen.
SCHLANGEN. Wie du meinsssst…
MEDUSA. Seht! Der Zentaur neben dem Eingang freut sich darüber, dass sein Platz nicht vom Gestank der Amazonen durchdringt wird. Diese ketzerischen Huren, die die falsche Göttin der Kriegskunst anbeten! Nur dieser selbstverliebten Göttin ist es zu
verdanken, dass ich, Medusa, die einst von reinster Schönheit gesegnet war, in unendlicher Einsamkeit leben muss! Dabei trifft mich keine Schuld.
SCHLANGEN. Wie wahr! Posssseidon sssollte bestraft werden! Er hat dich vom Tempel der Akropolis geraubt und vor dem Altar unter den Augen der Athene geschändet. Du durftesssst den Preisss dafür zahlen.
MEDUSA. Ihr Lieben, was täte ich nur ohne euch?
SCHLANGEN. Daran musssst du nicht denken. Wir bleiben immer an deiner
Sssseite.
MEDUSA. So ist es. Eines Tages, das verspreche ich euch, werde ich es Athene heimzahlen!
SCHLANGEN. Jenen Tag erwarten wir schon lange Zeit.
MEDUSA. (lächelt mütterlich) Ich weiss, meine Lieben, ich weiss.
© by Aquilifer