Humor & Satire
Herr und Hund

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"Herr und Hund"
Veröffentlicht am 27. November 2013, 2 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Laßt jedem Individuum, gleich welches Aussehen, welche Interessen, welche Religion und welcher Herkunft die Möglichkeit der freien Entfaltung seines Lebens und gönnt ihm die Suche nach seinem eigenen Glück. Freut euch wenn Menschen fröhlich sind und tröstet sie bei Trauer. Versucht die Gedanken anderer Menschen zu begreifen und behandelt jeden, wie Ihr behandelt werden möchtet. Vielleicht wird die Welt dann besser.
Herr und Hund

Herr und Hund

  Herr und         

    hund

      und andere    

  kurzgeschichten

  vom Pfalzgrafen

      Bernd carbon

                            

1. Morgentoilette    

2. Nachbarschaftshilfe

3. Hotel zur Krone  

4. Und ewig lockt das Weib  

5. Die gesellschaftspolitische Bedeutung der Pfälzer Leberwurst

6. Einladung vom Tier - Teil 1

7. Einladung vom Tier - Teil 2  

8. Ben Hur

9. Stürmische Zeiten  

10. Der Schimmel

10. Lizenz zum Träumen

12. Strangers in the night  

13. Tag der Fehler    

14. Immer diese Radfahrer

15. Fataler Morgen

16. Germanys next Top-Model  

17. High Society

18. Des Kaisers neue Kleider

19. Hungrig nach Blues

20. Die Mär von der Jungfrau

21. Herr und Hund

22. Besuch beim Elch

23. Der Weg ins Ungewisse

24. Frauenpower

25. die Selbstkasteiung

26.  Prost Neujahr

27.  Eine unterkühlte Unterhaltung

28.  Die Lesung

29.  Die fatale Depesche

30.   Einkaufsspaß

  1.  Wege in die große Welt

  1.  Frauchen ist tot

  1.  Der Hungerstreik

  1.  Die Fahrradtour

35. Das große Fressen

 

Morgentoilette

Ist es interessant, wenn sich ein erwachsener Mann morgens ins Bad begibt um sich zu reinigen? Eigentlich nicht.

Und dennoch kann eine solch lapidare Tätigkeit zu einem wahren Abenteuer mutieren.

Acht Uhr in der Frühe. Den Sand bereits aus den Augen und die Essensreste aus den Zähnen entfernt. Er schaute sein Spiegelbild an. Ein unrasiertes Etwas mit fettem, strähnigem Haar grinste ihm verwegen entgegen. Die Nase, in Richtung Achselhöhlen gesteckt, sagte ihm: „Gehe sofort duschen“.

Doch zuvor das Antlitz verschönern:  Sein pfalzgräflicher Kinnbart sollte von glatter Haut umrandet sein. Somit war auch eine Rasur angesagt. Gut gelaunt und bester Dinge ergriff er den Rasierer und schaltete das Radio ein. Da er am gestrigen Abend dem Alkoholteufel abgeschworen hatte, fühlte er sich frisch und beschwingt. Als im Radio „Good Morning Sunshine“ lief, swingte er im Takte mit, während der Rasierer behände auch die letzten, ungewollten Bartstoppel aus seinem Gesicht entfernte.

Der Song war gut zu gut er swingte zu sehr. Der Rasierer glitt ihm aus und schnitt eine tiefe, einer Ackerfurche gleiche Vertiefung  in seine graumelierte Manneszierde. Der Bart war zerstört. Er fluchte das böse F-Wort und rasierte sich gänzlich.

Ein glattes, durch den fehlenden Bart jedoch etwas pausbäckiges Gesicht schaute ihm entgegen. Durfte er sich jetzt ohne Kinnbart überhaupt noch Pfalzgraf nennen, sinnierte er, während er den Morgenmantel ablegte um sich unter die Dusche zu begeben.

Das angenehm warme Wasser gab ihm seine Lebensgeiste und gute Laune zurück. Er räkelte sich unter dem Strahl und schäumte seine Haarpracht mit Shampoo ein. Mit Schaum vor den geschlossenen Augen gab er sich seinem Glück hin.

Jedoch nicht für lange.

Plötzlich wurde das Wasser kalt. Schlagartig und eiskalt. Und nur noch ein Rinnsal tröpfelte lustig aus dem, in seiner Hand befindlichen Duschkopf. Er war schockiert und richtete den Duschkopf weg von seinem, jetzt frierenden Körper.

Da stand er nun vom Schaum erblindet und überlegte, wem er diese Misere wohl zu verdanken habe. Viele Menschen leben in diesem Haus, in welchem auch sein pfalzgräfliches Domizil liegt. Wenn zwei oder mehrere Menschen gleichzeitig duschen, so verweigert das warme Wasser allzu gern seinen Dienst. Also: Der duschende Feind saß nahe, im eigenen Haus.

Sollte er ihm die Reifen seines Automobils aufschlitzen oder gar den Hund auf ihn hetzen? Nun zum Ersten wusste er nicht um welchen Mitbewohner es sich handelt und zum Zweiten ging es dieser Person wohl ähnlich schlecht wie ihm. Auch sie wollte nur ihren Körper reinigen und stand nun genauso frierend und eingeschäumt wie er unter der Dusche. Man könnte höchstens einen Club der frierenden, eingeschäumten Duscher gründen.

Das Wasser blieb kalt er blieb blind. Er wollt nur noch schnell aus der Duschkabine um sich die Augen auszureiben. So steckte er den Duschkopf blindlings auf die hierfür vorgesehene Vorrichtung. Zumindest wollte er dies tun. In seiner Blindheit verfehlte er jedoch sein Ziel und das tröpfelnde Teil knallte schwer auf den Boden. Es hätte auch die Emaillebeschichtung der Duschkabine treffen und beschädigen können.  Dies tat es nicht. Es traf und beschädigte vielmehr den, ohnehin durch eine Verstauchung bereits angeschlagenen kleinen Zeh des Pfalzgrafen.

Wieder entrann das böse F-Wort seinen Lippen. Nur diesmal lauter.

Raus aus der Dusche. Schnell und ohne Rücksicht auf die fehlende Sicht. Dies war sein einziger Gedanke. Doch er unterschätzte die Höhe der Kabine, stolperte und fünfundneunzig Kilo Pfalzgraf landeten mit dem Knie zuerst an der Toilettenschüssel. Diese massive Einwirkung menschlichen Fleisches auf die Verankerung der Toilettenbrille veranlasste jene ihren Dienst zu verweigern und die Brille aus ihrer Gefangenschaft zu befreien.

Sein dritter Aufschrei mit dem bösen F-Wort n diesem Morgen klang nahezu hysterisch.

Da stand er nun sein Knie schmerzte in seinem kleinen Zeh pochte das Blut die Augen brannten vom Seifenschaum und er fror am ganzen Körper. Dazu trug er auf dem Kopf noch immer die Shampoo-Krone. Der Duschkopf war wahrscheinlich defekt und die Toilettenbrille abgerissen.

Jedoch plötzlich ein Geräusch wie laufendes Wasser. Sollte der Feind seinen Duschvorgang abgebrochen oder eingestellt haben? Er öffnete seinen Augen: Sie brannten ohnehin schon und erblickte tatsächlich wie sich ausreichend warmes Wasser aus dem Schlauch, welcher zu früheren Zeiten einmal den Duschkopf trug, erfloss.

Jetzt aber hurtig, bevor ein anderer Hausbewohner seine Dusche betritt. Schließlich hat das Haus viele Bewohner und es war acht Uhr Morgens. Er wusch sich so schnell er konnte. Gerne hätte er noch unter dem warmen Wasser verweilt. Aber er hatte Angst. Seine Augen waren von Seife gerötet und von Panik geweitet.

Zumindest konnte er sich nun frisch rasiert und den Körper gereinigt auf den Weg zum Baumarkt machen um dort gleich zwei Duschköpfe und Toilettenbrillen zu erstehen. Schließlich ist morgen auch ein Tag, an welchem er um acht Uhr duschen wird.

Nachbarschaftshilfe

Der Pfalzgraf erlaubt sich wiederum eine Depesche an Euch zu senden. Er möchte berichten was ihm heute Nacht widerfahren ist:

Nach dem ausgiebigen Genusses zweier Lederbeutel edelsten spanischen Rotweines besaß er die Muse und so hofft er auch das Geschick die Folgen dieser Nacht trefflich und zu Eurer Belustigung zu Papier zu bringen.

Es begab sich also am gestrigen Abend zur neunten Stunde als der Pfalzgraf nach schwerem, aber dennoch vollendetem Tagwerk seine müden Glieder auf seiner Ruhestatt ausbreitete um der Oper eines vortrefflichen italienischen Komponisten zu lauschen. Den von der Arbeit geschundenen Körper wohlruhend gebettet lauschte er der Musik und gönnte sich oben beschriebenen, wohltuenden köstlichen Trank.

Unterbrechen ließ es sich lediglich von seiner geliebten Kurpfälzerin mit der er gleichzeitig, durch die Wunder der modernen Technik möglich gemacht, nette Plauschereien führen konnte, obwohl diese doch weit entfernt in ihrer geliebten Kurpfalz weilte.

Plötzlich pochte es an seiner Pforte. Wer könnte jetzt noch um Einlass begehren? Vielleicht sein Nachbar Otto, welcher ihn mit arabischen Kaffee zu beglücken wünschte? Vielleicht auch ein Freund mit einem weiteren edlen Trunk? Er könnte sein Glück wohl stören?

Er öffnete und es offenbarte sich ein weiterer Nachbar. Ein junger Mann, der kleine Müller genannt. Dieser junge Herr hatte ein besonderes Begehr: Nein es war nicht, wie unter Nachbarn üblich die Frage nach etwas Zucker oder Mehl. Der kleine Müller bat den Pfalzgrafen um einen besonderen Dienst:

„Hast du ein Kondom für mich?“

Um der eventuellen Frage eines jungen Mädchens, was denn ein Kondom sei, vorzugreifen. Der Pfalzgraf möchte hierauf nicht antworten, um die edle und unbefleckte Seele eines jungen Mägdelein nicht zu penetrieren.

Nur soviel: Ein Kondom dienst dazu um bei ungehörigem Umgang zwischen Mann und Frau sowohl gesundheitlichen Schaden, als auch der ungewollten Vermehrung der Beteiligten vorzubeugen.

Der Pfalzgraf war selbstverständlich nicht im Besitz solch ungehöriger Utensilien, da er ja selbst in höchst monogamem Verhältnis zur Kurpfälzerin lebt. Außerdem kämpft ein Pfalzgraf nur mit blanken Waffen.

Also überlegte er was zu tu sei. Sollte er den kleinen Müller teeren und federn? Sollte er ihn mit Schimpf und Schande aus der Stadt jagen? Sollte er vielleicht sogar handgreiflich werden um ihn zu lehren, wie man sich gegenüber älteren Herren gebührlich benimmt?

Der Pfalzgraf überlegte lange und intensiv. Ein solches Problem hatte er bisher noch nie zu lösen. Er betete Gott im Himmel ebenso an, wie den großen Buddah, Allah, Sonnengott Ra, Jesus und die unbefleckte Jungfrau von Lourdes.

Es war wohl letztere, welche ihm die Erleuchtung brachte: „Hilf dem jungen Herrn“.

Er machte ihm den Vorschlag ein erst kürzlich und auch nur ein einziges Mal gebrauchtes Kondom seines Freundes Otto zu benutzen, von dessen Existenz der Pfalzgraf zufällig wusste. Er wusste auch in welchem Abfalleimer e sich befand.

Leider lehnte dies der kleine Müller aus unbekannten Gründen mit einem Gesichtsausdruck zwischen Ekel und Verwunderung ab.

Nun suchte der Pfalzgraf nach anderer Hilfe für den kleinen Müller. Er besaß noch eine in Darm gestopfte Pelle bester Leberwurst, welche ein hiesiger Schlachtermeister im Schweiße seines Angesichtes gefertigt hatte. Er schlug vor den wohlschmeckenden Inhalt durch orale Vernichtung zu entsorgen und die Haut als Kondom zu nutzen.

Wieder lehnte der kleine Müller ab. Nun konnte der Pfalzgraf diesem anspruchsvollen Wicht auch nicht mehr helfen.

Der kleine Müller schlich sich davon. Tränen in den Augen. Das Gesicht vor Schmerz verzerrt. Wohl kurz vor dem Suizid.

Er ließ den Pfalzgrafen allein. Allein mit seiner Ruhestatt, seiner italienischen Musik und seinem Trunk.

Einfach allein.

Hotel zur Krone

Ich mache mich hier und heute wohl nicht strafbar, wenn ich die kulinarischen Leistungen des Hotels zur Krone wahrheitsgemäß beschreibe.

In jeder zweiten deutschen Stadt existiert ein Hotel solchen Namens, sodass ich einer eventuellen zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit einem sich angesprochen fühlenden Hotelier wohlwollend ins Auge schauen kann. So lasst mich einfach die Wahrheit schildern:

Wir trafen uns mit Freunden. Wollten heute Abend etwas plauschen, speisen und bei einem guten Trunk einen netten Abend verleben. Besonders nach leckeren Speisen begehrten unsere Herzen und Mägen. So führte uns meiner, unserer Hündin Frida und der Kurpfälzerin Weg ins Hotel zur Krone. Unsere Freunde waren bereits angekommen und begrüßten uns herzlich.

Ein edles vornehmes Haus dachte ich mir, als ich den prachtvollen Eingangsbereich, die geschnitzten Holzmöbel und die livrierten Kellner erblickte. Hier sollte es uns heute Abend sicherlich wohl ergehen.

Frida jedoch zog bereits die Lefzen hoch. Wir hätten dies Signal beachten sollen. Hunde haben ein besseres Gespür als Menschen.

Wir ließen uns dessen ungeachtet nieder. Die Menschen auf Stühlen und unser und unser, noch immer mürrisches Tier standesgemäß auf dem Fußboden. Der Kellner kam und erfragte unser Begehr. „Vor dem Essen bitte ein Pils für alle“ lautete die einstimmige Meinung „und etwas Wasser für unseren Hund“.

Der Kellner schaute missmutig auf das Tier, welches ihm solches Ungemach bereiten sollte. Dieses erwiderte den Blick mit einem tiefen, drohenden Knurren. Eine wahre Freundschaft zwischen Hund und Kellner sollte sich hier wohl nicht anbahnen. Aber deshalb waren wir auch nicht gekommen. Wir wollten gut speisen.

Wir hatten unser Bier der Kellner jedoch war, ungeachtet unserer hungrigen Mägen verschwunden. Er glaubte wohl, wir wollten mit dieser leckeren, aber nur umsatzarmen flüssigen Nahrung hier den Abend verleben.

Wir warteten. Wir warteten lange und unser Hungergefühl wuchs. Ich hatte wie meist das Pech am Ende der Tafel zu sitzen und so erkor man mich nach einer Speisekarte Ausschau zu halten. Just zu diesem Zeitpunkt erschien auch wieder der Livrierte.

Mit der Frage „Dürfen wir auch etwas essen?“ eröffnete ich die Diskussion um die Speisekarte. Unterstützt wurde ich hierbei jetzt von bereits zweierlei Knurren: Dem von Frida, wie auch dem des Magens meiner Kurpfälzerin.

Der Ober, welcher nun bei sechs hungrigen Gästen seine Umsatzerwartung nach oben revidierte, war plötzlich wieder ganz Kellner. Mit schmierigem Lächeln im Gesicht einem falschen Lächeln, wie man es nur in Hotelfachschulen erlernt übergab er uns die Speisekarten und blieb in erwartungsvoller Haltung stehen.

Wir begannen die ausführliche Karte zu studieren.

Doch noch nicht über die Vorspeisenauswahl hinausgekommen nährte sich dieses Dienstleistungsindividuum wieder unserem Tisch. „Haben die Herrschaften schon gewählt?“ „Wir sind des Lesens in dieser Geschwindigkeit nicht mächtig“ wollte ich erwidern, wurde aber von einem sanften Fußtritt meiner Kurpfälzerin daran gehindert.

„Wir rufen Sie wenn wir fertig sind“ revidierte ich insgeheim meine Aussage, was den Kellner bewog nun wieder zu verschwinden. Meine Freunde wählten Steak und Schnitzel, Fisch und Käseplatte. Ich entschied mich für einen Lammbraten. Wieder ein Fehler wie ich später erkennen sollte.

Doch wo war der Ober verschwunden? Wir warteten. Dieser war wohl unserer ungenügenden Lesegeschwindigkeit beleidigt und hatte sich in seinen Raucherbereich zurückgezogen. Ich entschied mich da ich am Tischende platziert war diese Ausgeburt an Freundlichkeit suchen zu gehen.

Ich fand ihn wie erwartet hinter der Theke. „Oh die Herrschaften haben gewählt“. Ich wollte ihm eigentlich die Fresse polieren, entschied mich jedoch für ein freundliches „Sie können die Bestellung aufnehmen“.

Das Essen kam binnen Minuten. Etwas, welches den Gast aufmerksam machen sollte. Frisch bereitete Gerichte benötigen eigentlich ihre Zeit.

Ich wunderte mich noch über die Anatomie des Kellners, während dieser den Lammbraten mit dem Finger in der Sauce vor mir abstellte. Hat der Mann kein Schmerzempfinden? Die Sauce sollte eigentlich heiß sein.

Die Platzierung der anderen Teller bereitete ihm größere Schwierigkeiten, da unsere Frida mit, noch immer hochgezogenen Lefzen das Servieren intensiv beobachtete und dabei quer vor der Tafel lag. Üblicherweise hätte ich den Hund zur Ordnung und unter den Tisch gerufen in diesem Fall verkniff ich es mir aber gerne. Mit süffisantem Lächeln verfolgte ich, wie dieser Möchtegern-Maitre das Essen servierte und dabei peinlichst genau achtete den Hund weitläufig zu entgehen. Eine wahrhaft sportliche Leistung.

Nun das Mahl konnte beginnen. Aus lauter Hunger übersah ich die am Tisch sitzenden Freunde und beobachtete lediglich meine Lebensgefährtin, welche sich einen gebackenen Camembert mit Salatbeilage bestellt hatte.

Der Salat gab ein trauriges Gastspiel ab. Welk und schlaff hingen seine Blätter wohl schon seit Stunden  - in einer fröhlich bunten Tunke und erwarteten von ihrem irdischen Dasein erlöst zu werden. Doch die Kurpfälzerin zeigte kein Erbarmen. Sie schnitt zuerst den Camembert an.

Während sie vorn anschnitt, erhob sich der Camembert hinten, als wollte er sich der Vertilgung durch Flucht entziehen. „Wenigstens ist der Käse frisch“ sinnierte ich „so frisch als lebe er noch“ und wandte mich meinem Lämmlein zu.

Ich war erschüttert. Für ein solches Gericht musste ein Tier sterben. Dies hatte das arme Lämmchen wahrlich nicht verdient. Hätte man es roh gelassen dann wäre das Fleisch sicher zärter gewesen. Ich schämte mich dies Gericht bestellt zu haben und verfluchte gleichzeitig den Küchenmeister. Möge er in seinen nächtlichen Träumen von jungen Lämmern verfolgt und deren Vätern vergewaltigt werden.

Ich versuchte mich an den Prinzessbohnen. Diese waren so roh, wie ich es zuvor dem Lammbraten gewünscht hätte.

Auch aus den Gesichtsausdrücken unserer Freunde ließ sich nichts Besseres über die Gerichte schließen. Wir verzichteten kollektiv auf die Nachspeise, da wir befürchten mussten die lebenden Jogurtkulturen würden uns aus unserm Dessert entgegen springen.

„Herr Ober bitte zahlen“.

Die Rechnung hätte sicher ein besseres Essen verdient. Wir zahlten und verließen diesen Ort gediegener Gastlichkeit.

Übrigens hat Frida entgegen ihrer sonstigen Angewohnheit kein einziges Mal um Essen gebettelt. Sie wusste wohl warum.

 

Und ewig lockt das Weib

Ist er schön? Ist er sportlich? Nein er ist es nicht.

Der Pfalzgraf, nur wenige Monde von seinem sechzigsten Lebensjahr entfernt ist dies alles sicherlich nicht. Aber in seiner unwiderstehlichen Arroganz glaubt er, dass seine Größe und sein vermeintlicher Intellekt (er glaubt dies wirklich Gott sei seiner selbstherrlichen Seele gnädig) ihm die Frauenherzen zufliegen lässt.

Welche Frau, außer seiner geliebten Kurpfälzerin, mag einen älteren, stets schwarz gekleideten und langhaarigen Herrn?

Es gab eine. Damals war er noch Single. Einsam und allein.

Es begab sich vor etwa 2 Jahren an einem Faschingsmontag. Er hasste Fasching schon immer. Er saß zu Hause. Er gab sein Herz seiner Musik hin, als ein Läuten an der Haustür ihn in seiner Ruhe stört. Wer könnte dies sein? Es war nahe vor Mitternacht. Am Faschingsmontag. Er öffnete die Tür und sein Auge erblickte einen Kneipenkumpan und im Schlepptau eine Frau. Er hatte sie schon einmal in seiner Stammkneipe gesehen, ihr jedoch keine Bedeutung zugeordnet.

„Können wir zu Dir kommen?“ ließ der Kneipenkumpan verlauten „wir mögen auch keinen Fasching und glauben bei Dir ist es netter“. Der Pfalzgraf ist stets bemüht als guter Gastgeber zu wirken und bat beide freudig herein. Er zelebrierte die Öffnung einer Flasche edelsten Rotweines und bat die Besucher Platz zu nehmen.

Sie führten nette Gespräche und die Nacht verging wie im Fluge. Nach einigen Stunden, früh am Morgen, verabschiedete sich der Kneipenkumpan so plötzlich und unerwartet, dass der Pfalzgraf glaubte er hätte ihn beleidigt. Binnen Minuten zog dieser seinen Mantel an und verließ das gräfliche Domizil so unerwartet als er gekommen war.

Nun saßen der Her Graf und die fremde Dame allein. Ganz allein. Sie unterhielten sich einige Stunden bis zum frühen Morgen weiter und leerten etliche Flaschen. Der Pfalzgraf lag auf einer Couch seine Gesprächspartnerin auf einer anderen.  Er lag auf dem Rücken und führte einen selbstgefälligen Monolog über Astrophysik, schwarze Löcher im Weltall und Parallel-Universen.  Themen, bei welchen Damen unweigerlich dahin schmelzen.

Plötzlich er konnte nicht ahnen was geschah war sie über ihm. Sie hatte genug von seinen Monologen und wollte sexuelle Aktivität. Anders war ihr Verhalten kaum zu erklären. Sie saß plötzlich auf seinem Unter- und entblößte ihren Oberkörper.

Sofort wurde ihm klar, dass die Dame kein weiteres Interesse an der verbal von ihm dargebotenen Relativitätstheorie hatte, sondern lieber seinen ältlichen, aber dennoch (wie er glaubt) männlichen Körper mit all seinen Facetten genießen wollte.

Er war auch nur ein Mann und gab sich der süßen Versuchung hin.

Dies war ein Fehler. Einer der größten Fehler seines Singledaseins. Die Dame glaubte durch die mannigfaltigen Intimitäten dieses Rosenmontags nicht nur seine Erektion, sondern auch sein Herz gewonnen zu haben. Doch weit gefehlt.

Der Pfalzgraf ist, obwohl er anderen Männern nur in gewissen Dingen ähnelt, auch hier nur ein Mann. Sex ist eine Sache wahre Liebe hingegen eine ganz andere.

Wenige Tage nach diesem zugegeben doch erotischen Abenteuer lernte er sie kennen. Seine Kurpfälzerin. Er war sofort verliebt und keine andere Frau sollte diese Liebe stören. Diese Liebe hält bis heute an. Er vermittelte allen Freunden und ehemaligen Gespielinnen, dass er ab sofort monogam leben werde. All seine Freunde und ehemals mit ihm sexuell aktiven Damen akzeptierten diese Entscheidung und freuten sich mit ihm über sein Glück.

Alle bis auf eine.

Wochen später. Wieder spät am Abend. Es war wohl drei Uhr in der Frühe. Er lag bereits im Bett, als es an der Haustür läutete. „Wer kann das sein?“ fragte er sich benommen. Seine geliebte Kurpfälzerin sicherlich nicht. Sie weilte weit entfernt in der Kurpfalz. Also blieb nur einer seiner Freunde mit einem leckeren alkoholischen Trunk zu nachtschlafender Zeit übrig. „Gute Freunde mit einem ebenso guten
Rotwein sollte man zu jeder Tages- und Nachtzeit einlassen“ sagte er sich.

Er zog den Bademantel über seinen nackten pfalzgräflichen Körper und öffnete die Haustür. Doch es befand sich kein Freund mit Rotwein vor der Tür. Sein Auge gewahr eine Frau. Nicht mit Rotwein in der Hand, sondern augenscheinlich mit bereits verdünntem Alkohol in den Adern. Jene Frau, welche ihn schon einmal unaufgefordert sexuell beglückte.

Er ahnte Schlimmes und wollte sie nicht einlassen. Doch die Dame wieselflink war schneller. Unter seinen Armen hindurch schlüpfte sie in die Wohnung und platzierte sich unaufgefordert auf der Couch.

Er ahnte Ungemach.

Die Dame war betrunken. Die unkonventionelle Aussprache und ihre alkoholträchtigen Gebärden ließen keinen anderen Schluss zu. Er verbarg seine pfalzgräfliche Majestät unter seinem Morgenmantel und harrte der dinge die da kommen sollten.

„Du hast eine andere“. Allein dieser erste Satz sagte ihm, dass der bisher so angenehm verlaufende Abend nun eine schwerwiegende Änderung einschlagen würde.

„Wir waren nie so richtig zusammen“ rechtfertigte er sich, wohl wissend, dass eine solche Aussage einer betrunkenen und in ihrer Ehre gekränkten Frau keine Absolution erteilen würde.

„Lass es über Dich ergehen“ sagte er zu sich selbst „irgendwann wird sie wieder gehen“. Doch weit gefehlt. Sie blieb und beschimpfte ihn auf Heftigste. „Was habe ich nur getan?“ fragte er sich immer wieder, während diese sexuell wohl in argen Nöten verbliebene Frau ihn immer wieder beschimpfte.

Bis sie wie schon zuvor wieder die Initiative ergriff. Er konnte gar nicht so schnell reagieren, wie sie plötzlich unvermittelt ihren Oberkörper entblößte.

„Bin ich nicht schön genug für Dich?“ sprach sie und räkelte ihre Brüste demonstrativ in seine Richtung.

„Ja doch du bist schön“. Was sollte er auch anderes sagen. Er starrte auf ihre Brüste, während er den Morgenmantel so zusammenzog, dass sie seine Erektion nicht zu erkennen vermochte. Diese Blöße wollte er sich nicht geben.

Plötzlich war sie nackt. Wie sie dies in Sekunden schaffte in betrunkenem Zustand wollte er gar nicht wissen. Die Frau war schnell.

„Vergiss die andere lass uns poppen“. Dies war der letzte Satz den er vernahm bevor er flüchtete. Doch wohin? Er trug nur seinen Morgenmantel und wollte auch ihr nicht allein seine Wohnung überlassen. Seine Freunde und Mitbewohner des Hauses waren unterwegs. Dies wusste er.

Doch er wusste: In seinem Schlafzimmer steckte der Schlüssel von innen. Er ließ sie stehen nackt wie Gott sie erschaffen hatte und flüchtete ins Schlafzimmer.

Was nun? Keiner würde ihm helfen können. Er musste selbst seinen Mann stehen.

„Komm raus Du Feigling“ tönte es aus dem Wohnzimmer.

„Nur wenn du Dich anziehst“ die Antwort.

„Kannst du keine nackte Frau ertragen?“ lallte es zurück.

„Zieh Dich an, dann öffne ich die Tür“.

So ging es über eine halbe Stunde.

Eine nackte Frau voller sexueller Inbrunst  und ein Pfalzgraf mit Erektion im Schlafzimmer eingeschlossen beschimpften sich gegenseitig. „Seine Freunde sollten dies Schauspiel miterleben“ dachte er. Wieder ein neues Ortsgespräch.

Plötzlich der Ruf aus dem Wohnzimmer: „Ich bin angezogen“.

Vorsichtig öffnete er die Schlafzimmertür einen Spalt und lugte hinaus. Sie war tatsächlich bekleidet. Wollte sie nun endlich gehen? Nein sie wollte ihn weiter beschimpfen. Und dies tat sie auch. Höchst intensiv mit allen Ausdrucksformen, welche der Pfalzgraf hier niemals wiederholen würde.

Es war früh am Morgen. Die Dame wurde nicht müde. Unserem Pfalzgraf war zwischenzeitlich alles egal. Er wollte nur schlafen. Seine Kurpfälzerin fiel ihm ein. Sie schlief inzwischen wohl schon lange den Schlaf der Gerechten und ahnte nicht welches Drama sich im Domizil ihres Geliebten abspielte. Wie sollte sie auch?

Plötzlich: „Ich muss pinkeln“. Darauf hatte er seit Stunden gewartet. Sie schwankte durch den Flur ins Badezimmer direkt neben der Haustür befindlich. Hier sah er seine Chance.

Als sie drinnen war stellte er sich neben die Badezimmertür. Alle Nerven aufs Höchste angespannt. Er musste flink sein. Sie kam erleichtert heraus. Er öffnete schnell die Haustür und schubste sie aus dem Bad  kommend über den Flur und durch die Haustür. Tür zugeworfen. Geschafft.

Dachte er.

Es war inzwischen fast sechs Uhr morgens. Die braven Bürger dieser nichtsahnenden Kleinstadt begannen ihr Tagwerk. Im pfalzgräflichen Anwesen legte sich unser Held aufs Ohr und sinnierte intensiv ob er nun sofort schlafen oder sich zuvor noch selbst befriedigen solle. In Anbetracht seiner Müdigkeit entschied er sich für das Erstere.

Vor seinem Fenster jedoch auf der vielbefahrenen Bundesstraße stand eine frustrierte Dame und belegte ihn mit Schimpfworten, welche aufgrund des Jugendschutzes nicht zu wiederholen sind. Und dies tat sie sehr laut.

Seine Nachbarn schauten ihn tagelang nicht an. Sie hatten ihre Wortwahl sehr wohl verstanden.

Als seine Kurpfälzerin ihn später anrief und ihm liebevoll einen guten Morgen wünschte war sein Entschluss gefasst: Sein neues Domizil sollte in der Kurpfalz sein.

Die gesellschaftspolitische Bedeutung der Pfälzer Leberwurst

Es begab sich im Jahre 1968 in einer Kleinstadt der Bundesrepublik Deutschland. Der Pfalzgraf war bei diesem Happening nicht zugegen. Leider. Gerne wäre er Mitglied dieser Performance geworden. Doch es sollte nicht sein.

Dennoch basieren alle hier geschilderten Ereignisse auf realen Begebenheiten. Der Pfalzgraf konnte sich aufgrund fotografischer Beweise und in Einzelverhören erwirkter, glaubwürdiger Aussagen der Beteiligten vom Wahrheitsgehalt der Schilderungen überzeugen.

Doch lasst mich berichten:

Wir schreiben den Sommer 1968. Einige Freunde, eigentlich völlig unpolitisch und der Kunst üblicherweise wenig zugeneigt saßen unter Zuhilfenahme einiger Biere redselig und gutgelaunt in einer Taverne in dem netten westpfälzischen Städtchen namens Zweibrücken. Sie spielten Karten und vergeudeten ihre zeit mit Sprücheklopfen und Witzereisen. Die Stimmung wuchs.

Im Laufe des Abends stand plötzlich und unerwartet eine Wette auf dem Plan. Nennen wir die konkurrierenden Wettpaten einfach Martin und Michael. Worum es eigentlich ging, weiß heute niemand mehr. Aber der Einsatz ist noch wohlgeläufig. Eines ist bewiesen und auch nach vierzig Jahren unstrittig: Michael verlor die Wette.

Eine Woche später:

Die Anzeige im „Pfälzer Merkur“, der Heimatzeitung aller Zweibrücker: „Am Samstagmittag, 12.00 Uhr findet auf dem Marktplatz ein Happening unter dem Motto Die gesellschaftspoltische Bedeutung der Pfälzer Leberwurst in unserer Zeit statt. Der Eintritt ist frei.“

Der Zeitpunkt für die Wetteinlösung war klug gewählt. Samstags zur Mittagszeit war der Marktplatz wohl gefüllt. Frauen und Omas kauften frisches Gemüse und Obst ein, während ihre Männer den leckeren Pfälzer Wein verkosteten. Kinder nervten die Erwachsenen durch irres Herumtoben und  - aufgrund der Anzeige angelockt wagten sich einige Kunstbeflissene zum Ort des erwarteten Happenings. Der Platz war mit Menschen jeglicher Couleur wohl gefüllt.

Dann der große Auftritt.

Fanfaren erschallten durch Lautsprecher. Direkt in der Mitte des Marktplatzes im Angesicht des herzoglichen Schlosses betraten die Aktionskünstler die Bühne. Martin und sein Assistent trugen wohlfeile mittelalterliche Gewänder. Michael war wahrlich königlich gewandet. Zu Dritt betraten sie die Szenerie. Martin und sein Assistent links und rechts der königliche Wettverlierer Michael mittig laufend. Sehr angemessen dem Ereignis entgegen schreitend.

Martin hatte die Hände ausgestreckt. Auf diesen Händen befand sich ein Kissen aus rotem Plüsch mit goldenen Stickereien umrandet. Auf dem Kissen thronte ein Ringel feinster Pfälzer Leberwurst.

Ein wahrlich fürstlicher Anblick. Der Ringel Leberwurst zumindest die Reste davon schwelgen noch heute in der Erinnerung an diesen Auftritt. Die anwesenden Zuschauer auch unwissende Marktbesucher versammelten sich vor dem Trio. Die Performance konnte beginnen.

Doch keine Ansprache eröffnete das Ereignis. König Michael postierte sich auf einem steinernen Poller. So dass ihn jedermann sehen konnte. Erhobenen Hauptes schaute er in die Menge ein Lächeln auf dem Gesicht. Die Menge wartete voller Spannung. Was würde nun geschehen? Welche gesellschaftspolitische Bedeutung hat die Pfälzer Leberwurst in unserer Zeit?

König Michael griff nach dem Kissen und entnahm langsam und würdevoll den Wurstkringel von seinem samtenen Bett. Mit einem kleinen Messer durchstach er den wohlriechenden Kringel in dessen Mitte.

Dann verteilte er die Masse auf beiden Händen und strich sie sich ins Haar.

Er massierte sich die Kopfhaut mit Leberwurst, während die Zuschauer etwas betreten waren. Die braven

Hausfrauen und deren Ehemänner waren schockiert über die Jugend von heute, während die extra angereisten Kunstbeflissenen eifrig über den Sinn dieser Aktion diskutierten.

„Wollen uns die Künstler über den Hunger in der Welt aufklären?

„Wollen die Künstler eine Verbindung zwischen Schönheit des Menschen und dessen Esskultur herstellen?“

Die Diskussionen innerhalb der Zweibrücker intellektuellen Szene dauerten noch Monate an.

Michael jedoch hatte seine verlorene Wette eingelöst: Sich mitten in der Stadt eine Leberwurst in die Haare zu schmieren.

Einladung vom Tier Teil 1

Hallo Ihr Lieben Eure treuergebenste Hündin erlaubt sich Euch zu meinem Ehrentag einzuladen.

Ich möchte Euch ausnahmsweise einmal selbst schreiben. Ja ich Eure allseits geliebte Frida.

Da es die Stellung meiner Daumen leider nicht zulässt selbst eine Tastatur zu bedienen, habe ich meinen Freund und Mentor den Pfalzgrafen gebeten sich für mich zu verwenden und diese Zeilen höchstpersönlich von mit diktiert niederzuschreiben.

Lediglich ein leichtes Anhauchen meines Herrchens durch meinen Mundgeruch (er ist selbst schuld wenn er mich mit Frolic füttert) und ein leichtes Zwicken in die pfalzgräflichen Waden bewirkten ein, seinem Alter nicht entsprechendes Eilen meinen Wünschen nachzukommen.

Doch nun zum Anlass meines Schreibens:

Am einundzwanzigsten November im Jahre des Herrn vollende ich mein siebentes Lebensjahr. Ich fühle mich kurz vor der Midlife-Crisis mein Leben selbst in die Pfote zu nehmen und meinen Geburtstag so zu feiern, wie ich es mag.

Nämlich mit guten Freunden.

Das Leben mit diesem Einfaltspinsel von Pfalzgraf und seinem stets angetrunkenen Frauchen ist trübsinnig genug. Ich möchte diesem Elend zumindest für einen Abend entfliehen.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir die Ehre erbieten würdet meine Gäste zu sein.

Selbstverständlich habe ich für frisches, klares Wasser und leckeren Pansen als Vorspeise und einen, extra bereits vor sechs Wochen vergrabenen Kalbsknochen als Hauptgericht gesorgt. Ihr werdet vor Begeisterung mit mir den Mond anheulen.

Da ihr von weither anreist werde ich Euch gerne mein Körbchen zur Verfügung stellen und notgedrungen in den Räumlichkeiten meines Frauchens und deren ungehobelten Liebschaft nächtigen. Hieraus möget Ihr erkennen, wie sehr mir an Eurer Anwesenheit gelegen ist.

Dass eventuell auch Herrchen und Frauchen anwesend sind soll Euch nicht grämen. Auch die beiden freuen sich über Euren Besuch.

Eure Frida

Einladung vom Tier Teil 2

So ungern ich es eingestehen möchte und so sehr ich sie auch mag: Mein Rudel ist völlig verblödet.

Pfalzgraf und Kurpfälzerin haben es in ihrer Unwissenheit tatsächlich gewagt mich vier Tage älter zu machen. Und dies mir einer Dame im besten Alter.

Ich werde erst am 25. dieses Monats mein neues Lebensjahr erreichen. Aber dieses Datum tangiert mich in keiner Weise. Weder körperlich noch geistig fühle ich mich älter und in den Tagen meiner Läufigkeit umgarnen die vornehmsten Schäferhundrüden mein blondes Fell und mancher Mischling intoniert nächtens wundervolle Lieder vor meiner Haustür.

Doch nun zum Zweck meines heutigen Schreibens:

Es erreichte mich ein Päckchen. Adressiert an mich persönlich. Voller Stolz stellte ich die Rute waagrecht und begrüßte den Postboten mit meinem monatelang einstudierten Wolfsgeheul.

Frauchen öffnete das Päckchen für mich. Ihr wisst: Immer diese Probleme mit den Pfoten. Aber wozu hat man schließlich sein Rudel.

Was erblickten meine rehbraunen Hundeaugen: Feinste Leckereien. Sogar saarländischen Lyoner fand ich fein verpackt zwischen Markknochen und Süßigkeiten.

Während ich dem Pfalzgraf ansah, dass er sich diesen Lyoner selbst einverleiben wollte ich unterband dies mit einem bösartigen Knurren las sich die nette Karte und erkannte, dass dieses herrliche Geschenk von meinen Zweibrücker Freunden kam. Ich hätte es wissen müssen. Sei Euch von ganzem Herzen gedankt.

Ich verspreche Euch feierlich: Ich werde einen Teil der Knochen im Vorgarten vergraben und, wegen des besseren Aromas, etwas ziehen lassen. Bei unserem nächsten Treffen dürft Ihr dann gerne einen Happen versuchen.  Es wird Euch munden.

Bis dahin alles Liebe Eure Frida.

Ben Hur  

Vor wenigen Monden erwarb sich der Pfalzgraf käuflich ein Rösslein. Ein englisches Rösslein voll von Fehlern, wie es von englischen Rösslein nicht anders zu erwarten ist aber dennoch, edel und hübsch anzuschauen. Ein Rösslein mit der Kraft und Ausdauer von zweihundert Gäulen. Ein Rösslein dem Pfalzgrafen ebenbürtig und angemessen.

Er wollte dieses Rösslein ausführen. Nicht auf die Weide. Diese hatte es während langer Monate des Stillstandes genügend genießen dürfen. Es sollte Ben Hur gleich auf die Rennbahn. Seine kraft und Ausdauer mit anderen Rössern beweisen.

Doch wo sollte er eine angemessene Rennbahn finden?

Die A5 zwischen den Kreuzen Weinheim und Walldorf schien dem Pfalzgrafen angemessen. Sein Rösslein zwinkerte ihm Zuversicht zu. Es war ebenso erpicht auf das Wagenrennen wie sein Meister.

Also auf den Weg.

Es begab sich zu mittäglicher Stunde als Ross und Reiter die besagte Wegstrecke erreichten. Viele Rösser und Reiter in mannigfaltigen Ausführungen befanden sich bereits auf dem Kurs. Er ordnete sich ein. Das echte Rennen war noch nicht im Gange. Die Gespanne behinderten sich gegenseitig. Zu viele waren auf dieser Strecke unterwegs.

Er sah Reiter von jenseits des großen Teiches. Nein keine Ureinwohner auf wilden Mustangs, eher bleichgesichtige Menschen, deren Pferdlein zuhause nur im leichten Trab hüpfen dürfen und welche nun hier ihre Rösser im rasenden Galopp über die A5 dreschen wollten.

Er sah auch jene Reiter aus ebenen, nördlichen Landen, welche blondhaarig und von roter Gesichtsfarbe sind, stets nach Käse riechen und deren Frauen meist mit dem Namen Meisje gesegnet sind. Menschen, stets unterwegs mit ihrem gesamten Haushalt in Anhängern verpackt bewegen sich im Treck auf der linken Spur.

Vor ihm plötzlich ein bayrisches Pferdchen. Mit einer Niere auf der Brust geheftet beförderte dieses erbarmungswürdige Tier eine Horde wilder Türken durchs teutonische Land. Junge Männer, den Hosenbund weit unterhalb des analen Ausgangs sitzend, ritten sie das arme Tier fast zu schaden. Es konnte und wollte nicht mehr. Seine fünfzehn Jahre wollten die Reiter wohl nicht wahrhaben. Blauer Qualm entwich seinem Anus. Doch, die Baseballkappen rücklings aufgesetzt flogen die Reiter dahin. Viel zu laute Rapmusik klang an des Pfalzgrafen Ohr. „Lass sie rasen dies ist nicht deine Welt“ sagte er zu sich und seinem Rösslein ins Ohr und machte den wilden Burschen Platz.

Doch auch er wurde behindert. Durch ein japanisches Rösslein. Wie alle Japaner klein und in sich gekehrt, verweilte es quasi als Störenfried vor ihm auf der linken Rennspur. Geritten von einer älteren Dame.  Einer Dame, welche besser wohl zuhause flink und geschickt die Strickliesel bedient,  als sich hier in dieser Männerwelt zu beweisen. Wie im Damensattel in ihrem kleinen Rösslein sitzend verängstigt und die Zügel fest an sich gerissen  - hoffte sie nur noch die nächste Ausfahrt lebend zu erreichen. Die pure Angst stand in ihrem ohnehin schon hässlichen Gesicht geschrieben.

Hinter dem Pfalzgrafen erscheint plötzlich mit unglaublicher Geschwindigkeit ein großes und starkes Ross. Den Untertürckheimer Stern stolz auf der Stirn tragend rauschte der Rappe breit und schwarz  an. Dicht gefolgt von einem Hengst aus Stuttgart. Die Augen hell erleuchtet wollte er unseren Helden von der Fahrbahn vertreiben.  Der Pfalzgraf beobachtete das schnelle Treiben durch den Rückspiegel.

Sein Reiter wohl ein Herzog oder Fürst bediente während des rasanten Rittes gleichzeitig sein Sprachrohr mit der linken Hand, wie auch sein rechter Arm mit der Vertilgung eines Mettbrötchens beschäftigt war. „Wie viele Hände besitzt so ein edler Herr eigentlich?“  während er seinem Ross die Sporen gab und es anhielt, die linke Spur zu verlassen. Lass die rasende Wildsau vorüberziehen.

Doch dies war nicht so einfach. Auf der rechten Fahrspur tummelten sich die Kaltblüter. Schwere Pferde langsam und bedächtig aber in der Lage dreißig Tonnen zu ziehen. Deren Reiter wohl seit Stunden, wenn nicht Tagen im Sattel hatten andere Sorgen, als den armen Pfalzgrafen und sein Rösslein einfädeln zu lassen. Sie waren beschäftigt während des Rittes die Fußnägel in ordentliche Form zu schneiden und ein Tagesblatt mit mehr Bildern als Text zu verschlingen. Sie ließen ihn nicht ein.

So gab er seinem Pferd die Sporen und hoffte nicht von den Untertürckheimer und Stuttgarter Hengsten niedergemäht zu werden. Sein altenglischer Gaul zeigte wahre sportliche Höchstleistungen.

Des Pfalzgrafen Hunger überkam ihn plötzlich wie sein Rösslein. Sein geschultes Auge gewahr plötzlich ein Schild „Rasthof Hardtwald nach tausend Metern“ am Straßenrand. Ein Hinweis vor den hungrigen Reitersmann auf eine vornehme Taverne. Er huschte flux nach rechts zwischen den Kaltblütern hindurch zur Tränke für sich und sein Tier.

Wie es sich für einen ehrenwerten Reitersmann geziemt versorgte er zuerst sein Tier mit 95 Oktan um dessen Durst zu stillen. Danach ließ er es zum Rasten und begab sich in die Taverne. Sein Auge gewahr ebenso schnell wie sein Magen ein Buffet. War dies der richtige Ausdruck für ein Sammelsurium ungenießbarer und übelriechender kurpfälzischer Spezialitäten? Er hätte weiterziehen sollen. Doch nötigte ihn sein Magen eine Bratwurst zu vertilgen. Nicht ohne Folgen.

Bereits wenige Meilen wieder auf der Rennbahn sollte er bemerken, dass die Tätigkeit seines Darmes die Geschwindigkeit der Stuttgarter Rösslein noch bei weitem überbot. Die sportlichen Pferdchen galoppierten ebenso schnell auf der A5, wie sein Darm versuchte die Bratwurst in seinem Inneren zu verarbeiten.

Der Darm war gestresst und wollte die Wurst zurück zum Magen befördern. Diese erschien ihm wohl nicht ordnungsgemäß verdaut. Der Magen jedoch verweigerte die Annahme der Sendung da diese  - seiner Meinung nach  - nicht sachgerecht verkleinert und somit zurück in die Speiseröhre gehöre.

Während Magen, Darm und Speiseröhre sich stritten, was wohl mit der Bratwurst geschehen solle, wurde es dem Pfalzgrafen immer mehr unwohl. Er wollte sich nicht im Sattel seines edlen englischen Rössleins übergeben. Er sollte schnell nach Hause.

Dort angekommen ergab er sich der Reklamation seiner Speiseröhre. Diese war siegreich aus dem Zwist hervorgegangen. Er liebkoste zärtlich die Kotflügel seines englischen Rössleins und versprach ihm niemals wieder gleich Ben Hur die Rennbahn zu besuchen.

Stürmische Zeiten

Sommerzeit. Es war heiß. Der, der Tagesschau folgende, gestrige Wetterbericht verkündete für heute eine Gewitterfront. Obwohl erst morgens früh so gegen neun Uhr war es bereits drückend schwül.

Lass sie kommen die Gewitterfront dachte der Pfalzgraf und begann sein Tagwerk.

Er arbeitete allein in seiner Wohnung an seinem Schreibtisch. Wie immer. Also da er allein war, konnte er sich nach eigenem Belieben kleiden. Lediglich ein kurzes Beinkleid umschlang die pfalzgräflichen Lenden. Und weil es so bequem war war dieses Beinkleid recht weit geschnitten. Dem Bauch einen angemessenen Raum für wein weiteres Bier am Nachmittag einplanend.

Darunter trug er nichts. Warum auch? Er war allein.

Es war den Temperaturen entsprechend angenehm zu tragen und er hatte keinen Grund sich vom Schreibtisch zu erheben. Wenn er dies täte, müsste er sich wohl einen Gürtel umbinden oder zumindest die Hose am Bund festhalten, damit sie die gräfliche Scham nicht entblößt.

So bearbeitete er seinen Papierkrieg und die Zeit verrann. Aber nicht nur die Zeit rückte vor, auch die Gewitterfront kam näher. Immer näher. Wind kam auf.

Zwischenzeitlich sein Arbeitseifer war heute nicht von Erfolg gekrönt türmten sich außer der Gewitterfront langsam auch die Berge verbrauchten Papiers in seinen beiden Papierkörben. Sie liefen über und der Inhalt ergoss sich bereits auf dem Fußboden.

Unser Pfalzgraf im Zeichen der Jungfrau geboren und entsprechend ordnungswütig konnte und wollte diese Unordnung nicht ertragen und beschloss den Inhalt der Papierkörbe in die dafür vorgesehenen Behältnisse außerhalb der Wohnung zu entsorgen.

Der Wind war zwischenzeitlich zu einem kleinen Sturm angewachsen. Das Gewitter nahte.

So stopfte er alles Papier in die Behältnisse und begab sich mit den Papierkörben jeden zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt auf den Weg zum Platz der Entsorgung. Etwa zwanzig Meter außerhalb der Haustüre.

Nur hatte er seine lockeren Beinkleider außer Acht gelassen. Den Weg vom Schreibtisch bis hinter die Haustür auf die Straße vermochten diese noch zu halten. Und der Sturm blies.

So führte ihn sein Weg an einem werktäglichen Vormittag, mit beiden Daumen und Zeigefingern die Papierkörbe tragend, über den Gehsteig eines, doch recht belebten Wohngebietes. Die Nachbarn immer interessiert, was der Pfalzgraf zu tut beobachteten ihn aus ihren Fenstern.

Plötzlich bemerkte er, dass seine ach so bequeme, aber zu weit geschnittene Hose, sich bewegte. Diese suchte ihren Weg der Erdanziehungskraft folgend nach unten. Was tun? Umkehren um einen Gürtel umzubinden? Dazu war sein Weg bereits zu weit fortgeschritten.

Dies war im einfach zuwider. Ein Pfalzgraf lässt sich von keiner rutschenden Hose in seinem Tun beeinflussen. Die Papierkörbe abstellen und den Hosenbund halten? Der Sturm hätte die Körbe entleert und er wäre gezwungen, alles wieder einzusammeln.

Also Augen zu durch Weiterlaufen.

Die Hose rutschte bedenklich und auch der Gesichtsausdruck der Nachbarn war ebenso. Sie warteten gespannt auf das, in ihren Augen unmittelbar bevor stehende Großereignis. Auf einen Pfalzgrafen, dessen Beinkleider sich in Höhe der Waden befänden und neugierige Blicke auf seine Intimitäten gewähren würden.

Diese Einblicke wollte er jedoch nicht zulassen und so hoffte er, seine Hüftknochen könnten das unweigerlich kommende Desaster wohl vermeiden und ein weiteres Herabrutschen der Beinbekleidung aufhalten.

Jedoch hatte er wohl übersehen, dass er sein 56. Lebensjahr bereits überschritten hatte und nicht nur aus diesem Grund seine Hüftknochen nahtlos in den Speck seines Bauchansatzes übergingen.

Seine Hüftknochen ließen ihn einfach im Stich. Die Hose rutschte jetzt wirklich bedenklich tief.

So streckte er den Bauch heraus. Lieber ausschauen wie ein schwangeres Mammut, als die Nachbarschaft die Freude der Zurschaustellung seiner Intimsphäre zu gönnen, dachte er sich.

So schritt er erhobenen Hauptes über den Gehsteig. Vier Finger die Papierkörbe haltend, den Bauch stolz vor sich hertragend und den Hintern ausgestreckt, als sei er Jennifer Lopez.

Wahrlich in normaler Statur und ohne Beinkleider hätte er ein besseres Bild abgegeben. Und die Hose rutschte noch immer. Bald musste sein Schamhaarbereich in diesem Alter rasiert Mann sich nicht mehr deutlich sichtbar werden.

„Gott gib mir eine Erektion“ betete er zum Himmel. „Auf diese Weise hält die Hose zumindest noch vorne. Die Zurschaustellung meines Hinterns kann ich noch ertragen“. Doch welcher Mann bekommt bei der Abfallentsorgung schon eine Erektion? Nicht einmal der Pfalzgraf.

Und so wurde ihm gewahr, dass nichts helfen würde. Er stellte die Papierkörbe ab und riss, im allerletzten Moment die Hose hoch. Die Schamhaare verhedderten sich im Reißverschluss ein leichter Ausdruck von Schmerz in seinem Gesicht aber er war gerettet. Während dessen verteilten sich die Papiere über die Straße.

Die Nachbarn waren wohl enttäuscht. Der Pfalzgraf sah den dahinfliegenden Papieren nach und beschloss, diese dem Weg des Sturms folgen zu lassen. Ähnlich einer Flaschenpost, würden sie ihren Weg wohl finden.

Er begab sich nicht mehr an seinen Schreibtisch. Das Geschehene hatte ihn zermürbt. Er beschloss ein kühles Bier zu genießen und sein Tagwerk heute sehr früh zu beenden.

Der Schimmel

Diese kleine Geschichte handelt von einem Schimmel.

Nein weder vom Schimmel, der sich hartnäckig in mancher Küche oder Bad verbirgt, noch von dem Schimmel, welcher dem Gorgonzola seinen betörenden Geschmack verleiht. Ich möchte über ein Pferd berichten.

Doch sehe ich mich genötigt, auch hier nochmals einzugrenzen. Es handelt sich weder um Fury, welcher ohnehin schwarz war, noch um das letzte Einhorn, welches Dir Deine Wünsche erfüllt. Auch nicht um Storms Schimmelreiter.

Es handelt sich um den einzigen Schimmel, welchen ich gerne gefoltert, gequält und beim Abdecker sehen möchte: Den Amtsschimmel.

Begonnen hat die ganze Geschichte heute Morgen. Ein Bekannter bat mich, sein neu erworbenes Fahrzeug für ihn zuzulassen. Dieser üble Mensch wusste sehr wohl, warum er mich darum bat. Er wollte sich das Wochenende nicht selbst vermiesen und dachte, den Pfalzgrafen könne nichts und niemand aus der Ruhe bringen.

Ich begab mich frohgelaunt und wohlgemut auf den Weg zur Zulassungsstelle. Bewaffnet mit Selbstvertrauen und allen Unterlagen, welche ich glaubte den beamteten Menschen dort vorlegen zu müssen. Ich vergaß jedoch, dass sich die zuständige Behörde in Hessen befand. Zwar am südlichsten Zipfel dieses unsäglichen Bundeslandes, aber immer noch in Hessen.

Ich habe nichts gegen die Hessen ich bin sogar der Ansicht, dass sich jeder Bundesbürger einen Hessen halten dürfe jedoch ist diese, meine Meinung, heute Vormittag stark ins Wanken geraten. Sollte man diesen Menschenschlag nicht besser doch ausrotten?

Meine Wenigkeit begab sich also zum Informationsschalter. Die, dort hinter einem Stehpult residierende ältere Dame hatte ein Wurstbrötchen neben sich liegen und schaute mich an, wie ein Terrier, dem man seinen Knochen wegnehmen wollte.

„Ja bitte?“ knurrte der Terrier mich fragend an. Ich wollte freundlich zu erkennen geben, dass ich nicht an ihrem Frühstück, sondern an einer KFZ-Zulassung interessiert sei. „Lassen sie es sich schmecken und verhelfen sie mir bitte zu zwei Kennzeichen“ lächelte ich sie an.

„Haben Sie alles, was Sie brauchen?“ ertönte es zwischen zwei Fetzen

Schinkenwurst heraus. Der festen Überzeugung die Wahrheit zu sagen entglitt mir ein strammes „Ja“. Ich konnte es gerade noch verhindern militärisch stramm zu stehen. Die Anwesenheit in einer hessischen Behörde hinterließ bei mir wohl schon die ersten Spuren.

Der Terrier händigte mir einen Zettel mit der Nummer 85 aus er erklärte mir zu warten bis diese Nummer erscheine. Auf der Anzeige erschien gerade nie Nummer 64.

Ich rechnete mir aus, dass die etwa zehn, von mir gesichteten Sachbearbeiter wohl ein halbes Stündlein brauchen würden, um die vor mir befindlichen zwanzig Antragsteller zu befriedigen, nahm mir einen Kaffee aus dem Automaten und auf einer unbequemen Holzbank Platz.

Ich schaute nach links. Ein älterer Herr saß da, vertieft in ein dickes Buch mit nahezu tausend Seiten. Der Schutzumschlag wies es als Tolkiens „Herr der Ringe“ aus. Rechts von mir eine junge Dame wohl Studentin bearbeitete ihren Laptop und schrieb wahrscheinlich an ihrer Diplomarbeit.

Dies hätte mir zu denken geben sollen. Wenn Menschen eine Behörde betreten und dicke Bücher oder Laptops mitbringen, sollte man daraus schließen, dass es länger dauern könne als ein halbes Stündlein.

An der Decke gewahr mein Auge ein Fernsehgerät. Der Ton war leise, aber an den Bildern konnte ich erkennen, dass man zur Belustigung der Wartenden den Sender N24 eingeschaltet hatte. Es war ein Freitagmorgen. Die zeit, zu der N24 durchgehend Börsennachrichten und Analysen  der zu erwarteten Aktienkurse sendet.

Ich schaute mich um und beobachtete das wartende Publikum: Türkische junge Männer welche, nachdem sie einem armen TÜV-Prüfer zuvor Prügel angedroht hatten, nun ihren tiefer gelegten BMW 316 Baujahr 1992 zulassen wollten. Ein streng riechendes Bäuerlein wollte seinen Traktor anmelden und viele junge Azubis im Blaumann wurden von ihren Chefs geschickt, die Verkäufe der letzten Tage behördlich zu melden.

Alles in allem das absolut interessierte Publikum für N24 am Freitagmorgen.

Meine geschätzte halbe Stunde weitete sich aus. Sie weitete sich sehr aus bis auf über zwei Stunden. Ich hatte eben die Rechnung ohne die Arbeitsauffassung hessischer Verwaltungsangestellter gemacht.

Irgendwann, zwischen dem fünften und sechsten Kaffee und dem damit einhergehenden dritten Urinieren, schrie mich die Anzeige lautlos an: „Nummer 85 zu Platz 4“. Mein Gott war ich glücklich. Die Weihnachtsbescherung eines Siebenjährigen hätten nicht jene Glücksgefühle auslösen können wie bei mir, als diese Anzeige erschien.

Ich begab mich weisungsgemäß zu Platz 4, wünschte einem streng blickenden Herrn einen sonnigen und netten Freitag und nahm Platz. Ich war sicher, nun bald über meine Begehrlichkeit, nämlich zwei gestempelte Nummernschilder verfügen zu können. Doch weit gefehlt.

„Ist das Fahrzeug für sie selbst?“ lautete die erste gestrenge Frage. „Nein aber ich habe eine Vollmacht“ erwiderte ich voller Stolz ihm ein Schnippchen geschlagen zu haben. Eins zu Null für den Pfalzgrafen.

„TÜV und Abgasuntersuchung auch dabei“ kam die Retourkutsche. War dies nun eine Frage oder eine Feststellung? Aus dem gemurmelten Tonfall war dies nicht ersichtlich. Aus der Angst heraus den gestrengen Herrn zu verärgern ich befand mich immerhin schon geraume Zeit in behördlichen Gebäuden überhörte ich diesen Satz geflissentlich. „Ah da ist es ja“ beantwortete er seine Frage irgendwann selbst. Zwei zu Null für den Pfalzgrafen.

„Ausweis desjenigen, auf den das Fahrzeug zugelassen werden soll“ lugte er unter seiner Lesebrille hervor. Dies war keine Frage, sondern ein Befehl. Ich schaute den Herrn an schaute insbesondere nach Ärmelschonern und war froh, keine an ihm zu finden. So konnte ich gewiss sein, nicht durch ein Zeitloch ins 19. Jahrhundert geschleudert worden zu sein.

„Habe ich als Kopie dabei“ frohlockte ich. Froh mitgedacht zu haben und sah bereits das drei zu null für den Pfalzgrafen.

„Kopie geht nicht. Ich brauche das Original“ lächelte er mich verschmitzt an. Ich war bestürzt, als ich sah, wie er nun in aller Ruhe die Unterlagen wieder zusammenpackte und mir diese, um mich wegzuschicken, wieder zuschob.

„Mein Bekannter hatte keine Zeit zu kommen, sonst hätte er mich nicht gebeten. Und seinen Ausweis trägt er wie es das Gesetzt bestimmt stets bei sich. Stellen sie sich vor: Er muss sich einer Amtsperson gegenüber identifizieren und kann dies nicht“.

Nun schaute er mich an und tat jenes, was Amtspersonen in einer für sie verwirrenden Situation immer zu tun pflegen: Er schickte mich zu seinem Vorgesetzten.

Nach einer weiteren Viertelstunde im Büro jenes hessischen Beamten war ich bereit zum Suizid. Erst als der oberste Beamte dieser Zulassungsstelle den ernsthaften Drang zum Selbstmord in meinen Augen erkannte, erbarmte er sich meiner und gab seinem Untergebenen die Anweisung die Zulassung zu genehmigen.

Der Grund war wohl weniger die Sorge um meine Gesundheit, als die Sorge um die Schlagzeile in der morgigen Bildzeitung: „Mann zerstückelt sich selbst in hessischer Zulassungsstelle“.

Nach über drei Stunden verließ ich diesen Ort. Der ältere Herr las immer noch im „Herr der Ringe“ und die Studentin hat ihre Diplomarbeit wohl gleich zur Professur ausgeweitet.

Ich selbst beschloss mein eigenes Auto mindestens noch zehn Jahre zu fahren und wenn es dann den Weg alles Irdischen geht, werde ich den Rest meines Lebens auf einem Schimmel reiten.

Lizenz zum Träumen

Diese Geschichte begab sich an einem 01. Mai vor nicht langer Zeit.

Ich begab mich bestens gelaunt und guter Dinge auf ein Maifest. Die Sonne schien, die Vögel jubilierten und überall sprossen die Knospen. Sowohl die der Bäume und Sträucher, wie auch die der jungen Damen in ihren dünnen Sommerblusen. Die Natur bot einen Anblick, welcher das Herz höher schlagen ließ.

Am Festgelände angekommen, sah ich bereits hunderte von Menschen an Biergarnituren sitzend. Bier und Wein verkostend und manch leckere Bratwurst vertilgend. Alles war fröhlich und ich hörte rundum das Lachen und sah das Glück.

Plötzlich gewahr mein Auge eine Ansammlung von Festbesuchern, welche kreisförmig zusammenstanden und laut schrien. Einem kleinen Aufruhr gleich. Was zum Teufel geschah dort? Vielleicht ein Gaukler, der seine Künste zur Schau stellt?

Nein eher nicht. Ein Gaukler hätte den dort Anwesenden sicherlich Schreie der Entzückung und Verwunderung entlockt. Die Rufe, die an mein Ohr hallten schienen jedoch eher Rufe der Empörung und des Zornes zu sein.

Ich ging näher gespannt auf das Ereignis, welches mich dort wohl erwartete. Kaum angekommen öffnete sich die Menschenansammlung vor mir zu einem Spalier und bot mir einen Durchgang, als hätten sie mich erwartet. Ich durchschritt verwundert die mir freigemachte Gasse, wobei ich erkennen konnte, dass diese Menschen mich erwartungsvoll ja hoffnungsvoll anblickten. Meine Verwunderung stieg ins Unermessliche.

Die Mitte der Ansammlung erreicht, erkannte ich den Grund für deren aufgebrachtes Rufen.

Umringt von Menschen stand dort, rücklings zu mir ein Mann. Dieser Mann trug ein Gewicht hocherhoben über seinem Haupt. Einem Gewichtheber gleich ging er leicht in die Knie und schnellte hoch, um dieses Gewicht weit von sich zu schleudern. Erst jetzt erkannte ich, dass es sich bei dem Gewicht nicht um ein Sportgerät handelte, sondern um eine Frau. Dieser Mann schleuderte eine junge Frau weit von sich. Der Schmerzensschrei der jungen Frau beim Aufprall auf dem Boden durchzuckte mich.

Aber niemand tat etwas dagegen. Stattdessen schaute alles auf mich und schon bald hörte ich erste Rufe erschallen: „Pfalzgraf unternimm etwas dies kannst Du nicht zulassen“.

„Doch warum ausgerechnet ich?“ fragte ich mich. „Weder bin ich es gewohnt Streitigkeiten mit der Faust auszutragen, noch bin ich besonders schnell und stark“. Andere hier anwesende Männer wären besser geeignet das Ganze zu unterbinden. Und woher kennen diese Menschen hier mich überhaupt?

Während ich verblüfft dastand nahm sich der Mann die nächste Frau aus der Menge um diese anzuheben und von sich zu schleudern. Dabei drehte er sich um und schaute mich erwartungsvoll an. Ich kannte den Mann.

Ich kannte ihn nicht persönlich, hatte aber sein Gesicht schon mehrfach gesehen. Im Kino. Pierce Brosnan, der Schauspieler warf hier mit Frauen.

Warum warf Pierce Brosnan auf einem westpfälzischen Maifest mit Frauen um sich und warum sollte ausgerechnet ich ihn davon abhalten? Mein Kopf schien fast zu platzen. Während ich nicht wusste wie mir geschah, erschallten die Rufe nach meinem Eingreifen immer lauter. Was sollte ich nur tun?

Ich rief dem Schauspieler, welcher gerade wieder in die Knie gehen wollte zu: „Was tust Du hier? Lass die Frau in Ruhe“. Dieser erwiderte lediglich lapidar: „Hindere mich doch daran“.  Er schnellte hoch und wieder landete eine junge Frau auf dem harten Erdboden.

Pierce Brosnan kam auf mich zu. Wir standen uns in kurzem Abstand gegenüber. Sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass er einen Schlag von mir erwartete. Nun ich kann keinem Menschen ins Gesicht schlagen. Ich habe dies noch nie getan.

Und warum sollte ich ausgerechnet bei Pierce Brosnan damit anfangen? Ich hatte ausgenommen der Tatsache dass er hier mit Frauen warf nichts gegen diesen Mann. Im Gegenteil: Ich mag ihn als Schauspieler.

Dennoch holte ich aus und versuchte ihn zu schlagen. Es ging nicht. Meine natürliche Abneigung gegen Gewalt war größer. Meine erhobene Hand fiel wieder. Pierce Brosnan schaute mich noch immer voller Erwartung an.

Ich wagte es wieder. Und diesmal schlug ich zu. Ich schlug mit all meiner Kraft zu.

Dann durchzuckte mich ein stechender Schmerz.

Ich hatte mit voller Wucht gegen das Metallgestell meines Bettes geschlagen und durch den Schmerz aus meinem Traum erwacht.

Strangers in the Night

Nun   Die Temperaturen an diesem Augusttag sind wahrhaft tropisch und der Urlaub unseres Pfalzgrafen ist vorüber. Er hat jetzt das Glück und zweifelhafte Vergnügen seiner zweitliebsten Beschäftigung nachgehen zu müssen:  Dem Scheffeln nach Gulden.

Er mag dies weniger das süße Nichtstun liegt ihm mehr aber er sollte langsam wieder daran denken auf berufliche Art Futter für sich selbst und seine Hündin Frida zu erwirtschaften. Mensch und Hund leben nicht von Luft und Liebe allein.

Sicher der Überfall auf ein Tierfuttergeschäft würde ihn von diesen Kümmernissen entbinden, jedoch ist sein eigener Gaumen derart verwöhnt, dass er Frolic zwar seiner tierischen Freundin zumutet, er selbst jedoch ein argentinisches Rinderhüftsteak vorzieht.

Der Psychologe unter der Leserschaft wird an diesen Zeilen sofort erkennen, dass der Pfalzgraf just zu diesem Augenblick an seinem Schreibtisch weilt und an stelle diese Zeilen niederzuschreiben viel lieber fünfhundert Gramm des südamerikanischen Weidentiers außen knusprig und innen rosafarben vertilgen würde.

Er schaut an sich herab, begutachtet seinen Körperbau und resultiert aus diesen optischen Ansichten sich doch wohl besser diesen Zeilen zu widmen. Doch genug von den Bedürfnissen des pfalzgräflichen Magens. Dies sollte nicht der Grund seines nächtlichen literarischen Treibens darstellen.

Vielmehr gab Frida wieder einmal Anlass eine kleine Anekdote niederzuschreiben.

Aufgrund der ungewöhnlich hohen Außentemperaturen sollte ein Teil Fridas auf dessen langjährige Gewohnheit verzichten und seine Aktivitäten auf den späteren Abend verlagern. Jener besagte Teil Fridas war ihr Darm.

Dieser Darm, welcher nun seit sechs Jahren gewohnt war, gegen 18.00 Uhr entleert zu werden sollte sich nun umstellen. Es war sowohl Frida selbst, als auch dem Pfalzgrafen einfach zu warm, um diese Uhrzeit den Weg auf einen, von einem fröhlichen Bauersmann wohl extra für die Entleerung gefüllter Hundedärme nicht bestellten Acker, zu finden.

Der Pfalzgraf beschloss in Übereinkunft mit seiner Hündin, den Einspruch des tierischen Darms jedoch verleugnend die Tatzeit auf Sonnenuntergang zu verlegen. So beschritten die beiden, in Begleitung eines wohlgefüllten Enddarms gegen Abend den Weg zum besagten bäuerlichen Anwesen.

Doch zuvor auf dem Weg zum Platz der Verrichtung hörte der Pfalzgraf ein tiefes Grummeln. Einem Gewitter gleich. Doch dieses Grummeln resultierte nicht aus meteorologischen Aspekten. Dieses Grummeln war näher und tiefer. Es war sehr nah. Es resultierte aus Fridas Darm.

„Zeit sich zu beeilen“ bemerkte der Pfalzgraf zu sich selbst und beschleunigte seine Schritte. Frida trottete fröhlich und nicht angeleint sie ist ein braves Tier zufrieden nebenher.

Doch plötzlich erhob seine tierische Freundin ihre feuchte Nase. Irgendetwas war ihr nun wichtiger als die Verrichtung ihrer Notdurft. Sie hatte eine Witterung aufgenommen. Frida völlig selbstbewusst verließ den gewohnten Weg und eilte ohne mit der Wimper zu zucken in den gepflegten Garten einer in der Straße ansässigen Familie.

Die Besitzerin des Gartens, eine nette Dame, im Begriff nach Sonnenuntergang ihre Blumen mit dem heißersehnten Wasser zu versorgen gab sich erschrocken beim Anblick des tierischen Siebzigpfünders und wollte Frida wohl kraulen, um deren Herz zu gewinnen.

Frida jedoch, ansonsten jedem Menschen freundlich zugetan, ignorierte die nette Dame einfach und setzte ihren Weg durch deren Garten unbeirrt fort. Stets die Nase auf dem Boden, nach der Suche nach etwas dem Pfalzgrafen Unbekanntem.

Das Grummeln wurde immer lauter. Wenn ihr Darm nur nicht in diesem Garten Oberhand gewinnt, befürchtete der Pfalzgraf und rief seine Hündin zu sich. Ihre Antwort las sich wie ein Grinsen auf ihren Lefzen und sie führte ihren Weg fort. Immer weiter in den fremden Garten. Der Pfalzgraf war sehr verwundert und verängstigt und versuchte auf jede verbale Art sein Tier zur Rückkehr zu bewegen. Keine Chance.

„Ich hatte heute Mittag Besuch von einem anderen Golden Retriever“ bemerkte die nette Dame freundlich. „Sie wird ihn wohl riechen kommen Sie doch einfach in den Garten und holen Sie Ihre Hündin zurück“.

Frida war inzwischen hinter einem Hauseck im Garten verschwunden. Der Pfalzgraf musste nicht lange suchen Er musste nur dem tiefen Grummeln folgen. „Mein Gott, lass ihren Charakter stärker sein als ihren Darm“ betete er und suchte das Tier.

Er fand sie. Nicht jedoch im Garten der netten Dame. Er sah sie in deren Wohnzimmer vergnügt herumschnuffelnd zwischen Sofa und Couchtisch, wohin sie ihre Nase bei der Suche nach ihrem Retrieverfreund geführt hat. Und wieder dieses Grummeln.

„Oh großer Gott wenn der Enddarm der Hündin nun schneller sein sollte als die Zeit die ich zum Anleinen und Herausführen aus diesem netten Anwesen habe?“ Dann würde die nette Dame doch weniger nett sein. Der Geruch eines seit zwölf Stunden nicht entleerten Enddarms in fremden Wohnzimmern kann eine kommende Freundschaft im Voraus zunichte machen. Jeder Student der Veterinärmedizin im ersten Semester wird dies bestätigen.

Der Pfalzgraf fing seine Hündin ein ließ sich von der unfreundlich, nahezu angewidertem Gesichtsausdruck nicht abschrecken und führte das Tier hinaus aus dem Anwesen, über die Straße und zu dem zu solchen Zwecken brachliegenden Acker.

Was nun im hinteren anatomischen Hundebereich vor sich ging möchte der Pfalzgraf nicht näher beschreiben.

Der Graf war glücklich, der Hund strahlte eine unübersehbare Zufriedenheit aus und auf dem Heimweg grüßte die nette Dame aus dem Garten nochmals ganz herzlich.

Hoffentlich sinken diese Temperaturen bald wieder. 18.00 Uhr ist einfach die bessere Uhrzeit.

Tag der Fehler

Es war ein Tag der Fehler. Meiner Fehler.

Den ersten Fehler begann ich gleich am frühen Morgen. Ich hätte im Nachtlager verbleiben und weiter mit dem Sandmann flirten sollen. Dann hätten die weiteren Ereignisse nicht geschehen können. Stattdessen erhob ich mich, reckte meine müden Glieder und wollte mich auf den Weg in einer der schönsten Städte Deutschlands machen. In ein Kleinod städtebaulicher Kunst und ausgefeilter Architektur, netten kleinen Gassen und ausgiebiger Grünanlagen. Eine Stadt wo jeder gerne leben möchte: Duisburg.

Mein zweiter Fehler war, nicht wie gewohnt mit dem Auto zu fahren. Ich wollte die Deutsche Bahn benutzen. Etwas, was ich zu früheren Zeiten schon einmal bereute. Dennoch tat ich es. Tief in mir muss

wohl doch ein ausgeprägter Bundesbahn-Masochismus verborgen sein.

Also begab ich mich zum Bahnhof dem wohl besten Platz eine Bahnfahrt zu beginnen. Begrüßt wurde ich bereits im Eingangsbereich von netten jungen Herren bewaffnet mit Bierdosen in den Händen das Gesäß der Hosen die Kniekehlen umschmeichelnd. Obwohl ich mit der deutschen Sprache aufgewachsen bin, war es mir nicht vergönnt die, auch deutsch klingende Verbalakustik zu verstehen. Verschiedene, als deutsche Worte erkennbare Vokabulare ließen jedoch auf ein gewisses Gewaltpotential schließen.

Also entschloss ich mich diesem Ausbruch pubertierendem Anarchismus zu entziehen, die Horde weitläufig zu umgehen und wandte mich dem Bahnhofinneren zu.

Als ordentlicher Bundesbürger wollte ich selbstverständlich nicht ohne gültigen Fahrausweis die Bahn besteigen und lenkte meine Schritte zum Ticketautomat. Doch ich kam zu spät. Der jugendliche Mob war wohl schneller gewesen. Zumindest boten die eingeschlagenen Glasscheiben ein trauriges Bild.

So trat ich meinen dritten Fehler an, indem ich meine Schritte zum Reisecenter führte. Ich wollte mein Vermögen schmälern und im Gegenzug mein Wissen über eine Bahnverbindung nach Duisburg entsprechend erhöhen. Ich glaubte tatsächlich eine Beratung würde meine Reisezeit verkürzen und Kosten sparen. Stattdessen fand ich Verhältnisse vor, welche die angeblich typisch englische Vorliebe für Schlange stehen Lügen straft. Kein Engländer würde sich dies antun.

Ich stand in der Schlange und wartete bis die Reisewilligen sich mit ihren Gegenübern hinter den Infoschaltern über ihre Reisepläne Einigung erzielt hatten. Ich harrte einfach aus. Ich harrte sehr lange. Erst auf beiden Beinen, dann von einem Bein zum andern. Als beide untere Extremitäten langsam drohten ihren Dienst zu verweigern überlegte ich mir, vielleicht noch ein drittes oder gar viertes Bein wachsen zu lassen, um die Ursprungsbeine zu entlasten. Zeit hierzu hätte ich ja genug.

Doch plötzlich war nur noch eine Dame vor mir dem Aussehen nach, eine Bäuerin aus der nahen pfälzischen Provinz.

„Was kostet die schnellste Verbindung nach München?“ war ihr Begehr. „Siebzig Euro“ die kurze prägnante Antwort. „Und was kostet eine langsamere Verbindung?“ „Fünfzig Euro, jedoch fahren Sie dann zwei Stunden länger“. Jeder normal denkende Mensch hätte nun eine Wahl getroffen. Nicht jedoch diese pfälzische Bauernmagd. Sie wollte für fünfzig Euro die schnelle Verbindung, was von der Bahnbediensteten aus betriebswirtschaftlichen Gründen abgelehnt wurde.

Meine Beine wollten schon einknicken, als sie sich endlich für die schnelle Verbindung entschloss. „Und was kostet ein Taxi zum Viktualienmarkt?“ vernahm ich nun voller Verblüffung. Nur ein unwirsches „Weiß nicht“ der Servicemitarbeiterin ließ von meinem, bereits ins Auge gefassten, Amoklauf Abstand nehmen.

Ich erwarb nun schnell meinen Fahrausweis und wollte schon gehen. „Möchten Sie noch einen Sitzplatz reservieren?“ tönte es noch kurz. Dann ohne dass ich eine Antwort geben konnte im gleichen Atemzug und Tonfall: „Nein, geht nicht, schon zu spät“. Warum hat sie mich eigentlich gefragt?

Nun auf zum Bahnsteig.

Mein vierter Fehler basiert auf meiner Leidenschaft für Zigarillos. Ich hatte noch fünfzehn Minuten Zeit und wollte mir ein solches Lungenstäbchen gönnen. Mir war bekannt, dass auf Bahnhöfen ein nahezu lückenloses Rauchverbot herrscht und suchte somit den ausgewiesenen Ort für Raucher auf.

Dieser erwies sich als ein Quadrat von etwa fünf mal fünf Metern, mit gelber Farbe auf den nassen Asphalt gepinselt. Der Asphalt war daher nass, da der Raucherbereich selbstverständlich außerhalb der Überdachung ausgewiesen war.

In diesem Quadrat tummelten sich etwa ein halbes Dutzend rauchende Menschen, rundum von militanten Nichtrauchern angefeindet oder mit bösen Blicken versehen.  Diese hätten sich ja auch einige Meter entfernt aufhalten können.  Jedoch hätten sie dann keinen Grund mehr für ihre Schimpfkanonaden gehabt. Irgendwie erinnerte mich nicht nur das gelbe Quadrat an die früheren gelben Judensterne.

Dann  lief der ICE nach Duisburg ein.

Mein freundliches Wesen führte zu meinem fünften Fehler. Ich ließ beim Einsteigen den anderen Reisenden den Vortritt. Dies hatte dann zur Folge, dass ich mich mit einem Stehplatz begnügen musste. Während ich neiderfüllt die sitzenden Fahrgäste anstarrte, murrten meine Beine wieder und ich beschloss das alte „Von Bein zu Bein Spiel“ wieder zu beginnen.

Vor mir im Gang stand eine junge Dame wohl eine Studentin. Hinter mir ein dicker kleiner Herr nach seinem Äußeren zu schließen, ein verarmter Versicherungsvertreter, bewaffnet mit einem Koffer und einem Regenschirm. Wohl auf der Flucht vor dem Gerichtsvollzieher, war mein erster Gedanke. Außerdem roch der kleine dicke Herr penetrant nach Schweiß.

Von dem Geruch, der von dem dicken Flüchtling ausging, genötigt, rutschte ich weiter in Richtung Studentin.

Diese sah dies jedoch als einen sexuell gegründeten Annährungsversuch an und strafte mich daraufhin mit feindseligem Gesichtsausdruck. „Ich will keinen Sex ich will nur in Ruhe nach Duisburg“ wollte ich schon kontern, verkniff es mir jedoch.

Meine Flucht  aus dem Geruchsumfeld veranlasste den dicken Herrn jedoch unmittelbar zum Nachrücken. Nun sah ich mich wieder zwischen den Herrschaften eingeklemmt. Zumindest wurden die bösen Blicke der Studentin durch ein freundliches Lächeln des Versicherungsvertreters kompensiert.

Dann fiel meine Aktentasche um, welche ich zwischen meinen geplagten Beinen abgestellt hatte. Sollte ich sie einfach liegenlassen und den großen Füßen des dicken Mannes schutzlos preisgeben?

Nein das wollte ich nicht. „Ich bin ein erwachsener Mann und kann mich bücken, wann immer ich will“ sprach ich zu mir selbst und bückte mich nach meiner Tasche.

Durch diese Bewegung kam ich mit meinem Gesicht automatisch in die Nähe der Sexualorgane der Studentin. Diese zeigte sich hierüber wenig erfreut und kehrte sich einfach um. Hierdurch sah ich nun einen wohlgeformten Studentinnenhintern vor meinen Augen. Die Gedanken, welche sich nun in mein Hirn fraßen, hätten der jungen Dame sicher auch nicht gefallen.

Jedoch wurde ich unvermittelt wieder aus diesen Gedanken gerissen. Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer bewegte sich ebenfalls. Aufgrund dieser Aktivitäten richtete sich auch der Regenschirm des Herrn auf und zeigte mit seiner Eisenspitze direkt auf mein Hinterteil.

Ich bin streng heterosexuell und wollte meine anale Entjungferung nicht durch einen Regenschirm erleben. Nicht in diesem Zug. Dann wollte ich lieber als Sittenstrolch in die Analen der Deutschen Bahn eingehen.

Instinktiv rückte ich also noch weiter vor und berührte notgedrungen der Studentin Jeans. Auch mein vorsichtig gesäuseltes „Entschuldigung“ bewahrte mich nicht vor dem bösesten Blick, den ich jemals von einer Frau zugeworfen bekam.

Ich klemmte meine Aktentasche wieder zwischen die Füße, richtete mich auf und rutschte langsam aber sicher wieder zurück Richtung Körpergeruch. Als dieser nahezu unerträglich wurde wusste ich mich zumindest in Sicherheit vor der studentischen Rache.

Der Rest der Fahrt verlief glücklicherweise ohne weitere Ereignisse. Vielleicht stand ich auch kurz vor einer Ohnmacht und habe daher keine Ereignisse wahrgenommen.

Meine Heimfahrt trat ich wieder in einem Automobil an. Hätte ich dies nicht besessen, wäre ich wohl lieber gelaufen als mich wieder der Deutschen Bahn anzuvertrauen.

Immer diese Radfahrer

Deutschland. Sonntag. Morgens gegen zehn Uhr. Das Land stöhnt das Grauen geht um.

Das Grauen in Form von Radfahrern. Nein keine Kinder auf Dreirädern, dies wäre eventuell noch erträglich. Auch keine Rentner, deren körperliche Gebrechen sie nicht mehr befähigen ein Fahrzeug zu führen und erst recht nicht von Familien, die beim Treten der Pedale die schöne Landschaft genießen wollen.

Ab zehn  Uhr wird Deutschland von Rennradlern regiert.

Menschen meist dem männlichen Geschlecht zugehörig jeglichen Alters, oftmals in Rudeln und stets in irrwitzige Kostüme gekleidet. Den Kopf durch ein Helmchen geschützt, den Oberkörper in ein blaues T-Shirt mit der Aufschrift „Deutsche Telecom“ gezwängt und dann diese Hose……….

Welch eine Hose? Ein schwarzes, viel zu enges Teil, die Genitalien wie bei einem Balletttänzer zur Schau gestellt und im Inneren mit Windeln gefüllt. Die Waden der Witterung ausgesetzt.

Die neuen deutschen Männer. Helmgeschützte, inkontinente und durch Helmchen geschützte Teletubbies.

Würden sich diese Herren einfach nur zur Schau stellen und niemanden stören, dann wäre dies zwar lächerlich aber immerhin akzeptabel. So jedoch terrorisieren sie ihre Mitbürger.

Millionen von Steuergeldern wurden in Radwege verschwendet, wenn man erkennt, dass diese Spezies warum auch immer grundsätzlich die Straße benutzen. Die Mitte der Straße. Ihnen erscheint wohl unbegreiflich, dass auch Autofahrer ein Existenzrecht haben.

Gemächlich frönen unsere Teletubbies ihrem Geschwindigkeitsrausch, während der genervte Autofahrer sich gezwungen sieht in der zweiten Gang herunterzuschalten. Sie fahren stets in drei Reihen nebeneinander.

Aber auch vor Spazierwegen kennen diese „Master of Desaster“ kein Erbarmen. Weder Wanderer noch Jogger sind vor ihnen sicher. Hunde verkriechen sich winselnd im Straßengraben. Katzen flüchten sich auf die Bäume. Selbst die Ratten suchen Schutz in den Katakomben der Abwasserkanäle.

Doch es gibt zwei Aufrechte. Zwei Kämpfer gegen den zweirädrigen Terror. Zwei, die sich nicht unterkriegen lassen und den Krieg erklärt haben.

Der Pfalzgraf und die Kurpfälzerin. Die Freunde der geschundenen Pneus Die Beschützer von Speichen und Sätteln Die Verfechter für ordnungsgemäße Rückstrahler.

Eines Abends schlenderten die Beiden mit ihrer braven Retriever-Hündin wohl gelaunt und federnden Schrittes über den Asphalt ihres Heimatortes. Eine breite Straße ohne jeglichen Verkehr. Die Straße bot Platz für alle. Viele Meter war sie breit. Es war noch hell, dennoch zu später Stunde.

Der menschliche Anteil des Trios spazierte auf dem Gehweg die tierische Fraktion tummelte sich vergnügt im Wasser der Abflussrinne, dicht daneben.

Dann nahte der Feind. Wie immer kommen die feigen Attacken der Gegner von hinten.

Ein Rennradler im Ganzkörperkondom rosa glänzend mit Helmchen kam näher. Obwohl die Straße wirklich breit war, wollte er unseren Helden wohl beweisen, dass er als ungedopter Jan Ullrich die Straße ganz für sich benötige.

Statt dass er unser Trio umfuhr, hielt er direkt auf die Hündin zu. Wäre diese nicht weitergelaufen, wäre es zu einem unweigerlichen Zusammenstoß gekommen. Tiere sind zum Glück intelligenter als Radrennfahrer. Erst wenige Zentimeter hinter dem Tier riss er sein Lenkrad herum. Frida spürte noch dessen Fahrwind im Fell.

Der Pfalzgraf und die Kurpfälzerin erschraken und zitterten am ganzen Körper. Die Dame vermochte lediglich ein „Du dummes Arschloch“ hinterher rufen. Dann war er schon wieder weg. Keine Chance die aufkommenden Rachegefühle umzusetzen.

„Kleine Sünden straft der Herr sicherlich sofort“ antwortete der Pfalzgraf hoffnungsvoll lakonisch.

Die Strafe folgte auch umgehend. Sie sahen dem Radler missmutig hinterher, als dieser nur wenige Zentimeter an dort parkenden Autos vorbeischoss. In einem der parkenden Fahrzeuge muss wohl ein Racheengel gesessen sein wartend auf seinen Einsatz. Denn just in dem Moment, als unser Möchtegern Lance Armstrong wieder dicht an einem Fahrzeug vorbeifuhr, öffnete der Fahrer die Tür und es geschah, was geschehen musste.

Jan oder Lance oder wer auch immer krachte schwer in die Wagentür.

Pfalzgraf und Kurpfälzerin jubelten. Das Teletubbie war binnen Sekunden vom Radrennfahrer zum Kriechtier mutiert. „What a wonderful Day“ intonierten unsere Freunde, während Frida zufrieden mit dem Schwanz wedelte.

Auf der Straße begann hektisches Treiben. Aus den umliegenden Häusern kamen Leute um erste Hilfe zu leisten. Unser Trio wartete geduldig, wie sich die Angelegenheit wohl entwickeln würde. Der Feind lag immer noch regungslos aber immerhin lebendig auf der Straße. Er hatte wohl starke Schmerzen.

„He`s a jolly good fellow“. Dieses Lied jetzt laut gesungen veranlasste die Helfer jetzt aufzuschauen.  Sie sahen dies wohl als political incorrect an.

Während das pfalzgräfliche Duett jubelte, sang und klatschte wollte die Hündin Frida bereits vor Freude ein Stepptanz aufführen, besann sich jedoch ihrer Anatomie. So blies sie es bei einem zufriedenen Lächeln durch Hochziehen der Lefzen.

Irgendwann unsere Freunde klatschten noch immer singend Beifall kam ein Krankenwagen. Jan-Lance war nicht schwerverletzt. Er könnte im nächsten Jahr wieder die Menschheit unsicher machen, hörten die Freunde am nächsten Tag von den Nachbarn.

Aber in diesem Jahr wäre seine Chance, seinen durch Windeln gepolsterten Hintern wieder in einen Fahrradsattel zu hieven, dahin.

Gott straft kleine Sünden eben sofort. Es war doch ein schöner Tag.

Fataler Morgen

Der Morgen begann heute fatal und warf ein schlechtes Licht auf den kommenden Tag.

Nachdem ich mein müdes Haupt aus dem Bette erhoben hatte, den Sandmann aus den Augen vertrieben und diese, noch im Bett liegend geöffnet hatte schaute ich direkt in die Augen meiner lieben Hündin Frida. Diese hatte wohl, ohne sich artikularisch zu äußern auf das Ende meines Schlafes gewartet.

Aus ihrer Mimik, wie auch aus der Dicke ihrer Augen vermochte ich zu erkennen, dass diese edle Hündin dringend der Verrichtung ihrer Notdurft harrte. Dies war in Anbetracht ihrer Fressgewohnheiten, wie auch der Uhrzeit verständlich.

Jedoch meine eigenen Fressgewohnheiten und die Uhrzeit verursachten in mir selbst auch den gleichen Drang. Was tun? Mann oder Hund zuerst?

Ich glaubte meine inneren Organe besser beherrschen zu können als Frida schließlich muss man ihr zugute halten, dass sie ein Tier ist und beschloss Frida den Vortritt zu lassen.

Ungewaschen und mit verschmutzten Zähnen lediglich mein lockiges Haar gebändigt zwängte ich mich schnell in Beinkleider, Schuhwerk und umwarf mich schnell mit einer dicken Jacke, bereit unseren lieben Frida zur Erleichterung zu verhelfen.

So begaben wir uns auf den Weg. Mein Darm rebelliert heftig und war mit dieser Entscheidung wohl nicht einverstanden.

Auf dem Felde angekommen, dachte ich Frida würde nun, in sitzender Haltung, den Rücken gekrümmt und die Rute gestellt dem grausamen Spiel ein Ende bereiten. Doch weit gefehlt.

Diese edle Tier vertrieb sich die Zeit in aller Ruhe mit dem Studieren ihrer anatomischen Zeitung und mit dem Warten auf einen netten tierischen Herrn, welcher in Form eines Mischlings in gleicher Größe wie sie selbst, auch bald die Bühne betrat.  Dieser ungestüme Genosse glaubte wohl in unserer Frida eine angemessene Kurtisane zu finden  und startete den Versuch sie von hinten zu besteigen.

Beide erwehrten wir uns diesem Versuch. Sowohl Frida, die den Möchtegern-Eindringling kurzerhand verscheuchte, als auch mein Darm, welcher mich lauthals aufforderte mich endlich in sitzende Haltung zu begeben.

Nachdem ich fast zwanzig Minuten meine eigene Anatomie vertröstet hatte und Frida noch immer nicht gewillt war sich ihres Ballastes zu entledigen, beschlossen mein Darm und ich, Frida zu nötigen, den Heimweg anzutreten.

In schnellen Schritt Frida flog fast hinter uns her erreichten wir die Heimstatt.

Dort konnte ich mich an dem Tier rächen. Auf hinterhältigste und bösartigste Weise tat ich dies. Ich ließ meinen körperlichen Bedürfnissen den Vortritt vor Fridas Hungergefühlen. Sie war gewohnt um diese Zeit zu frühstücken. Nun konnte ich mich im Bad verschanzen und von innen hören wie ihr Darm und ihr Magen im Takt eine Melodie grummelten.

Germanys next Top Model

Wann lief diese unsägliche Sendung im Fernseher? War es am Donnerstag? Ich weiß es nicht mehr kann mich nur noch an die Folgen der Sendung erinnern.

Zuerst irritierte meine Lebensgefährtin mich mit dem Wunsch, dies üble Machwerk bundesdeutscher TV-Kultur zu konsumieren. Nein sie ist ansonsten wahren kulturellen Werten nicht abgeneigt in diesem Fall jedoch rechtfertigte sie dieses seltsame Ansinnen damit, den an ihrem Arbeitsplatz am nächsten Morgen folgenden, erquicklichen Diskussionen über die Sendung, beiwohnen zu müssen.

Entsprach dies der Wahrheit oder war die Neugier, welche dieser hochbeinigen Intelligenzbestien deren Wunsch es war nie wieder einer geregelten Arbeit nachgehen zu müssen, eine Runde weiter käme? Ich werde die Wahrheit wohl nie erfahren.

Ich jedoch meinte, mir dies nicht antun zu müssen. Doch was tun?

Der Sinn nach einem guten Buch stand mir ausnahmsweise nicht. Es wäre besser so gewesen.

Eine Gastwirtschaft aufsuchen und gemeinsam mit Zechkumpanen dem Alkoholteufel seinen Tribut zollen? Nein hierzu wollte ich mich und meine Leber nicht nötigen. Doch auch dies wäre besser gewesen, als jenes was dann geschah.

Ich begab mich in einen anderen Wohnraum, wo meine CD-Sammlung auf mich wartete bereit meine Ohren mit wahrhaft schönen Klängen zu verwöhnen. Ich machte es mir in einem Sessel bequem, schaltete die Musik ein und lauschte den Klängen Pink Floyds unsterblicher Musik.

Dann entsann ich mich einer edlen Kiste Rotweins. Ich dachte „Gelobt seien die Gebrüder Gallo“, öffnete eine Flasche und zündete mir eine Zigarillo an. Es versprach ein schöner Abend zu werden.

Der Tropfen mundete meinem Gaumen vortrefflich. Er mundete sogar so sehr, dass ich nach kurzer Zeit die Versuchung spürte eine weitere Flasche zu entkorken um diesen Verwöhnabend fortzusetzen. Gedacht getan.

Nun nach zwei Flaschen dieses Getränkes überkam mich dann plötzlich ein Gefühl des Durstes auf ein süffigeres Getränk. Mein Kleinhirn warnte mich zwar bereits vor den Folgen weiteren Alkoholkonsums, doch das Drängen meines Großhirnes war stärker. Dieser Teil meiner, bereits geschädigten Gehirnwindungen schrie regelrecht nach einem Gin-Tonic.

Ich bin leicht zu überreden und so überließ ich mich dem Wunsch meiner obersten Anatomie. Dies war ein weiterer Fehler. Als ich später am Abend diesen kleinen musikalischen Raum verließ, nahm ich wieder den Platz neben meiner Kurpfälzerin ein.

Durch massive Verbalattacken in Form von Lästereien jeglicher Art gegen das auf dem Bildschirm umherstreunende Stöckelwild, wollte ich sie von dem unfruchtbaren Konsum des Programms abhalten und fruchtbare Gespräche führen.

Sie bemerkte jedoch sofort, dass ihr Partner trunken war und überließ mich mit einer Mischung aus Irritation und vergnügtem Wohlwollen meinem Schicksal und meiner Bettstatt, in welche sie mich verbannte. Dort angekommen übergab ich meinen geschundenen Körper der Allmacht des Schlafes.

Der nächste Morgen startete mit einem Kampf. Der Kampf des Mannes gegen einen kleinen Wicht, genannt den Sandmann. Dieser üble Geselle wollte meine blauen Äuglein einfach nicht verlassen. Kein Reiben der Augen und kein noch so häufiges Waschen vermochten ihn zu vertreiben.

Dazu ein Geschmack im Mund, als hätte der Schreiber dieser Zeilen erst kürzlich ein großes landwirtschaftliches Nutztier, welches vielen Großstadtkindern nur in der Farbe lila bekannt ist, intensiv geküsst und dabei vorn und hinten verwechselt.

Diese unrühmlichen Umstände, in Zusammenhang mit der Tatsache, dass sich meine Muskulatur anfühlte, als hätte ich den Klitschko-Brüdern gegenüber gestanden und diese schwer beleidigt, ließen nur noch einen Schluss zu:

Nächste Woche werde ich zusammen mit meiner lieben Gefährtin Germanys next Top Model über mich ergehen lassen. Ich werde die Intelligenz der Damen preisen. Ich werde dreißig Kilo Knochen als wunderschöne weibliche Rundungen empfinden und den charmanten Dialogen der Jury gebannt lauschen.

Ich verspreche auch nicht zu lästern.

High Society

Es begab sich vor wenigen Wochen in Monaco. Ich war eingeladen zu einer Gartenparty bei Fürst Albert anlässlich des Grand Prix. Ich, der Pfalzgraf, sah mich von illustren Gästen umringt.

Wie konnte ich ahnen, welche Ausmaße eine Feier innerhalb der High-Society annehmen kann.

Stilecht und standesgemäß trafen die Gäste zu den Klängen von Louis Armstrong ein. Westerhagen sang und glaubte er hätte eine ähnlich sonore Stimme. Doch er irrte.

Ich erkannte viele der eintreffenden Gäste: Schauspieler, Sänger, Politiker und Sportler. Ich beschloss mich zurückzuhalten und paparazzi-gleich lediglich ohne Kamera die Szenerie zu beobachten.

Da standen sie beim Smalltalk. Ich lauschte den Gesprächen zwischen Sylvester Stallone und Charlie Sheen wie man eine untergegangene Karriere, ohne den Eintritt in die Politik, wie es Arnold Schwarzenegger tat, in Gang halten könne. Doch hierfür fehlte wohl beiden die Intelligenz. Also taten sie, was sie wirklich konnten: Sie tranken.

Übrigens Alkohol: Es schien mir, der saarländische Bonaparte kam schon in angetrunkenem Zustand. Nun ein Kommunist kann eine Party unter Millionären wohl nur im Koma ertragen.

Ich hörte und vernahm die Probleme von Robin Gibb und Cher, welche ihren Frust über ihre verblichenen Gesangskünste in Wodka-Orange ertranken und belauschte Boris Becker und Henry Maske bei deren gegenseitigen Tipps Hüftspeck am besten zu verbergen.

Maria Carrey konnte ihnen keine Hilfestellung geben.

Dann wurde das Buffet eröffnet. Mein Gott- welch ein Anblick. Mick Jagger versuchte eine Banane erfolgreich quer zu verzehren, während sich Ottfried Fischer vor einer Kalbshaxe ekelte. Wahrscheinlich hatte er Angst als Kannibale geoutet zu werden.

Übrigens Kannibalismus: Kate Moss aß Froschschenkel welch ein Hohn.

Aber es gab noch mehr zum Schmunzeln: Brat Pitt fragte Jean Paul Belmondo wie er es schaffe mit Achtzig noch besser auszusehen als er und Angela Merkel erkundigte sich bei Gisele Bündchen nach deren Friseur. Sie wolle ebenfalls ins Modelgeschäft. In der Politik bewege sie nichts mehr.

Inzwischen hüpfte Dieter Hallervorden umher wie in den frühen Siebzigern und wunderte sich, dass keiner mehr lacht.

Dann erblickte ich unversehens Dolly Buster mit einer Melone in der Hand. „Wenigstens etwas Echtes an den Dreien“ konnte ich mir nicht verkneifen.

Nach dem Genuss einiger Gläser Rotweins ohne einen gewissen Alkoholpegel war dies nicht mehr zu ertragen konnte ich an mir selbst einen gewissen Grad von Halluzinationen nicht mehr abstreiten: Kam da ein Fallschirmspringer vom Himmel geflogen? Nein es war Prince Charles auf der Suche nach seiner Camilla, welche abstammungsgemäß heftig mit Fury flirtete.

Zwischenzeitlich musste ich missbilligend erkennen, dass Gina wild einige ihrer bekannten oralen Kunststückchen zum Besten gab. Ich platzierte mich schnell vor Hoss und Little Joe, um deren Seelenheil noch zu retten. Pa hätte wohl im Grab rotiert.

Apropos rotiert: Nun hatte Peter Kraus seinen Auftritt. Wir alle vernahmen tief unter uns Rotationsgeräusche. Elvis kreiselte. Er war als toter Rock`n`Roller noch besser als Peter Kraus lebend.

Meine, ebenfalls eingeladene Hündin Frida verbarg sich zusammen mit Rin-tin-tin  im Gebüsch und tat dies heimlich, was Gina Wild zuvor öffentlich zelebrierte.

Clarence, der Löwe konnte trotz seiner Sehschwäche die Stripkünste von Mutter Beimer aus der Lindenstraße verfolgen. Dies führte zum umgehenden Suizid des edlen Tieres.

Dies war zuviel für meine geplagte Seele. Ich begab mich zu Paul Bocuse, welcher als Schankwirt angestellt war und bestellte mir einen starken Espresso. Ich bekam eine Brühe, welche alles nur nicht den Namen Espresso verdient hatte. Nicht einmal Kaffee kann der Kerl kochen. Starbucks sollte einen Michelin-Stern erhalten.

Ich entriss meine Frida den Klauern Rin-tin-tins. Zu den Beiden hat sich inzwischen noch Lassie gesellt. Obwohl eine Hundedame, hätte sie nichts gegen einen flotten Dreier einzuwenden gehabt.

Ich selbst flüchtete vor einer Dame namens Ornela Muti. Nun ich kann sie verstehen. In ihrem Alter nimmt man sogar einen Pfalzgrafen.

Ich gehorchte den Folgen des Alkohols und bettete mein Haupt danieder. Mein Traum war vorbei. Vor meinem Bett lag Frida neben mir meine geliebte Kurpfälzerin. Ich war glücklich nicht zur High-Society zu gehören.

Gleichzeitig schwor ich mir vom Konsum RTL in Zukunft ábzusehen.

Des Kaisers neue Kleider

Der Pfalzgraf lebte nicht immer in seiner kurpfälzischen Zweisamkeit. Zu Beginn des letzten Jahres lebte er als alleinstehender älterer Herr in seinem saarländischen Single-Domizil.

Obwohl nicht mehr in jedem Lebenszyklus, in welchem die Hormone der Herren ins Unermessliche sprießen, fühlte er sich dem anderen Geschlecht dennoch noch immer zugetan.

Jedoch war er schon immer eher als schüchtern zu bezeichnen und so verbrachte er seine Abende in mannigfaltigen Tavernen, Bistros oder anderen Lokalitäten, in welchen er hoffte die Bekanntschaft netter Damen zu machen.

Aufgrund seiner Auswahl dieser, eher von Herren mit ähnlichen Bedürfnissen wie den seinen, aufgesuchten Kneipen, machte er zwar keine Damenbekanntschaften, lernte jedoch eine Menge anderer frustrierter Singlemänner kennen.

Er wollte schon aufgeben und sich damit abfinden sein Leben seine letzten Jahre in sexueller Enthaltsamkeit zu vollenden, als das Wunder geschah: Eine Frau sprach ihn an.

Er war über diesen Umstand so entzückt, dass er verschiedene Mankos dieser Dame einfach großzügig übersah. Er übersah das eher unansehnliche Antlitz dieser Person ebenso, wie auch deren arrogantes Gehabe und ihren Drang, ihren fast fünfzigjährigen Körper durch jegliche zur Verfügung stehende sportliche Aktivitäten weiterhin zu stählen und in der jetzigen Form zu erhalten. Schnell wie ein Windhund, hart wie Stahl und zäh wie Leder wollte sie sein. Zumindest ihre Haut hatte etwas Lederartiges angenommen.

Die Rasse der Pfalzgrafen jedoch stand schon immer außerhalb dem Drang zu körperlicher Ertüchtigung und suchte ihr Heil vielmehr im savoir-vivre, dem süßen Nichtstun. Rotwein statt Schwimmen und Schweinebraten statt Turnen. Dazu ein feines Zigarillo.

Dies sollte eine langfristige intensive Beziehung im Voraus zum Scheitern verurteilen. Unser Pfalzgraf jedoch wollte diese zwingenden Umstände seinerzeit nicht so richtig wahrhaben.

„Dann fahre doch wenigstens etwas Fahrrad mit mir“ endete einer der vielen Diskussionen, welche unser hormongeplagter Pfalzgraf seinerzeit zu führen genötigt war.

Damit konnte er sich einverstanden erklären. Immerhin war er als Kind schon einmal im Besitz eines solch ökologisch wertvollen Fortbewegungsmittels und der Volksmund berichtet, dass man Radfahren ebenso wenig verlernt wie den einmal im  Leben vollzogenen Geschlechtsverkehr.

Radfahren gegen Geschlechtsverkehr Dieser Kompromiss erschien ihm erstrebenswert und so begann er seine Karriere als Radfahrer.

Nun soll hier nicht verschwiegen werden, dass der Pfalzgraf ein bekennender Automobilist ist und die unmotorisierten zweirädrigen Verkehrsteilnehmer mit ihren bunten Ganzkörperkondomen, ihren kindischen Helmchen und ihrer Art sich im Verkehr zu bewegen, eigentlich abgrundtief verachtet.

Er sieht diese Ausgeburten von Möchtegern-Athleten eher als verkehrstechnisches Hindernis an. Und zu so einem Hindernis sollte er nun selbst mutieren. Aber der sexuelle Trieb überlagerte alle diese Bedenken.

Er lieh sich von einem Freund ein Fahrrad. Kein Rennrad, sondern vielmehr die zivile Variante soweit ging die Liebe nun auch wieder nicht und überlegte in welche passende Kleidung er seinen Körper verpacken könnte.

Er war sich gewahr, dass er nicht wusste ob die Liebe zum Sport wirklich solange anhalten würde, dass sich eine größere finanzielle Investition lohnte.

Dann entsann er sich den Gebrüder Albrecht Jenen Herren, die innerhalb der letzten Jahrzehnte ein kleines Billigpreisimperium namens ALDI aufbauten. Er glaubte in deren Warenhaus vor nicht allzu langer zeit preiswerte Fahrradkleidung gesehen zu haben. Für seine Zwecke sollte dies genügen. Er machte sich auf den Weg.

Dort angekommen erspähte sein Auge sofort das Objekt der Begierde: Fahrradhosen in rot Fahrradhemden in rot-grau. Dazu passende Handschuhe und Helme. Er war unsicher. Sollte er wirklich, einer der immer nur schwarz trägt, in solch unpassender Kleidung umherlaufen?  Ja er sollte. Aber ohne Helm. Irgendwo hört die Freundschaft auf.

Er suchte ihn dem Regal die Größe XL und erwarb an der Kasse somit Hose, Hemd und Handschuhe. Schuhe gab es leider nicht in diesem Angebot und so entsann er sich einem paar großväterlicher hellbrauner Sportschuhe, welche ihren angestaubten Platz in seinem Schuhschrank seit Jahrzehnten nicht verlassen hatten.

Zuhause angekommen tat er jenes, was Frauen doch so lieben. Die anprobe der neu erworbenen Kleidungsstücke. Zuerst die Handschuhe: Sie passten. Dann das Hemd: Zwar etwas eng um die Taille, aber noch tragbar. Es sollte schließlich nur zum Radfahren genügen.

Jetzt die Hose: Das linke Bein hindurch stecken. Okay. Jetzt das rechte Bein. Aber oh Schreck Es gab kein rechts Hosenbein. Beinahe wäre er, auf einem Bein stehend auf die Nase gefallen. Er stellte beide Beine wieder auf den Wohnzimmerboden und gewahrte, dass das linke Hosenbein auch extrem weit geschnitten war. Aber es gab kein rechts Hosenbein.

Er entkleidete sich wieder und überprüfte die Hose nun recht verärgert und sehr intensiv.

Er hatte einen  Fahrradrock für Damen erworben. Irgendjemand bei ALDI hatte wohl falsch einsortiert. Jetzt war er richtig sauer.

Er wollte nicht Radfahren Er wollte auch nicht wie ein Hampelmann herumlaufen Er wollte nicht noch einmal zu ALDI umtauschen gehen Er wollte nicht für einen simplen Geschlechtsverkehr seine Identität aufgeben.

Er warf die Klamotten in seinen Schrank, wo sie noch heute verharren und begab sich in seine Stammkneipe auf die Suche nach einer anderen Frau.

Hungrig nach Blues

Ich, der Pfalzgraf und meine Lebensgefährtin, die Kurpfälzerin erhielten kürzlich eine nette Einladung in ferne Lande. Um genau zu sein: Nach Belgien.

Nun Belgien ist vom Domizil des Pfalzgrafen nicht unbedingt nahe entfernt in früheren Zeiten wären mehrere Tagesritte von Nöten gewesen aber auch heute, im automobilen Zeitalter sind mehrere Stunden Zeit, als auch viele Liter des allzu teueren Kraftstoffes zum Erreichen des unbekannten Gefildes notwendig.

Aber genug gejammert.

Die Einladung erreichte mich von einem Manne, welchen ich vor langer Zeit nur kurz kennenlernen durfte, der mich aber aufgrund meiner liebenswerten und charmanten Art wohl in sein Herz geschlossen hatte. Er möge mich gern wieder treffen und ein Blues-Festival sei wohl der geeignete Anlass hierfür.

Obwohl des Pfalzgrafen Sinn eher dem Minnesang zugeneigt ist, sind ihm auch die traurigen, elektrisierenden Töne einer Bluesgitarre nicht fremd und so entschlossen die Kurpfälzerin und ich, die ach so beschwerliche Reise auf uns zu nehmen.

An einem Samstagmorgen das Reisefieber hob den Appetit auf ein Frühstück auf machten wir uns auf den Weg. Nach einigen Kilometern riefen uns unsere Mägen doch zu einer kleinen Rast und wir genehmigten diesen, unseren nervenden inneren Organen den zerkleinerten Teil eines toten Schweins in Form einer gebrühten Wurst.

Wir konnten nicht ahnen, dass dies vorgezogene Mittagsmahl das letzte sein sollte, welches unsere Verdauungsorgane für lange Zeit sehen sollte.

Stunden später. Wir erreichten die Staatsgrenze des fremden Landes, in welchem fremd erscheinende Menschen eine ebenso, auf uns fremd wirkende Sprache zum Austausch ihrer verbalen Kommunikation nutzten.

Wieder hatten wir Hunger. Schließlich waren zwischenzeitlich Stunden vergangen.

Wir wussten: Belgien ist nicht nur das Land der zwei Sprachen,  das Land der sich bekriegenden Volksgruppen und das Land des Jacques Dutreaux Es ist auch die Heimat der Pommes Frites.

Doch noch hatten wir keine Zeit unsere Mägen unsere Mägen mit den kleinen Köstlichkeiten dieser fremden Gefilde zu füllen. Wir hatten den rechten Weg wohl verloren und uns verfahren. Nur der Gebrauch einer modernen Hörmuschel, mit welcher wir unseren belgischen Bekannten aus seinem wohlverdienten Schlaf nötigten, führte uns mit dessen Hilfe zurück in die Zivilisation.

Jedoch kann man in den Ardennen noch von Zivilisation sprechen?  Die Pferde und Schafe überwogen den menschlichen Antlitzen. Ob auch der Intelligenzquotient derer den Menschen überlegen war lasse ich dahingestellt. Ich möchte mich nicht unbeliebt machen Ich habe die Belgier als nette und zuvorkommende Menschen kennenlernen dürfen.

Es war früh am Abend und uns hungerte noch immer. Unsere Mägen drangen nach Labsal.

Doch die Zeit zwischen unserer Ankunft und diesem Konzert war kurz. Zu kurz bemessen, um unseren Körpern die entsprechende Vergnügungen zu bereiten.

Unser fremdländischer Bekannter jedoch vertröstete die hungergeplagten Körper seiner Gäste mit der Aussicht auf belgische Fritten am Ort des musikalischen Geschehens. Die Mägen der Angereisten waren durch diese Botschaft nicht gestillt, jedoch frohen Mutes in Anbetracht dieser Aussichten.

Der Hunger auf Blues, wie auch die Vorfreude auf kommende Nahrung wuchsen ins Unermessliche.

Der Ort des Geschehens: Ein kleiner Club, wohlgefüllt mit Menschen guten Musikgeschmacks. Preiswertes, wenn auch belgisches Bier, aber keinerlei feste Nahrung wurde dort feilgeboten. Man hatte unsere Mägen zum Narren gehalten. Diese vergalten uns dies mit kräftigem Knurren, angelehnt an die Bassläufe der spielenden Band.

Das Konzert war toll, aber leicht getrübt durch unsere körperliche Fehlinvestition. Unsere Mägen waren einfach nicht bereit den Drang auf feste Nahrung durch den Konsum von Getränken zu kompensieren.

Es war weit nach Mitternacht. Das Konzert vorüber und unsere Mägen bereit zu anarchistischen Mitteln zu greifen. Doch in der belgischen Provinz fand sich zu dieser Uhrzeit keine noch so freundliche Friteuse Fritten für uns zu erwärmen.

So begaben wir uns, musikalisch befriedigt, doch körperlich in einer extremen Zwangslage zu Bett. Unsere Körper vergalten uns diese Eigensinnigkeit mit heftigstem Murren.

Doch das schwierigste Los hatte unser ansässiger belgischer Bekannter gezogen: Er hatte uns am nächsten Morgen zu einem Frühstück eingeladen. Er wird dies niemals wieder tun.

Wir hatten uns dem Druck unserer Verdauungsorgane widerstandslos preisgegeben und den Inhalt des Kühlschranks dieses netten Herrn hemmungslos und komplett von der Kühlzelle in unsere Schlunde umverteilt. Erst als kein Ei, kein Fetzen Schinken und kein Krümel Brot mehr auffindbar war beendeten wir die grausame Spiel.

Ob er uns jemals wieder nach Belgien bitten wird?

Er hat es schon getan. Der Charme des Pfalzgrafen und der Kurpfälzerin haben deren Fressgier doch wohl noch übertroffen.

Die Mär von der Jungfrau

Der Pfalzgraf ist eine Jungfrau. Er wird diesen Zustand wohl auch sein ganzes Leben beibehalten.

Nein Nicht wie ihr denken möget Nicht in anatomischen Sinn. Er durfte das Glück der körperlichen Begebenheiten in seinem Leben schon mehr oder weniger erfolgreich genießen. Er ist eine Jungfrau im Sinne der Astrologie.

Er selbst glaubte nie daran, dass sein Sternzeichen oder Sternzeichen überhaupt Auswirkungen auf seinen Geist oder seine menschlichen Eigenschaften haben könnten. Doch nun regen sich Zweifel an seinem gewohnten Weltbild.

Man sagt Jungfrauen nach, sie seien pedantisch, sie seien überordentlich und vor allem, sie seien planungswütig. Könnte dies auf unseren Pfalzgraf zutreffen?

Nehmen wir den gestrigen Tag. Früh am Morgen entledigte er sich seines Dranges eine vom durchzechten Vorabend unaufgeräumte Wohnung in jenen Zustand zu versetzen, welche seinem jungfräulichen Denken angemessen erschien.

Die Zeitschriften auf dem Beistelltisch ordentlich übereinandergelegt, die Stühle akkurat ausgerichtet und die Füller und Bleistifte seines Schreibtisches einer Soldatenkompanie gleich angetreten. Dass beide Telefone im rechten Winkel ausgerichtet waren versteht sich von selbst.

Aber da gab es noch Schmutz und gebrauchte Gläser vom Vorabend. Dies passte nicht ins Schema. Sollte er den Schmutz zu einem oder mehreren Häufchen türmen und die schmutzigen Gläser farblich nach Rotwein, Whisky und Säften sortieren? Seine geliebte Kurpfälzerin würde ihn am Abend wohl für verrückt erklären.

Also husch husch Den Schmutz unter die Couch und die Gläser in die Spülmaschine oder irgendeinen Schrank. Fertig. Er erblickte sein Werk voller Genugtuung und war glücklich.

Sein berufliches Tagwerk hatte er bereits am Vorabend geplant, sodass er sofort beginnen konnte. Aber halt Er hatte die Planung für den kommenden Abend versäumt.

Ein ungeplanter Abend. Etwas Unmögliches. Die Vorfreude auf abendliche Sinnesgenüsse kann nur durch eine gründliche, gut vorbereitete Planung aufkommen. So machte er sich ans Werk.

Der Abend sollte mit einem deftigen Mahl, bereitet von der Kurpfälzerin beginnen. Er wusste: Der Kühlschrank war wohlgefüllt mit allerlei Leckereien. Insbesondere erinnerte sich sein Gaumen an ein Päckchen Wurstsalat. Fertig geschnitten und auf würzige Gürkchen und etwas Essig und Öl wartend. Dazu in Zwiebel gebratene Kartoffeln sollten den ersten Teil eines gelungenen Abends darstellen. Das Wasser lief ihm schon im Munde zusammen.

Als zweiten Teil erdachte er sich zwei Stündlein zwischen den Lautsprechern seiner Stereoanlage. Anspruchsvolle Musik, in Verbindung mit einer Flasche edlem Rotwein und einem Gin-Tonic gegen den Durst, zelebrierend. Sollte er sich mexikanischem Blues von Tito and Tarantula oder lieber den traurigen Gesängen einer Gothic-Band widmen? Egal ein Erlebnis höchster Sinnesfreuden würde ihn erwarten.

Der Abend sollte dann in liebevoll und  sexuell anregendem Kuscheln mit seiner Kurpfälzerin enden.

Soweit die Planung.

Der Abend und mit ihm seine geliebte Kurpfälzerin kamen:

„Liebling ich habe eine Überraschung für Dich. Frische Spargel, welche du doch so liebst“ ertönte es bereits von der Haustür. „Die werde ich uns sofort mit Omelett und Schinken anrichten. Freust Du Dich?“ Sicher freute es ihn, dass seine Lebensgefährtin ihn mit frischen Spargeln beglückte. Aber was war mit seiner Planung geschehen?

„Und ich habe gesehen, dass heute Abend ein toller Film im Fernsehen läuft Ein Film ganz nach Deinem Geschmack lass uns den doch gemeinsam anschauen“. Er studierte die, auf dem Tisch akkurat ausgerichtete Fernsehzeitschrift und sah, dass dieser Streifen tatsächlich dem pfalzgräflichen Geschmack entsprechen könnte. Nun gut Ein netter Abend auf der Couch wäre sicher auch sehr nett.

Aber was war mit seiner Planung geschehen?

Der Abend verging. Die Spargel waren vortrefflich und der Film anspruchsvoll und spannend.

Seiner Planung war er lediglich bei seiner Getränkeauswahl nachgekommen. Sie vertilgten Rotwein wegen des guten Geschmackes und Gin-Tonic gegen den Durst. Dazu einige Schnäpse nach dem Essen. Wegen der Verdauung.

Nun wollte er den Abend, wie in seiner Planung vorgesehen, mit Kuscheln und mannigfaltigen sexuellen Aktivitäten ausklingen lassen. Doch was war geschehen?  Beider Alkoholkonsum machte ihm seine Planung wieder zunichte. Sie schliefen im Bett einfach ein.

Nun ist ein neuer Tag angebrochen. Der Pfalzgraf sitzt an seinem Schreibtisch. Was tut er wohl im Innern seines jungfräulichen Hirns? Er verplant den kommenden Abend. Schnitzel mit Pommes und anschließend ein gutes Buch zu lesen erdachte er sich. Anschließend Sex?

Ist der Pfalzgraf eine typische Jungfrau? Ist wirklich etwas daran an der Astrologie? Sollte er seine Kurpfälzerin bitten ihn mental zu entjungfern und zu einem Widder, Stier oder Steinbock zu machen oer sollte er bleiben wie er ist?

Herr und Hund

Lasst Euch berichten was sich beim morgenlichen Ausgang mit meiner Hündin Frida zugetragen hat.

Das Tier angeleint, meine Hose verschlossen und Schuhe gebunden machten wir zwei uns auf den Weg. Frohen Herzens, mit federndem Gang und ein Lied auf den Lippen (zumindest beim Herrn) machten wir uns auf den Weg Richtung Feld.

Dort angekommen, der Leine entlassen, machte sich die Hündin daran ihre Notdurft zu verrichten und einem Wiederkäuer gleich zu äsen. Gerne ließ ich sie gewähren, da dies ihrem Naturell entspricht und ihr entsprechende Freude bereitet.

Dann kam er.

Ein älterer Herr. Bereits grau in dem Schläfen, aber gutaussehend und trotz seines Alters dem weiblichen Geschlecht wohl noch zugeneigt. Nein Nicht der Pfalzgraf. Sein Name war Sammy und er entstammte einem edlen Schäferhundgeschlecht.

Meine  Hündin entsann sich wohl, dass sie derzeit dem anderen Geschlecht recht zugeneigt war und begab sich einem gelben Blitz gleich gerade wohl zu Sammy ohne sich um dessen älteres Frauchen zu kümmern. Ein Umstand, der mir bei Frida fremd war und mich veranlasste umgehend einzuschreiten.

Ich sah mich genötigt meine tierische Begleitung anzuleinen und auf eine Distanz zu dem Kavalier zu bringen, welche mir biologisch angemessen erschien. Nachdem ich Sammys Begleiterin den Grund meiner Aktivitäten erklärt hatte, machten Frida und meine Wenigkeit uns auf den Heimweg.

Jedoch kamen wir nicht weit. Auf der Straße angekommen mitten auf der Kreuzung entsann sich meine Hündin dem Rüden und wollte zurück.

Dies konnte ich nicht zulassen. Frida wiederum konnte es nicht zulassen, dass ich meinen Heimweg fortführte und so sahen wir uns beide mit einem Problem konfrontiert.

Frida saß auf der Kreuzung und verweigerte ein Fortkommen. Ich wiederum hatte auch meinen Stolz und wollte keinen Meter meines bisher erkämpften Weges preisgeben. So wollte ich die tierische Lady einfach weiterziehen. Zumindest fünf Meter um sie aus der automobilen Gefahrenzone zu bringen.

Ich hatte zudem die Befürchtung Madame könne sich aus ihrem, doch recht lockeren Halsband befreien. Also begab ich mich auf Augenhöhe des Hundes und zog aus einer sehr tiefen eigenen Haltung.

Unmöglich. Das Tier krallte seine Pfoten wohl in den Asphalt. Ein gemeines Lächeln auf der tierischen Schnauze deutete mir an, dass sie diesen Machtkampf zu gewinnen gedachte.

Ziehen war unmöglich. Dann  kam ein Auto Nicht verwunderlich. Schließlich befanden wir uns auf einer Kreuzung. Ich entsann mich einem französischen Verkehrspolizisten, welchen ich vor einigen Wochen den Verkehr regeln sah und tat ihm gleich. Mit musterhaften Handzeichen und einer eleganten Verbeugung zeigte ich dem Fahrzeug den Weg um das Hindernis.

Dies wurde mir mit einem hämischen Lächeln der Fahrzeugführerin vergönnt.

Nun konnte ich mich wieder meinem Hauptproblem widmen. Sechsunddreißig Kilo Hund zu tragen wollte ich mir nicht zumuten. Also versuchte ich es mit schieben. Dies gelang. Zentimeter um Zentimeter verbrachte ich das, noch im Asphalt verkeilte Tier, nach vorn. Ein mühevolles Anliegen und ein seltsamer Anblick für die vorüber kommenden Passanten.

Endlich auf dem Gehsteig angekommen, war das Problem urplötzlich gelöst. Frida hat den graumelierten Herrn zwischenzeitlich wohl vergessen und gab sich wieder locker und bereit den Heimweg anzutreten.

Aus diesem Umstand könnte man nun leicht auf das mangelnde Kurzzeitgedächtnis einer Blondine schließen.

Nun sitze ich wieder am Schreibpult und überlege mit Angstschweiß auf der Stirn was mir der Spaziergang am kommenden Tag wohl bescheren wird.

Besuch beim Elch

Eigentlich wollten der Pfalzgraf und die Kurpfälzerin nichts anderes, als einen neuen Schrank, um ihre edlen und kostbaren Gewänder stilecht und knitterfrei zu deponieren.

Doch wo sollte man ein solches Kleinod zur Verschönerung der eigenen vier Wände am besten erwerben?

Sie entschlossen sich jenes Möbelhaus auszuwählen, dessen Katalog inzwischen eine höhere Auflage erreicht hatte als die Bibel. Was allerdings kein Wunder ist. Schließlich ist die Bibel weit weniger bebildert.

So führte sie ihr Weg in jenen Konsumtempel mehr oder weniger preiswerter Einrichtungsgegenstände, welcher dem Besucher suggerieren sollte, er befände sich mitten in Schweden, obwohl doch zumindest der Dialekt der Angestellten diese Unterfangen nahezu absurd wirken ließ.

Des Pfalzgrafen Füße betraten diesen Tempel nicht zum ersten Mal, jedoch vielleicht lag es an der Tageszeit nahm er sich nach Abschluss des Besuches vor, dass es das letzte Mal gewesen sein sollte.

Durch den Eingang schreitend musste er mit Unbill erkennen, dass man ihn und alle anderen Besucher einfach ungefragt duzte: „Hole Dir eine Tasche zum Einkaufen Wenn Du sie behalten willst, kostet sie Dich nur einen Euro“ erkannte sein missbilligender Blick zugleich das erste Plakat.

„Du kannst Deine Kinder vorn rechts zum Spielen abgeben und nach dem Einkauf wieder abholen“ las er direkt daneben. Eine gute Idee dachte er, nun etwas weniger mürrisch. Immerhin keine nervtötenden Teppichratten, welche mir den Einkauf vermiesen. Sein Blick richtete sich zum Kinderhort. Er sah dort kein einziges Kind. Er sollte schnell erkennen warum.

Dieses Möbelhaus war kein Einkaufsparadies Es handelte sich viel mehr um einen überdimensionierten Kinderspielplatz. Beim Durchwandern der mit Pfeilen auf dem Fußboden markierten Wegen für wie blöde hielt man ihn eigentlich, glaubte man wirklich er würde sich verirren und den Ausgang nicht mehr finden sah er viele Kunden, aber noch mehr spielende Kinder.

Er ließ mehrere Berichte aus Presse und TV Revue passieren, die Deutschen würden aussterben Es gäbe keine Kinder mehr. Diese Reporter sollten einmal in ihrem Leben dies schwedische Möbelhaus aufsuchen. Sie wüssten sofort wo die fehlenden Kinder verblieben waren.

Kinder in allen Größen. Babys an der Brust ihrer radikal-ökologischen Väter, stilecht in Jutesäckchen festgezurrt. Kinder im Vorschulalter, welche leider schon in der Lage waren sich selbstständig fortzubewegen und dies auch ausgiebig zelebrierten.

„Leon wo bist Du“ tönte es unentwegt aus allen Ecken. „Warum heißen heute alle Kinder eigentlich Leon?“ sinnierte der Pfalzgraf und in Anbetracht des Gekreisches war er der Versuchung nahe eines dieser kreischenden Kleinkinder einfach an den Füßen zu packen und andere damit zu erschlagen. Deren Sandalen- und Häkelmützchen tragende Väter waren sicher alle Pazifisten. Sie hätten zwar geweint, sich aber wohl kaum gewehrt.

Er hatte Kinder eigentlich nie gemocht. Der heutige Besuch in Schwedenland förderte seine Abneigung jedoch ins Unermessliche.

Dann die Schulkinder. Bereits behände genug sich schnell und gezielt fortzubewegen, jedoch nicht mit ausreichend Hirn gesegnet ihr eigenes Tun zu begreifen. Sie sprangen in die zur Ausstellung aufgebauten Betten, hangelten sich Schrankwände empor oder vergingen sich mit frechem Grinsen im Gesicht gerne einmal an den, für die Angestellten des Möbelhauses vorgesehenen Computern. Sie dachten wohl überall sei „World of Warcraft“ installiert.

Der Pfalzgraf lenkte seine Blicke zu deren Eltern. Die Mehrzahl der Frauen schon wieder empfängnisbereit oder hochtragend verfolgten die Schandtaten ihrer Bälger jedoch eher wohlwollend.

„Ach ist mein Kind so groß Was es schon alles kann“ war aus deren Mimik zu erkennen. Erziehung war für diese Brut wohl ein Fremdwort.

„Genug geärgert“ sagte er zu seiner Kurpfälzerin und sie machten sich auf den Weg zum Schrank ihrer Begierde. Dort angekommen entfernte er einen dieser lästigen Möchtegern-Menschen, welcher kurz vor dem Erklimmen der Schrankwand war durch einen bösen Blick und einen leichten Stoß in die kindliche Hüfte.

Dies brachte ihm ein böses Knurren des Muttertieres ein, welches er jedoch geflissentlich ignorierte. Man weiß nie, wie Muttertiere reagieren,  wenn man ihren Jungen zu nahe tritt. Der vermutliche Erzeuger, wohl ein übriggebliebenes Männchen aus der achtziger Jahre Grünenfraktion, ebenso mit der unvermeidlichen Jutetasche ausgestattet, wie auch mit einem extrem geschmacklosen Wollpullover mit Hirschmuster bekleidet, unternahm bereits Schritte in seine Richtung. Glaubten diese viele Ökofreaks hier schwedische Bäume würden schneller nachwachsen als andere, weil sie sich alle hier tummelten?

Unsere Freunde beeilten sich und erstanden den Schrank. Sie hätten wohl alles erstanden, nur um möglichst schnell diesen als Möbelhaus getarnten Platz des Familienausfluges verlassen zu können.

Sie umgingen geflissentlich das integrierte Restaurant in welchem schwedische Spezialitäten angeboten wurden, welche jedem echten Schweden Tränen in die Augen getrieben hätten.

Aus seinem Blickwinkel vermochte er nur zu erkennen, dass auch Buffet des Restaurants fast ausschließlich Kinder ihr Unwesen trieben, ihre Teller überhäuften und diese, selbst von Natur aus übelriechenden Speisen noch mit Ketchup überkleisterten. Und überall dieses Geschrei.

An der Kasse angekommen Wieder ein Plakat: „Hier kannst du bezahlen“. Für wie stupide hält man in Schweden seine Mitmenschen?

Er zahlte, nahm seine Kurpfälzerin in dem Arm und flüchtete. Nie mehr wollte er hierher zurückkommen. Die Ein-Euro-Tragetasche hat er gestohlen. Als Schmerzensgeld.

Der Weg ins Ungewisse

Es war früh am Morgen. Eigentlich viel zu früh für einen Pfalzgrafen. Doch er hatte eine Mission: Die zweite Frau seines kurpfälzischen Harems benötigte die Hilfe eines Medikus.

Nicht dass sie krank gewesen sei. Aber die Vorsorge gebot es der Dame eine Spritze gegen Tollwut und Staupe angedeihen zu lassen. Nachdem die edle Dame Frida, entstammend aus einem der vornehmsten Retriever-Geschlechter der Pfalz, zwar in ihrer Art hochintelligent ist, jedoch der deutschen Sprache nur ungenügend mächtig, ahnte sie dennoch, dass die Fahrt im Automobil und das Ziel dieser Reise ihr heute wohl weniger Freude bereiten sollte.

Sie verweigerte einfach den Einstieg und den ihr zugedachten Platz auf der Rückbank. Gutes Zureden half nichts. Der Pfalzgraf bemühte sich also hinter das Tier, legte die Hände auf das hündische Hinterteil und schob mit leichtem Druck.

Plötzlich ein Gedanke: „Viele Humanweibchen wären wohl froh über ein solch wohlgeformtes Gesäß Wenn auch weniger behaart.

Das Tier gehorchte nun zwar und sprang in das Fahrzeug, war jedoch nicht gewillt die Fahrt anzutreten und wusste Rat: „Mein Herrchen hat mich lediglich gebeten einzusteigen. Er hat nicht gesagt in welcher Form“.

Also war die Hündin im Auto, der Schwanz jedoch wedelte fröhlich noch außen, was die pfalzgräflichen Pläne, nämlich die Tür zu schließen und wegzufahren, vorerst zunichte machte. Nachdem die Fahrt mit offener Tür ein gewisses Unfallrisiko birgt, bat er Frida ihr Anhängsel einzuziehen und dieses, wie den Rest des Körpers artgerecht im Auto zu platzieren.

Diese Bitte wurde aber auch nur mit einem weiteren fröhlichen Wedeln vergolten. Also packte der Pfalzgraf die Rute und drückte sie hinein. Kaum losgelassen, schnellte der Schwanz jedoch schneller wieder nach draußen, wie der gräfliche Arm. Dies nette Spiel wiederholte sich eine ganze Weile Sehr zum Vergnügen der zuschauenden Nachbarschaft. Während der Pfalzgraf bereits auf die ersten Anfeuerungsrufe der Zuschauer wartete, wurde Frida das Spiel doch allmählich langweilig und sie ließ sich einschließlich der Rute mit einem zufriedenen Grunzen auf der Sitzbank nieder. „Dem habe ich es mal wieder gezeigt“.

Während der Fahrt gingen dem Pfalzgrafen mannigfaltige Gedanken durch den Kopf: „Eigentlich gehört eine solche Tollwutspritze jeder Frau, gleich ob menschlich oder tierisch“. Oder: „Irgendwie sind diese Luder alle gleich“. Die geneigte Leserin möge dem Pfalzgraf solche Gedanken verzeihen, aber auch Hündinnen fallen unter den Begriff feminin und seine hinten platzierte Begleiterin machte heute ihrem Geschlecht alle Ehre.

Beim Tierarzt angekommen. Frida freute sich wie immer auf das Verlassen des Fahrzeuges. Doch nun als sie das Haus sah und erkannte wollte sie schnell wieder zurück ins Auto. Sogar freiwillig und mit ihrem Schwanz. Dies jedoch widerspiegelte sich nicht mit dem Anliegen des Pfalzgrafen. Also zog er seine Begleiterin mit freundschaftlichem Zwang ins Wartezimmer.

Eine ältere Promenadenmischung mit noch viel älterem Frauchen wartete dort bereits. Der Pfalzgraf beobachtete das Pärchen und dachte sich, dass wohl die Frau viel eher einen Arzt benötige als der Rüde. Vielleicht hatte sich Frau Alzheimer aber auch nur in der Adresse geirrt. Der Hund jedoch schien gesund und wollte Frida seine Aufwartung machen.

Diese spontane Aktivität des Mischlingsherrn riss die ältere Dame aus ihrer Lethargie und zog ihren Sebastian, so der Name des Mischlings, zurück. Der Pfalzgraf war froh zu sehen, dass der Hund keine Leiche bewacht und die Dame noch unter den Lebenden weilte.

Frida hingegen war verstört sie wusste wohl, dass sie von einer kleinen spitzen Nadel erwartet wurde und dass fremde tierärztliche Hände ihren Körper abtasten würden.

Nun schleimte sie ihren Herrn ein. Der Pfalzgraf wurde nahezu von Liebe und Anhänglichkeit erdrückt. Über dreißig Kilo lebendiges Retrieverfleisch lehnten sich an seine Beine und erwarteten Zuspruch und Trost. Die Schnauze versabberte seine Beinkleider und der Blick aus ihren Augen entsprach dem eines ausgehungerten Bewohners der Sahelzone beim Anblick eines Lammbratens.

„Wie in meiner Jugend“ dachte der Pfalzgraf. Den gleichen Blick und die gleiche Anhänglichkeit kannte er aus seinen Jugendtagen als er mit Mädchen ins Kino ging um sich einen Horrorfilm anzuschauen. Wie sehr sich das Tier- und Menschenreich doch ähnelt. Wird es gefährlich, kleben sich die Frauen an die vermeintlich starken Männer.

Die beiden wurden ins Sprechzimmer gerufen. Nun plötzlich stellte sich nicht mehr die alte Dame tot, sondern Frida legte sich noch im Wartezimmer auf ihren Bauch und streckte die Pfoten weg, gleich einem Bettvorleger. Da lag sie nun. Zu keinem Fortkommen, außer dem Weg zum Ausgang zu bewegen. Sebastian schaute verblüfft.

Zu des Pfalzgrafen Glück und seiner Begleiterin Pech war der Boden jedoch frisch gewienert und poliert, sodass er sie federleicht mit ihren ausgestreckten Beinen und angstvollem Blick ins Behandlungszimmer ziehen konnte.

„Sollte ich noch einige Pirouetten mit ihr drehen?“ fragte er sich vergnügt. Er ließ es sein. Der Gang war zu schmal und daher ungeeignet.

Die Tierärztin untersuchte Frida sehr intensiv. „Ach wie gerne wäre ich dieser Hund“ dachte der Pfalzgraf als er die hübsche Gestalt der Tierärztin wahrnahm. Aber es sollte nicht sein.

Die Untersuchung ging erstaunlich einfach und leicht vonstatten. Die edle Frida schmiegte sich nur an ihren Herrn. Kein Knurren, kein Hochziehen der Lefzen, alles an ihr war wie gelähmt.

Wie die Mädels im Kino.

Auch der Abschluss dieses Ausfluges war wie im Kino. Obwohl die Behandlung nur der weiblichen Begleitung zugute kam musste der Pfalzgraf die Rechnung bezahlen.

Frida hatte mal wieder ihre Kreditkarte vergessen.

Frauenpower

Freitagmorgen gegen acht Uhr. Meine Wenigkeit, der Pfalzgraf lag noch in seinem Bett. Keine Arbeit keine Termine. Etwas länger ausschlafen. Was könnte einen Mann glücklicher machen?

Neben mir liegend meine Angebetete. Ich warf einen Blick hinüber Auch sie schlummerte noch fest.

„Es sei uns beiden gegönnte“ dachte ich mir im Halbschlaf. Immerhin hatten wir gestern bis spät in die Nacht brav und emsig dem leckeren Rotwein zugesprochen. Das flaue Gefühl, welches meine Magengegend heimsuchte wurde nur noch von dem pelzigen Geschmack meiner Zunge und dem unvorstellbaren Drang nach alkoholfreier Flüssigkeit übertroffen.

„Kleine Sünden straft der Herr sofort“ gestand ich mir ein und hoffte, dass wenigstens mein geliebtes Weiblein von diesen körperlichen Eskapaden verschont bliebe.

Ich drehte mich nochmals auf die andere Seite und liebkoste mein Kopfkissen zu liebevoll, wie dies nur ein Mann tun kann, der nicht nur müde ist, sondern der Ohnmacht nahe steht. Mit „Der Tod ist des Schlafes Bruder“ fiel mir sinnigerweise ein Buch von
Robert Schneider ein, als ich wieder einschlummerte. Doch nicht für lange. Ich hätte es wissen müssen.

Allein das Wenden meines angeschlagenen Körpers im gemeinsamen Bett, veranlasste die Anatomie meiner Geliebten sofort deren Schlafzustand zu beenden. Und wenn diese Frau wach ist, ist sie richtig wach.

Aus dem Bett gesprungen Gewaschen Angekleidet. Voller Tatendrang. Während dies alles geschah, vermochte ich mir nicht einmal die Äuglein zu reiben. Hatte ich gestern alles allein getrunken? Wie kann ein handelsüblicher weiblicher Körper einen solchen Abend derart unbeschadet überstehen?

Nun Was dieser lieben Frau an diesem Morgen ein wenig fehlte, war allerdings das Verständnis für die körperlichen Belange ihrer Mitmenschen. Insbesondere des Mitmenschen im gemeinsamen Bett.

„Ein früher Vogel fängt den Wurm“ erschallte sie fröhlich und zurrte an m einer Bettdecke. „Ich sollte die Liebe zu dieser Frau vielleicht doch noch einmal überdenken“ murrte ich unzufrieden und versuchte mich aus dem Bett zu hieven.

Während ich literweise kaltes Wasser durch meine ausgedorrte Kehle in meinen rebellierenden Magen laufen ließ und zugleich das Allernotwendigste tat um wie ein durchschnittlicher Mitteleuropäer zu erscheinen, bereitete sich meine Kurpfälzerin ihr Frühstück Eier mit Speck.

Allein der Fettgeruch aus der Küche lockte meinen Körper in die Toilette. Als ich bereit war auf diesem Örtchen wieder einzuschlummern, erreichte mich ein ruf aus der Küche: „Heute
Abend bekommen wir Besuch Lass uns die Wohnung richtig putzen“, wobei ich das Gefühl hatte, sie hätte das Wörtchen „uns“ besonders betont. Ich war plötzlich hellwach.

In Anbetracht deren Zustandes, wollte ich meiner Muskulatur heute Morgen noch kein Ungemach bereiten und schlug vor, die Putzaktion auf Nachmittag zu verlegen.

„Was du heute kannst besorgen….“ lautete die, einer alten Weisheit entliehene Antwort. Sicher. Sie hatte ja recht. Aber dennoch…..

„Ich muss noch ein bis zwei Telefonate führen und ein klein wenig am Schreibtisch arbeiten“ antwortete ich „Dann helfe ich dir“ und versuchte meine ungehorsamen Füße Richtung Büro zu bewegen. Dort ließ ich mich nieder, während mein geliebtes Frauchen bereits mit dem Putzen begann.

Ich hatte eigentlich nichts zu arbeiten und auch keine Telefonate zu führen. So schaltete ich nur den Computer ein und beobachtete aus den Augenwinkeln was in der Wohnung geschah.

Sie saugte den Teppich und die Fußböden der ganzen Wohnung. Und dies mit einer Grazie, als sei sie auf dem Tanzparkett. Ein Lied auf den Lippen huschte sie mit dem Staubsauger der Marke Vorwerk durch die Wohnung. Dazu lief im Radio ein alter Abba-Song. Ich glaubte sogar Tanzschritte während des Saugens zu erkennen.

„Liebling Ich bin gleich fertig und dann helfe ich dir“.

Wieder ein Blick aus den Augenwinkeln. Sie wollte wohl Fenster putzen. Sie bemühte sich zumindest. Denn mit einem Meter sechzig stellt sie kein Gardemaß dar. Die Fenster waren entschieden zu hoch um diese zu erreichen. Zumindest für sie. Was tat die Frau? Sie hüpfte wie in einer Hüpfburg für Kinder um an den oberen Fensterrand zu kommen.

Ich wandte mich traurig ab. Wie gerne hätte ich meiner geliebten Frau geholfen. Aber was soll ein Mann tun, wenn sein Körper sich weigert?

„Liebling Ich bin gleich fertig und helfe Dir dann“

Ich wandet mich wieder meinem schwarzen Bildschirm zu und trank noch einen Kaffee. Ich trank noch viel Kaffee, während sie die Möbel vom Staub befreite und noch den Hund fütterte. Als sie das Bad reinigte und die Spülmaschine ausräumte, trank ich noch immer Kaffe Den Blick auf einen  schwarzen Bildschirm gerichtet.

„Liebling Ich bin gleich fertig und helfe Dir dann“

Plötzlich ein Geräusch wie Glas. Ich zuckte zusammen. Ich kannte dieses Geräusch. Dieses Geräusch verursachte nur meine edelsten Rotweinkelche. Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet: Meine geliebte Frau versuchte diese wundervollen Gläser in den oberen Hängeschrank zu stellen. Sicher Dies war der Platz der ihnen zugedacht war.

Aber diese Frau maß doch nur ein Meter sechzig. Das konnte nicht gut gehen. Meine armen Gläser.

Diesmal kein „Liebling ich bin gleich fertig und helfe dir dann“. Ich stand in Sekundenbruchteilen neben ihr, entnahm ihr sanft und vorsichtig die Gläser, um diese behutsam und sicher im Schrank abzustellen.

Dann tat ich jenes, wonach mir schon den ganzen Morgen das Herz stand. Ich nahm die müde schauende und verschwitzte kleine Frau in den Arm und küsste sie. Sogar ein klein wenig schlechtes Gewissen regte sich in mir. Aber nur ein klein wenig.

Die Selbstkasteiung

Ich beschloss mich selbst zu kasteien. Warum wollte ich dies tun? Bin ich ein streng christlicher Fundamentalist? Wollte ich mich selbst für zu häufiges Onanieren bestrafen? Glaubte ich mein Selbstwertgefühl dadurch steigern zu können?

Eigentlich ist es gleichgültig. Der geschätzte Leser möge sich sein eigenes Urteil über meine Person und mein Seelenleben bilden.

Vielschichtig jedoch sind die Möglichkeiten einer gelungenen Selbstkasteiung. Wollte ich mich körperlich züchtigen? Dies erschien mir zu martialisch und zu anstrengend.

Nach einigen Überlegungen schwankte ich zwischen einer Reise nach Nordafrika, um mir in einem dortigen Bordell durch Sex ohne Kondom eine schmerzhafte Geschlechtskrankheit zuzuziehen, oder viel schlimmer den Besuch eines Spieles der deutschen  Bundesliga.

Ich wollte den Höhepunkt meiner Leidensfähigkeit ausleben und wählte das letztere.

Fußball Das Spiel wo junge Männer ihre sexuelle Frustration durch das Hecheln nach einem Ball zu kompensieren versuchen. Das Spiel, wo alte und junge Deutsche das Vergessen über zwei verlorene Weltkriege durch den Sieg über eine andere Mannschaft suchen. Das Spiel wo Anarchie und kollektive Volltrunkenheit unter den Zuschauern Sieg über die in Jahrhunderten anerzogenen Sitte und Wertvorstellungen feiern.

Ich fragte ein befreundetes Ehepaar Fans des 1. FCK ob sie mich nächsten Sonntag ins Stadion nach Kaiserslautern mitnehmen. Sie willigten ein etwas verlegen, da sie meine Einstellung zum Fußball kannten aber freudig zu.

Wir bewegten uns mehr im Stau stehend als fahrend auf einer extra für die Weltmeisterschaft sechsspurig ausgebauten Autobahn nach Kaiserslautern. Angesichts des plötzlich, wie eine mittelalterliche Trutzburg vor uns aufragenden Stadions sinnierte ich darüber nach, welche Lobby in Deutschland noch dermaßen mit Steuergeldern überschüttet wird wie die Fußballclubs und beschloss meine zu zahlenden Steuern ab sofort selbstständig um einige Prozent zu kürzen.

Ich will mich an dieser Unsitte nicht mitschuldig machen.

Weitere Gedanken jagten durch meine Gehirnwindungen. Würden sich Fußballspieler um öffentliche Ämter bemühen, hieße unser nächster Bundeskanzler wohl Poldi oder Schweini. Nun wohl die einzige Möglichkeit des durchschnittlichen IQ unseres Bundestages noch weiter zu reduzieren.

Während ich so meinen Gedanken nachhing, erreichten wir das Stadion. Das Fahrzeug verlassend, nährten wir uns dem Eingangsbereich, wo schon Hunderte von Menschen Einlass begehrten.

Ich war schon auf vielen Heavy-Metal-Konzerten. Im Vergleich zu dem nun Erlebten sind diese Konzerte ein Hort des Anstandes und der guten Sitten. Ein Stoßen und Rempeln Ein Drücken und Treten erwartete mich. Ich Der es nicht mag wenn übelriechende, fremde Menschen mir zu nahe treten, musste es erleben, dass grausamster Atemgeruch von schlechten Zähnen meine feine Nase umgarnte.

Dass Herren mit zwei Zentnern Lebendgewicht ihren Körper wohlgemut auf meinen  Füßen parkten. Dass wild herumbaumelnde obere Extremitäten fremder Leute schmerzhaft den Weg zu meinen edelsten Weichteilen fanden.

Wir suchten unsere Plätze in einer rechten Fankurve. Politisch gesehen waren wohl alle Kurven hier rechts.

Ich schaute mir das Publikum an: Alles war vertreten. Brave Finanzbeamte, gespannt auf das kommende Erlebnis wartend. Sittsame Hausfrauen, brav an ihre Männer angelehnt. Halbwüchsige, wie immer leicht angetrunken und rechte Glatzen, welche durch die umgehängten rot-weißen Schälchen auch nicht sympathischer wurden.

Was ich nicht wissen konnte: Diese Publikum sollte sich nach dem Anpfiff drastisch in seinem Wesen verändern.

Doch zuerst liefen die Spieler ein. Meine Freunde nannten mir die Namen der Herren, welche den 1. FCK hier vertraten. Allerdings habe ich mit Kaiserslauterer Namen immer anders vorgestellt. Ich hörte nur bosnischen, polnischen und afrikanischen Ureinwohnern entstammende Namen.  Dies war also das Aufgebot für die pfälzische Metropole.

Die rechten Glatzen, die den Spielern hier und jetzt zujubelten würden dieselben später am  Abend wohl in einer dunklen Unterführung verprügeln. Fußball ist eine seltsame Welt.

Das Spiel begann. Mit fortlaufender Begeisterung begann die befürchtete Wesensveränderung des Publikums. Der brave Finanzbeamte bekam plötzlich Schaum vor dem Mund und benutzte Schimpfworte, welche ich nicht wiederholen möchte.

Die sittsamen Hausfrauen trugen jetzt ein süffisantes Lächeln im Gesicht, welches die Feuchte zwischen ihren Beinen beim Anblick der muskelbepackten Männerwaden widerspiegelte.

Die Halbwüchsigen waren nun stockbesoffen und randalierten, während die rechten Glatzen Ausschau nach gegnerischen Fans hielten, um die Schmach des 2. Weltkrieges endlich vergessen zu können.

Dazu vergiftete ein unerträgliches Schreien und Chorsingen die Luft. Niemals habe ich das schöne „We are the Champions“ so zweckentfremdet gehört.

Mir wurde es zuwider und ich bekam Hunger. Ich verließ meinen Platz um mich vorsichtig und unauffällig einem Bratwurststand zu nähern. Ich wollte unauffällig bleiben, da mir diese Menschen derart suspekt waren, dass ich um meine Gesundheit bangte. Dies waren keine Bürger wie außerhalb des Stadions. Ich gewahr nur noch eine hirnlose und rachsüchtige Meute, bar jedes menschlichen Verstandes.

Bevor ich die Bratwürste erreichte sah ich ein Schild „Ausgang“. Nun wurde ich unsicher. Auf der einen Seite die lecker duftenden Würste; Auf der anderen Seite zwar das Hungergefühl, jedoch auch die Sicherheit der Zivilisation. Ich flüchtete auf den Parkplatz und wartete auf meine Freunde.

Angesichts meines Gesichtsausdruckes vermieden diese mich zu fragen wie mir das Spiel gefallen habe.

Sollte ich wieder einmal den Drang zur Selbstkasteiung spüren, werde ich jedoch lieber die Reise nach Nordafrika antreten, als mich noch einmal in ein Fußballstadion zu verirren.

Dagegen scheint mir eine schmerzhafte und kräftezehrende Syphilis als das kleiner Übel.

Prost Neujahr

Und wieder war ein Jahr vergangen. War 2009 es ein gutes Jahr? Wohl schon.

Das neue Jahr sollte in wenigen Stunden beginnen und entsprechend gefeiert werden, damit es nicht schlechter, sondern noch besser als 2009 werden solle. Doch wie? Eher besinnlich im engen Kreis oder in Form einer gewaltigen Fete mit Freunden?

Der Pfalzgraf und die Kurpfälzerin beschlossen diesen Jahreswechsel im sehr engen Kreis nämlich allein und urgemütlich  zu zelebrieren.

Sie wollten sich ein leckeres Essen bereiten sie einigten sich auf Fondue etwas Nettes im Fernsehen anschauen, danach gegen Mitternacht den Nachbarn auf der Straße ein schönes neues Jahr wünschen und den Abend mit allerlei sexuellen Aktivitäten kuschelnd im Bett ausklingen lassen.

Soweit die Planung.

Am frühen Abend bereiteten sie ihre Sylvestermahlzeit vor. Die Kurpfälzerin schnitt das Fleisch und erhitzte das Öl, während der Pfalzgraf einen guten Tropfen entkorkte und leckerere Saucen anrichtete. Der Tisch war schön gedeckte Kerzen beleuchteten die Szenerie.

Sie schalteten den Fernsehapparat an um sich von einem anspruchsvollen Programm unterhalten zu lassen:

Auf dem Bildschirm erschien ein älterer kleiner Herr mit schlecht sitzendem Toupet und einem penetranten Grinsen im Gesicht. Die TV-Zeitschrift wies ihn als Andy Borg und die Sendung als Silvesterstadl aus.  Schunkelnde Menschen im Publikum versuchten wie in einem Wettbewerb diesen umherhüpfenden Wicht im Dauergrinsen zu überbieten.

Unseren beiden Zuschauern war das Grinsen jedoch unvermittelt vergangen. Nichts gegen Fröhlichkeit, aber dies ging entschieden zu weit. Selbst ihre Hündin Frida verkroch sich in ihrem Körbchen und hielt sich mit einem gequälten Gesichtsausdruck die Schlappohren zu.

„Lass uns auf diesen Schock einen Ouzo trinken“ sagte der Pfalzgraf und seine bessere Hälfte erwiderte: „Gerne und dann schnell umschalten“.

Der Ouzo tat gut. Was sie nun erwartete jedoch weniger: Champagnermelodien mit Andre Rieu. Nichts gegen Champagner. Aber umsehr mehr gegen diese Art, wie hier österreichische Walzermelodien - welche unser Pfalzgraf ohnehin nie mochte -  von einem Belgier im schlecht sitzenden Frack unters Volk gebracht wurden. Und wieder dieses Dauergrinsen. Noch mehr unechte Fröhlichkeit.

„Frau - Schnell noch einen Ouzo“ rief unser Pfalzgraf angewidert „mir wird übel“. „Aber einen Doppelten“ erschallte die Antwort.

Sie begannen mit dem Essen. Die drei Ouzos begannen langsam zu wirken. Unser Held hatte Mühe die Flamme unter dem Kupferkessel in ausreichender Größe zu entfachen, sodass nach wenigen Bissen das Öl wieder abkühlte und die Filetstücke mehr gelangweilt in lauwarmem Öl herum schwammen, als in fröhlicher Hitze umherzutanzen.

Die Hündin verzichtete diesmal aufs Betteln am Tisch. Sie hatte Angst die Pfoten von den Ohren zu nehmen. Eventuell könnte Patrick Lindner noch immer singen.

Sie prosteten sich mit schwerem Rotwein zu. Die Dame des Hauses trug den Kupferkessel zurück zum Herd, während der Herr wiederum sein Glück in den TV-Kanälen suchte.

Das unvermittelte Grauen schrie ihm entgegen. Das Grauen in Form von DJ-Ötzi. Er war bei den größten Apres-Ski Hits gelandet. Wieder dummdreist grinsende Partyunterhalter. Schlimmer konnte es nicht kommen. Dachte er.

Ein neuer Schock für unser Pärchen erforderte wiederum einen alkoholischen Gegenpart. Sie tranken ihre Rotweinkelche gemeinsam aus und schenkten nach. Die Flasche ging schnell zur Neige.

Das Öl war wieder heiß. Zumindest so lange bis jeder 3 Bissen verzehren konnte. Was dann kam erinnerte an „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Aber diese Streifen sollte erst morgen zum zwölften Mal laufen.

Umschalten: Oliver Pochers kindliche Fresse nervte in der Lindenstraße, wo gute deutsche Schauspieler sich nicht zu schade waren, sich in Infantilität gegenseitig herumkreischend zu überbieten.

Es folgte die Vernichtung des restlichen Ouzos in einem Satz. Ihren Appetit hatten sie zwischenzeitlich mit halbgarem Fleisch gestillt.

Wieder umschalten. Ein Science-Fiction Film. Etwas was die Kurpfälzerin nicht mochte.

Weiter: „Die neue Hitparade“ verursachte wiederum Übelkeit in RTL2, was sie veranlasste sich einem Obstschnaps zu widmen. Der Ouzo ging ebenfalls zur Neige.

Er zappte nun auf Michael Jackson. Lasst den armen Kerl in seinem Grab doch endlich zur Ruhe kommen. Es gibt keine Tanzszene, welche nicht jeder Bundesbürger während der letzten Monate mindestens hundertmal gesehen hat.

Das Ohnsorg-Theater nötigte sie dann, ebenso wie das Chiemgauer Volkstheater zum Genuss weiterer Alkoholika.

Zwischenzeitlich nahte Mitternacht in schnellen Schritten. Zehn  vor Zwölf. Sie schalteten den Fernseher aus, bekleideten sich mit warmen Mänteln schließlich war es kühl und betraten die Straße um ihren Nachbarn ein frohes neues Jahr zu wünschen.

Diese luden unsere Freunde noch auf ein Glas Sekt ein. Eine Einladung welche unsere Freunde gerne anzunehmen gedachten. Nach einem Stündlein wollten sie wieder in ihrem Domizil sein.

Dies gelang ihnen, indem sie vorsichtig und langsam, immer das verschwommene Ziel vor Augen, sich an Gartenzäunen entlang tasteten um nach fast zehn Minuten die fünfzig Meter überwunden zu haben. Sie waren doch etwas betrunken.

Der Genuss von Alkohol hat bei verschiedenen Menschen jedoch verschiedene Auswirkungen. Während unser Pfalzgraf seine, zuvor beim Anblick unserer Bundeskanzlerin anlässlich ihrer Neujahrsansprache verlustig gegangene Sexualität wieder entdeckte, würde die Kurpfälzerin zusehend müde.

Während er -  zwar angetrunken doch kampfbereit -  sich im Bad wusch, um seiner Angebetenen einen wohlriechenden und gereinigten Körper bieten zu können, hoffte er, dass diese sich ihm erwartend in edler Wäsche präsentiere.

Doch diese gewahr im Angesicht ihrer Ruhestatt lediglich eine Möglichkeit ihren müden Körper zwecks Schlaf ins Bett fallen zu lassen.  

Er erblickte sein geliebtes Wesen im Bette liegend, jedoch bestand die edle Wäsche welche sie trug aus dem Mantel und den Stiefeln mit denen sie während des Falles einschlafend ins Bett gestürzt war.

Da stand er nun mit seiner Erregtheit. Zwischenzeitlich gesellte sich auch die Hündin Frida zu den beiden um, wie immer, ihre Schlafstatt vor deren Bett aufzusuchen.

Der Pfalzgraf schaute das Tier freundlich an. Doch dieses, die Geilheit im pfalzgräflichen Blick wohl registrierend fasste dies wohl falsch auf.

„Der wird sich doch nun nicht an mir vergehen wollen?“ rätselte es zwischen ihren Schlappohren „Diesem Blick traue ich alles zu“.

„Vorsichtig nur nicht zu schnell dann falle ich am wenigstens auf“. Dies dürfte wohl die Gedanken der Hündin gewesen sein, während sie so unauffällig wie möglich wieder in ihr Körbchen schlenderte um ihm, die Rute eng an ihr Hinterteil angelegt, ihm den Rücken zuzuwenden.

Dabei liebte er das Tier doch wirklich nur platonisch.

So begab er sich ausnahmsweise wirklich durch mannigfaltige Duftwässerchen wohlriechend neben seine Kurpfälzerin, küsste ihr die Stirn und schlummerte sanft ein. Während des Einschlafens vernahm er noch, wie Frida mit einem Seufzer der Erleichterung wieder ihren Platz vor dem Bett einnahm.

Eine unterkühlte Unterhaltung

Eigentlich wollte er nur seinen Hund ausführen. Es war der gestrige Tag. Ein Wintertag. Die Temperaturen unter Null und ein eisiger Wind blies von Osten.

Herr und Hund kamen überein, den Lauf kurz zu gestalten. Nur wenige Minuten, damit Frida, die Hündin ihren Darm entleeren konnte. Dann schnell wieder heim ins kurpfälzische Domizil um sich vor offenem Feuer auf Bärenfellen zu räkeln und die Kälte durch warmes Met zu wieder vertreiben.

Also sollte er sich ankleiden. Dicke Felle wären angesagt gewesen. Doch, da der Gang nur kurz sein sollte, gewandete er seinen Oberkörper lediglich mit einem langärmligen, jedoch nicht allzu dicken Wams. Dann Beinkleider bis knapp unter die Waden gezogen und die Gamaschen geschnürt.

Er sah an sich herab Sollte er ein Korsett anlegen? Der pfalzgräfliche Bauch wäre weniger in Erscheinung getreten. Aber was sollte es? Niemand würde ihn sehen. Die kurpfälzischen Äcker wurden um diese Jahreszeit nicht bestellt und falls doch -  sein arbeitendes Gesinde sollte denken was es wollte.

Die beiden überquerten schnellen Schrittes die Zugbrücke und begaben sich ins Fronland. Schnell erkannte er, dass er die falsche Kleidung trug, aber ein Pfalzgraf ist Manns genug auch sibirische Kälte für kurze Zeit zu überstehen.

Kaum auf dem Ackerland angekommen er wollte fast schon wieder umkehren, da Frida ihre Notdurft kurz und schmerzlos entrichtet hatte ein schrilles Läuten in der linken Tasche seines Beinkleides.

Unmittelbar wurde ihm gewahr, dass er sich doch im einundzwanzigsten Jahrhundert befand und er ein Mobiltelefon mit sich führte. Er nahm die virtuelle Hörmuschel zur Hand und meldete sich standesgemäß: „Pfalzgraf hier was sei Euer Begehr?“

Eine erotische Damenstimme am anderen Ende der nicht vorhandenen Leitung flötete: „Ich bin lohnabhängige Proletarierin im Dienste eines großen pfälzischen Depeschendienstes und ich möchte ein Interview mit Euch machen“. Sie nannte auch ihren Namen, welcher jedoch in einem plötzlich auftretenden Ostwind unterging.

Ihm war kalt.

Dennoch die Damenstimme war nett und angenehm und so fragte er, um was es sich handele. „Ihr wollt doch an einem der kommenden Samstage eine Lesung Eures neuen Buches in einer edlen Taverne Eurer Geburtsstadt zelebrieren Ich möchte Euch darüber gerne befragen“ säuselte es ihm entgegen.

Zwischenzeitlich kroch die Kälte die pfalzgräflichen Waden empor und setzte sich in Höhe seiner Oberschenkel fest.

„Euer neues Buch“ hatte sie gesagt. Er hatte doch nur eines geschrieben. Eine Wortwahl welche ihn mit Stolz erfüllte. Gern war er bereit Auskunft zu geben.

„Wie seid Ihr an das Schreiben gekommen?“ „Diese Stimme“ sinnierte er. „Wie mag die Dame wohl ausschauen?“ Sollte er sie mit seinem Charme umgarnen und ihr nette Schmeicheleien ins Ohr flüstern, sodass sie heute Nacht nicht mehr ruhig schlafen könne?

Nein Er hatte andere Sorgen. Die Kälte kroch langsam höher. Bis in die pfalzgräfliche Intimzone. Dies erwies sich als körperlich höchst unangenehm und vertrieb alle aufgekommenen Gedanken auf eventuell geplanten Minnesang.

Er gab die gewünschte Antwort und antwortete in einer wie er hoffte, charmanten Art auf alle weiteren gestellten Fragen. Was er lesen würde und wie lange sein Auftritt geplant sei.

Durch dies nette Gespräch abgelenkt, fiel ihm seine Hündin Frida wieder ein. Wo war sie verblieben? Er ertappte seine beste Freundin dabei, wie sie im Felde liegend ein nicht definierbares Teil verzehrte.

„Du altes Ferkel Hör sofort auf“ schrie er in Fridas Richtung, gleichzeitig jedoch auch in seine Hörmuschel. Während Frida weisungsgemäß das Teil ihrer Begierde vor Schreck sofort fallen gelassen hatte, erschien die Dame des Depeschendienstes etwas betroffen. Fühlte sie sich etwa angesprochen?

Er versuchte zu erklären, dass er mit dem Hund gesprochen habe und sie nicht gemeint sei. Sie hat ihm wohl geglaubt, als er langatmig erläuterte, dass seine Wortwahl bei Gesprächen mit Tieren eine andere sei, als bei Damen mit einer solch erotischen verbalen Ausdruckskraft.

Warum er überhaupt ein Buch geschrieben habe, war die kommende Frage. „Weil ich nicht singen kann könnte ich dies, wäre ich wohl ein Rockstar“ erklärte er jetzt etwas missmutig, da er fror wie ein armes Schneiderlein.

Wieder der Blick zur Hündin. Diese stand unbeweglich da. Wohl am Boden festgefroren. Nun denn Dann läuft sie wenigstens nicht weg.

Während der nächsten Fragen hüpfte er von einem Bein zum Andern.

Er erwartete zuhause seine Kurpfälzerin Seine edelsten Teile durften nicht eingefroren sein. Wann hört die Quälerei endlich auf? Wann darf ich vor meinen Kamin und mich mit Met laben?

Dann zeigte die Dame Erbarmen und wünschte ihm viel Erfolg bei seiner Lesung. Nach viel zu langer Zeit. Er steckte die Hörmuschel wieder in die Tasche seines Beinkleides, schüttelte sich durch und versuchte auch seinen Hund befreien.

Der Heimweg erfolgte im Laufschritt. Mensch und Tier versuchten sich aufzuwärmen. Doch während des Laufes versuchte der Pfalzgraf noch immer sich das Gesicht seiner Gesprächspartnerin vorzustellen.

Die erste Lesung

Nun Es war fertig Sein Buch. Er hatte fast dreihundert Seiten zu Papier gebracht und nannte seine Jugenderinnerungen „Mein Leben als Pfalzgraf“. Seinem jetzigen Titel wohl angemessen.

Er war stolz auf sich. Doch wollte es auch jemand lesen? Sicher- Seine Kurpfälzerin und seine besten Freunde waren begeistert, aber diese schienen ihm eher voreingenommen. Wollten auch fremde Menschen seine literarischen Ergüsse konsumieren?

Er veröffentlichte sein Werk für nur wenige Euro bei Books on Demand, sodass Jedermann, der die pfalzgräflichen Anekdoten verinnerlichen mochte, hierzu Gelegenheit erhalten sollte. Doch nur wenige hatten wahrlich Interesse daran.

Er war traurig.

So saßen der Pfalzgraf, seine Kurpfälzerin und etliche Freunde vor wenigen Wochen in der Stammkneipe seines ehemaligen Wohnortes zusammen und labten sich an köstlichem Met und wohlfeilem Bier. Sie unterhielten sich vortrefflich und irgendwann kam das Gespräch auf das pfalzgräfliche Werk zu sprechen.

„Mache doch einfach eine Lesung in meinem Lokal“ meinte der Wirt aus einer Laune heraus, „Du kannst Dein Werk vorstellen und ich bekomme manchen Gast, welcher sonst nie den Weg hierher gefunden hätte“. Beiden wäre hiermit gedient. Sie einigten sich auf Samstag, den 23. Januar.

Der Pfalzgraf, in seinem alkoholumnebelten Hirn, sagte sofort zu. Er ahnte nicht was auf ihn zukommen sollte.

Sein bester Freund Bernd ebenfalls anwesend erklärte sich einverstanden die erforderlichen Marketing-Maßnahmen zu übernehmen. Pfalzgraf konnte nicht ahnen, welche Entwicklung dies kleine Gespräch nehmen sollte.

Tage später Er war wieder in der Kurpfalz erreichte ihn eine Mail seines Freundes Bernd: „Schicke mir bitte eine Mail mit Deinem Bild und einige Informationen über Dein Leben als Schriftsteller“. Nun Er sah sich selbst nicht als Schriftsteller, aber er tat der Freundschaft willen wie gewünscht.

Er konnte nicht ahnen was geschah.

Nur wenige Tage später erkannte er sein Konterfei auf einem Plakat, welches sein Freund Bernd ihm zukommen ließ:

Er war verblüfft. Sollte er wirklich lesen? Aus seinem eigenen Werk? Nun er war jetzt in der Pflicht. Aber er dachte, dass wohl wenige Menschen Interesse daran hätten. So war er weiterhin Wohlgemutes und glaubte eine Lesung vor nur wenigen Interessierten abhalten zu sollen.

Wieder einige Tage später. Sein Freund Bernd schien seine Arbeit als Management des Pfalzgrafen wohl sehr wörtlich zu nehmen. Es erreichte ihn ein Anruf vom Pfälzischen Merkur der Tageszeitung des Ortes der literarischen pfalzgräflichen Ergüsse. „Sie machen eine Lesung in der Brasserie?“ ertönte es aus der Hörmuschel. „Würden Sie uns einige Informationen über sich geben?“ Er willigte etwas nachdenklich ein und gab dennoch gerne  Auskunft über seine schriftstellerische Existenz.

Dann erschien er im Pfälzischen Merkur.

Man lobte ihn im Voraus. Etwas, was ihm den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Doch dies war noch nicht alles. Wieder ein Anruf Diesmal von der Rheinpfalz. Wieder ein Interview. Wieder gab er bereitwillig Auskunft. Sein Freund Bernd hatte wohl gute Beziehungen. Er erstattete wiederum bereitwillig Auskunft über sich und sein Werk und glaubte wiederum sich in einem kleinen Artikel wiederzuerkennen zu dürfen. Doch weit gefehlt.

Fast eine komplette Seite nahm sein Konterfei in der Rheinpfalz mit dem Hinweis auf seine Lesung in Anspruch. Jetzt wurde er wahrlich nervös.

Der Abend des Ereignisses nahte. Er, einige Freunde aus der Kurpfalz und seine geliebte Kurpfälzerin erreichten die Brasserie. Sie waren die Ersten. 2 Stunden vor Beginn der Lesung.

Er wollte sich mit etwas Alkohol die Nervosität vertreiben, doch seine Kurpfälzerin unterband dies: „Du nuschelst wenn du getrunken hast“.

„Warum“ entgegnete er und schaute sich gegen 19.00 Uhr im Lokal um „außer uns ist kaum jemand da“.

Es war wirklich niemand da. Kein Mensch schien sich für den Pfalzgrafen zu interessieren. Also genehmigte er sich einige Biere und Schnäpse, um den Frust zu überwinden.

20.00 Uhr. Er wusste nicht, ob er sich freuen oder deprimiert sein sollte. Weniger als zehn  Leute waren anwesend Trotz des Großaufgebotes der Tageszeitungen.

„Vielleicht ganz gut so“ ging es durch seinen Kopf, während seine Kurpfälzerin nervöser als er selbst kaum noch Worte hervorbrachte.

Dann ging er schlagartig. Als hätte Gott im Himmel Busse vorfahren lassen, füllte sich das Lokal plötzlich bis zum letzten Platz. Alle Plätze waren besetzt. Alle warteten auf den Pfalzgrafen.

Es war 20.30 Uhr. Auch die Presse war anwesend bereit über sein Werk zu urteilen und dieses Urteil zu veröffentlichen. Was sollte er tun?

Lesen.

Er begab sich an den für ihn reservierten Platz, richtete das Mikrofon aus und begann einfach zu lesen. Er las Geschichten aus seinem Werk, Anfangs noch gehemmt, Dann jedoch flüssig. Es bereitete ihm einfach nur Freude. Er las zwei Stunden.

Es entging ihm, dass er von eingeladenen Pressefotografen fotografiert wurde; Es entging ihm, dass eine Reporterin emsig Aufzeichnungen machte; Es entging ihm sogar, dass die Zuhörer schmunzelten und lachten. Er las einfach aus seinem Buch.

Er war glücklich.

Nach der Lesung gesellte sich die Reporterin zum ihm um einige Fragen zu seinem Werdegang zu stellen. Wiederum antwortete er gewissenhaft. Danach wandte er sich seinen Freunden zu, um den Abend feierlich ausklingen zu lassen.

Für ihn war die Lesung beendet.

Am Montag wieder in der Kurpfalz sandte ihm sein Freund Bernd die Rezession der Rheinpfalz.

Fast eine Seite lang hat man ihn gelobt. Was soll er nun tun? Er wird weiterhin schreiben. Nahezu jeder, der bei der Lesung anwesend war hat sein Erstlingswerk bestellt.

Dies ist die Geschichte eines glücklichen Menschen.

Die fatale Depesche

Es war einmal eine Königin. Sie war nicht liebreizend und nicht ein jeder mochte sie leiden. Doch das Volk hatte sie zu seiner Königin erkürt. Das Gesicht von hängenden Mundwinkeln geprägt und die blonde Haarpracht spitzbübisch nach hinten gekämmt. Den Körper stets in zu enge Gewänder gepresst, musste sie oftmals Spott und Häme über sich ergehen lassen.

Sie herrschte über ein großes, ehemals reiches Land in welchem sich einst die Germanen tummelten und welches sich später zum Land der Dichter und Denker entwickeln sollte. Doch dies war lange her. Es gab kaum noch Dichter und Denker und auch der Reichtum war schon lange aufgebraucht.

Außer einigen wenigen Reichen darbte das Volk und murrte.

Es allein musste pünktlich seinen Zehnten erbringen, während die Fürsten und Herzöge des geschundenen Landes ihre wohl gefüllten Geldkatzen, heimlich bei Nacht und Nebel in ein benachbartes eidgenössisches Ländchen zu wilden Bergvölkern brachten. Sie wollten so dem Zehnten entkommen. Dort horteten sie ihren Reichtum, da die wilden Bergvölker ihnen reichen Zinsgewinn versprachen.

Und das Volk litt und darbte weiter.

Die Räte der Königin waren unfähig diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Auch der oberste Kämmerer, ein kleines Männchen aus dem Schwabenlande, mit einer roten Knollennase und statt auf Beinen, auf Rädern unterwegs wusste keinen Rat.

Dann erreichte die unfähige Brut eine Depesche aus fernen Landen. Ein Unbekannter bot an, gegen ein Entgelt von vielen Talern, Ihnen mitzuteilen, wie sie karrenweise Mammon aus dem eidgenössischen Land bekommen könnten.

Die Königin und der Kämmerer waren verblüfft. Ein Unbekannter konnte ihnen in einer fatalen Angelegenheit behilflich sein, in der selbst der Staatsapparat versagt hatte. Sicherlich wusste er, wer die unverschämten Schelme waren, die ihren Reichtum weg, aus des zweirädrigen Kämmerers Klauen in Sicherheit gebracht hatten.

Sie berieten lange. Was sollten sie tun. Viele der Berater waren dafür, aber ebenso viele dagegen. Auch das Volk war in seiner Meinung gespalten.

Aber dann tat die Königin etwas, was sie zuvor noch nie getan hatte: Sie tat ihre Meinung freimütig kund: „Erwerbt mir die Depesche und entlohnt den feigen Unbekannten mit vielen Talern“. Der Kämmerer jauchzte und fuhr einige fröhliche Runden.

Der Handel ward abgeschlossen. Der Unbekannte aus fernem Lande war ein reicher Mann. Die Depesche befand sich im Besitze der Königin.

Sie rollte das Pergament aus und las: „Man nehme Zucker und Lakritze…“ Weiter las sie nicht. Sie wurde kreidebleich. Hatte man sie gefoppt?

Der Unbekannte hatte ihr für viele Taler das strenggeheime Rezept von Ricola-Kräuterzucker verkauft. Er hatte nicht gelogen. Dies stammte von den benachbarten Bergvölkern und war seinen Preis  wert. Vielleicht sogar mehr wert als die Namen der verkommenen Fürsten.

Diese jedoch, konnten nach wie vor unbehelligt ihr Unwesen treiben.

Eine kleine Geschichte um einen großen Streit

„Das kannst Du nicht machen“ giftete ihn die Kurpfälzerin an.

„Warum nicht es ist das Normalste auf der Welt“ suchte der Pfalzgraf seine Rechtfertigung.

„Du bist irre kein Mensch tut so etwas bei diesen Temperaturen“.

„Was hat dies mit den Außentemperaturen zu tun“ wollte er erwidern, doch seine geliebte Kurpfälzerin schob sofort nach: „Du spinnst doch komplett“.

Er konnte sich keinen Reim machen, warum seine Geliebte so erbost war. Er hatte ein Stück Fleisch verzehrt und seine Zähne verlangten nach der Munddusche. Er konnte nichts Verwerfliches daran finden.

„Du tust das nicht oder ich werde ernsthaft böse“ erklang die Drohung aus dem kurpfälzischen Mund. Was sollte er tun? Er wollte seinen Mann stehen. „Ich gehe jetzt und niemand wird mich daran hindern“. Er war fest entschlossen sich durchzusetzen.

„Hast Du den keine Ahnung, was diese Temperaturen ausrichten werden?“ fragte sie nun fast weinerlich. „Das ist einfach nicht gut“. Was sollte an den Temperaturen falsch sein? „Rege Dich doch nicht auf Ich nehme immerhin warmes Wasser“. Ein weiterer Versuch der Rechtfertigung.

Sie wollte ihn einfach nicht begreifen. Noch immer war er sich keinerlei Schuld bewusst. „Es ist völlig egal, ob das Wasser warm oder kalt ist Es führt zu Krankheiten“.

„Es führt eher zu Krankheiten, wenn ich es nicht mache“. Nun wurde er laut. Etwas was er gegenüber seiner geliebten Kurpfälzerin noch niemals tat. Er schämte sich etwas. Aber warum wollte sie ihn nicht verstehen? „Es muss einfach sein“ schrie er nahezu hysterisch.

„Mache was Du willst“ gab sie plötzlich zermürbt zu „aber Du bist es, der morgen zum Arzt geht. Er begriff überhaupt nichts mehr. Er wollte doch nur seine Zähne von Fleischfasern befreien. Warum nur dieser Streit?

Er liebte die Frau und lenkte daher ein: „In Ordnung ich verzichte“.  Dennoch war die Stimmung dieses Abends wie in einem tiefen Keller angelangt. Er verzichtete auf die Munddusche und versuchte die Fleischfasern unauffällig mit den Zähnen zu entsorgen.

Sie begaben sich zu Bett. Keiner sprach mehr mit dem Anderen. Rücken an Rücken lagen sie da und konnten nicht schlafen.

Wie kam es eigentlich zu dem Streit? Er erklärte ihr nach dem Abendmahl er wolle Mundduschen. Da er wie immer jedoch nuschelte, verstand die Kurpfälzerin er wolle den Hund duschen und glaubte die Temperaturen an diesem kalten Wintertag seien hierfür höchst ungeeignet.

Einkaufsspaß

Das Wochenende nahte und die Familie Der Pfalzgraf, die Kurpfälzerin und die edle Hündin Frida überlegten bereits Freitags wie diese freie Zeit am besten zu nutzen sei.

„Lasst uns morgen in ein Einkaufszentrum fahren“ meinte die Kurpfälzerin „ich bräuchte ein paar Schuhe und ein Geburtstagsgeschenk für meine Freundin“. Der Pfalzgraf schloss sich dieser Idee sofort an er wusste dass ihn anlässlich dieses Bummels auch das erste Bier im Freien an diesem schönen Frühlingstag erwartete.  Frida war dagegen, ein Spaziergang im Wald und ein Flirt mit einem netten Rüden wären ihr lieber gewesen. Doch sie wurde demokratisch überstimmt und fügte sich knurrend in ihr Schicksal.

Doch zuerst musste der Freitagabend überbrückt werden. Der humane Anteil des Trios tat dies wie schon so oft mit dem Hören schöner Musik und dem Genuss feinen roten Weines. Die animalische Fraktion ahnte bereits Übles und ließ sich mit hängenden Ohren und angeschmiegter Rute unter dem Tisch nieder. Hunde habe  ein Gefühl für kommendes Unheil.

Das Unheil brach auch alsbald über die Familie herein. Beim Leeren der ersten Flasche Rotweines schmetterte noch Pavarotti seine Arien durch die Lautsprecher, bei der zweiten und dritten Flasche tanzte die Kurpfälzerin Foxtrott zum Hardrock während der Pfalzgraf sein schütteres Haupthaar headbangend wirbelte. Anschließend ertönte dunkler Gothic durch die Wohnräume. Ein untrügliches Zeichen, dass die Kurpfälzerin ihren alkoholischen Zenit bereits überschritten hatte.

Bis morgens früh dauerte die kleine Party an.

Der nächste Morgen: Die einzige, welche über keine körperlichen Fehlfunktionen zu klagen hatte war Frida. Sie hatte sich nächtens lediglich an frischem Wasser gelabt. Der Pfalzgraf hingegen fühlte sich etwas mitgenommen. Seine Zunge war schwerer als seine müden Glieder. Die Kurpfälzerin hingegen voller Tatendrang und bester Stimmung. Konnte es sein, dass sie noch immer trunken war?

Sie duschten den Schweiß der durchzechten Nacht von den Körpern, nahmen ein deftiges Frühstück ein und machten sich auf den Weg. Den Weg zum Einkaufsspaß.

Angekommen durchschritten sie die Ladenpassagen und schauten in die Auslagen der Schaufenster. Der kurpfälzische Blick erhaschte bereits nach wenigen Metern ein Geschäft mit Handtaschen. Dies schien nicht verwunderlich, da die Dame, dem weiblichen Geschlecht zugeordnet und dies ihr genetisch bedingt in die Wiege gelegt war. Der Pfalzgraf heuchelte, wie alle Männer dies in einer solchen Situation tun Interesse, während Frida liebevoll die herunterhängende Hand einer anderen am Schaufenster stehenden fremden Dame ableckte.  

Nun geschah das Unvorstellbare: Die Kurpfälzerin führte ein nettes, wenngleich unverbindliches Gespräch mit dieser fremden Frau über Hunde und Handtaschen. Wer die Kurpfälzerin kennt weiß jedoch, dass diese eher einer Konfrontation, denn einer Konversation mit fremden Menschen zugeneigt ist.

Der Pfalzgraf und Frida schauten sich verwundert an. Der gegenseitige Augenkontakt ergab Übereinstimmung: Der Alkoholpegel des vorigen Abends war noch nicht abgebaut.

Dem Weg der Ladenpassage folgend erreichten sie das erste Schuhgeschäft. Das Objekt der weiblichen Begierde. Nach langem Herumstreunen durch die ausgestellten Waren sah die Kurpfälzerin etwas was ihr Herz entflammte: Schuhe nach ihrem Geschmack.

Wie gefallen Dir diese?“ richtete sie ihre Frage an den überforderten Lebensgefährten. Was sollte dieser antworten? Ein „Nein sie sind nicht schön“ hätte sie zu weiterem Verweilen aufgefordert. Ein „Ja wunderbar“ hätte sie ihm nicht geglaubt. Sie wusste dass das Einkaufen von Schuhen nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählt.

So versuchte er es mit Scherzen. Im Hinblick auf ihre geringe Körpergröße und in Erinnerung an den „Herr der Ringe“ bezeichnete er sie als Hobbit und nannte sie Frodo. Dies störte sie jedoch in keiner Weise. Sie musste tatsächlich noch im Alkoholrausch sein. Doch ihre Wahl war gefallen und sie erstand die neue Fußbekleidung. Frida schaute sein Herrchen dankbar an.

Sie verließen den Ort taiwanesischer Handwerkskunst und suchten eine Parfümerie auf. Hier wollte die Kurpfälzerin das Geschenk für ihre Freundin erstehen. Ihre beiden Gefährten schlugen vor draußen zu warten. Das Geschäft war überfüllt und der Verbleib von diesen beiden Parfümmuffeln wäre nicht angebracht gewesen. So schauten sie die Auslagen anderer Geschäfte an.

Es dauerte lange Sehr lange. Der Pfalzgraf und seine Hündin warten fast eine halbe Stunde. Seine Lebensgefährtin sollte doch zwischenzeitlich etwas Passendes gefunden haben. War sie in dem Geschäft zusammengebrochen? Doch kein Notarzt war inzwischen vorbei geeilt. Hatte man sie entführt? Die Familie besitzt keine Reichtümer. Hatte sie dort einen anderen Mann gefunden und war mit diesem geflüchtet? Der Pfalzgraf wusste, dass sie ihn liebt. Was war geschehen?

Er konnte nicht ahnen, welches Chaos sich in dieser Parfümerie anbahnte.

Durch den Adrenalinausstoß beim Schuherwerb fand die Kurpfälzerin zu ihrer alten Form zurück. Die chemische Verbindung zwischen Adrenalin und Alkohol im kurpfälzischen Körper verursachte eine Reaktion, welche der Filialleiterin der Parfümerie schlecht bekam.

Diese befand sich zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle. Pech für die Filialleiterin. Frau Kurpfälzerin war ohnehin etwas angespannt, da sie einen Fehlkauf getätigt und diesen umtauschen wollte. Doch niemand des Personals nahm sich ihrer an. Dann erblickte sie die Filialleiterin und sprach sie an. Diese reagierte falsch. Absolut falsch. Statt mit äußerster Zuvorkommenheit auf die Wünsche der Kundin einzugehen, wies sie diese etwas zu forsch zurück.

Was dann geschah kann der Pfalzgraf nur schlecht beschreiben, da er nicht zugegen war.

Erst als er nach langer Zeit den Laden betrat um nach seiner Angebetenen zu forschen sah er das Dilemma: Die Kurpfälzerin in heftigsten verbalen Streit mit einer völlig überforderten Filialleitern. Daneben verstörte Kunden, welche wohl Angst vor einem Handgemenge hatten und die Angestellten des Geschäftes mit breitem Grinsen im Gesicht. Endlich hatte deren Chefin einen angemessen Sparringspartner gefunden.

Frida und ihr Herr sahen sofort was geschehen war: Frauchen hatte zu ihrer alten Form zurückgefunden. Sie taten jenes, was jeder Andere in dieser Situation getan hätte. Sie ließen die Kurpfälzerin ihren Streit weiter austragen. Sie wussten im Voraus wer hier als Sieger den Ring verlassen würde. Die Filialleiterin hatte von Anfang an keine Chance.

So warteten sie noch ein Weilchen, bis ihre Gefährtin, zwar mental verausgabt doch mit zufriedenem Grinsen im Gesicht das Geschäft verlassen hatte. Drinnen gewahrte sein Blick noch eine völlig aufgelöste Filialleiterin.

Jetzt ging es ihr wieder richtig gut. Die gute Laune steckte auch den Pfalzgrafen und Frida an und so konnten sie endlich den Weg in den Biergarten antreten um in Ruhe bei einem Pils das Geschehene Revue passieren zu lassen.

Wege in die große Welt

Und wieder führte ihn sein Weg fern weg von zuhause. Die große weite Welt sollte sein Ziel sein. Teltow nahe der großen Hauptstadt.

Er hatte dort in beruflicher Mission ein Fahrzeug abzuholen. Doch wie dorthin gelangen? Das Ziel seiner Reise lag nahezu 700 km von seinem Heimatort entfernt. Er entsann sich eines Werbespots im Fernseher und eilte daraufhin an einem frühlingshaften Vormittag zum Ausgangspunkt seiner Fahrt.

Einem Bahnhof der Deutschen Bahn.

Er löste einen Fahrschein für sein schwerverdientes Geld und stellte danach fest, dass er nahezu 40 Minuten bis zur Abfahrt der teuer erkauften Fahrt Zeit hatte. Was sollte er zwischenzeitlich unternehmen?

Es war früh am Morgen und so lag der Gedanke an einen Kaffee, in Verbindung mit einem letzten Zigarillo er wusste im Zug war das Rauchen nicht gestattet. Er erwarb sich keinen altmodischen Kaffee für unterwegs, sondern einen modernen und hippen „Coffee to go“. „Man muss mit der Zeit gehen“ sinnierte er, während er sich zwecks Koffein- und Tabakgenuss auf den Bahnhofsvorplatz begab.

Der Genuss währte jedoch nicht lange an. Es waren erst zehn Minuten vergangen als er wiederum verwirrt umherstand. Noch 30 Minuten bis zur Abfahrt. Also wiederholte sich das Spiel noch zweimal. Nun füllten drei Kaffee und ebenso viele Zigarillos den pfalzgräflichen Körper.

Der Zug lief ein und er fand seinen gebuchten Sitzplatz neben einem netten unaufdringlichen Herrn. Der Fahrplan zeigte ihm, dass das erste Etappenziel Berlin in 4 Stunden Entfernung lag. Dort sollte er umsteigen. Er machte es sich bequem und nahm seine mitgeführte Leselektüre hervor. Er fühlte sich recht wohl.

Doch nicht für lange.

Bereits nach einer Stunde machten sich zwei Makel seines, sonst so friedfertigen Körpers bemerkbar: Zum Ersten der Drang nach weiterem Nikotinnachschub. Diesen Drang wusste er zu unterdrücken. Er wusste, dass dies erst beim Umsteigen in Berlin möglich wäre. Er instruierte seinen Körper zu warten. Dieser gehorchte, wenn auch unter Protest.

Der zweite Makel lag in seiner Blase begründet. Die drei Kaffee forderten ihren Tribut. Dies sollte kein Problem sein gestand er sich ein und machte sich auf den Weg zur Toilette. Die erste Toilette, welche er erkundete wies ein Schild mit der unmissverständlichen Aufschrift „defekt“ auf. Dies tangierte ihn eher peripher, da er wusste, dass ein ICE über mehrere Bedürfnisanstalten verfügen sollte. So wanderte er durch den Zug auf der Suche nach einer funktionierenden Toiletteneinrichtung.

Doch sein Ansinnen den überschäumenden Urin seines Körpers zu entsorgen schlug vorerst fehl. Erst nach dem fünften Waggon konnte er eine funktionierende Toilette erblicken. Leider erblickte er nicht nur die gesuchte Toilette, sondern auch eine Schlange von mindestens 6-7 Menschen, welche den gleichen Drang wie er verspürten und bereits vor ihm warteten. Er musste sich notgedrungen einreihen.

Zwischenzeitlich wusste er schon nicht mehr was Schlimmer war: Der Drang seiner Lunge nach Nikotin oder der Drang seiner Blase. Nach langer Zeit des Auf- und Abhüpfens auf einem Bein und der Verschränkung derselben, dass ja kein Tropfen Urin vorzeitig das pfalzgräfliche Gemächt verlasse, war er endlich an der Reihe und durfte den langersehnten Ort der urinalen Begierde betreten.

Er stellte sich in freudiger Erwartung nach Männerart aufrecht vor das Becken, bereit seiner Blase die wohlverdiente Entlastung zu gewähren, als der Zug eine Weiche überfuhr und ihn unerwartet aber heftig zum Schwanken brachte. Er raffte sich wieder auf, positionierte seinen Körper wieder vor dem Becken und begann sich zu erleichtern.

Tat dies gut. Doch bereits nach Sekunden die zweite Weiche. Der Zug hatte den nächsten Zwischenhalt Wolfsburg fast erreicht. Der Urinstrahl war nun durch die ständigen Kurswechsel des Zuges nicht mehr zu halten und fraß sich über den Fußboden, die Wände entlang bis zu den neuen Schuhen unseres Helden.

Sofort unterdrückte er den Harnlass. Seine bis dahin aufgelockerte Blase vergalt ihm diese Unterbrechung durch heftigstes und schmerzhaftes Ziehen. Er war verzweifelt und wartete einige Sekunden bis der Zug zum Stehen kommen sollte. Doch es war zu spät. Die Blase forderte ihren Tribut und verlangte sofortige Entleerung. Ihr war es gleich wie viele Weichen noch kommen sollten. So hüpfte er im Takt der Weichen auf der Toilette auf und ab und versuchte meist erfolglos das Becken zu treffen.

Plötzlich hielt der Zug. Die Passagiere deren Ziel die Autostadt war stiegen aus, andere wiederum ein. Der Pfalzgraf stand mit ruinierten Schuhen in einer urinalen Überschwemmung und schämte sich. Doch es war nicht seine Schuld und so wagte er sich hocherhobenen Hauptes aus der Toilette, bereit die unverschuldete Misere dem nächsten harngeplagten Mitreisenden zu überlassen.

Seine Blase war nun befriedigt, seine Lunge jedoch schrie noch immer nach Nikotin. Sie musste sich noch über zwei Stunden gedulden.

Zu gegebener Zeit erreichten sie Berlin. Der Pfalzgraf und seine fordernde Lunge begaben sich eiligen Schrittes zum Umsteigebahnsteig. Die Uhr zeigte noch 5 Minuten bis zur Abfahrt des Anschlusszuges an. „Zeit für ein Zigarillo“ dachte unser Held und zündete sich eines seiner schwarzen Leckerli an.

Die Inhalierung noch nicht vollbracht wurde er von einem Uniformierten angesprochen: „Das Rauchen ist hier nicht erlaubt“. „Wir befinden uns hier im Freien auf einem Bahnsteig“ erwiderte der Nikotinsüchtige verstört „wen sollte dies stören?“

„Der ganze Hauptbahnhof Berlin ist rauchfreie Zone“ beleerte der Uniformierte ihn und wartete bis er sein Zigarillo entsorgte.

Was hätte eine weitere Diskussion gebracht? Nichts. Seine Zeit auf dem Bahnsteig war um, er musste in seinen Anschlusszug einsteigen. Seine Lunge war, da um ihren Genuss betrogen noch deprimierter als er selbst.

Er beruhigte sein lechzendes Atmungsorgan, indem er ihm erklärte, dass die Fahrt nach Teltow nur noch 20 Minuten andauere und sie dann zu ihrem Genuss käme. Er hatte nicht gelogen. Zur angegebenen Zeit erreichten sie die kleine brandenburgische Stadt und er konnte sein Versprechen einlösen.

In Teltow wollte er sich eigentlich ein Mittagessen denn sein Hunger war groß und dann ein Taxi zu seinem Zielort nehmen. Doch dort angekommen fand er sich in der wildesten Einöde seines Lebens wieder. Weder eine Bahnhofsgaststätte, noch ein Taxistand zierten diesen idyllischen Ort. Der Bahnhof befand sich in tiefster Wildnis. Die Stadt war ferne.

So wartete lange Zeit bis ein Linienbus vorbeikam und den verzweifelten Reisenden zu seinem Zielrot brachte. Sein Hunger war nun nahezu unmenschlich. vor seinem inneren Auge tanzten bereits tote Schweine in Schnitzelform mit Jägersauce und Pommes auf und ab. Dies wollte er sich gönnen.

Er stieg in das auf ihn wartende Automobil ein und machte sich auf den Weg zur Autobahn. Er wusste: An jeder Autobahnraststätte warteten diese zerlegten und gebratenen Tiere auf ihn.

Er erreichte die erste Raststätte. Doch was musste er sehen: Keine Raststätte mit leckerem Schweinefleisch. Eine Filiale mit Mc Donalds hatte sich dort eingenistet. Dies musste er seinem hungrigen Magen nicht antun. Also weiter.

Nach fast 50 km fand sein Fahrzeug die Ausfahrt zur zweiten Raststätte. Hier trieb Burger King sein Unwesen. Er verzweifelte. „Essen die Ossis denn nur noch Plastiknahrung“ fragte er sich während auch der dritte Rastplatz fest in amerikanischer Fast-Food-Hand war. Er weigerte sich seinem nun schreienden Magen dies anzutun.

Er war fast in Erfurt, als er einen Autohof erblickte, welcher nach außen schon offensichtlich „normales“ Essen offerierte. Er betrat das Lokal und sofort gewahr sein geschultes Auge auf der Speisetafel ein Jägerschnitzel.

„Ein Jägerschnitzel bitte“ schrie der der ungepflegten Küchenfrau regelrecht entgegen. „Aber gerne“ erwiderte sie „aber ich muss sie darauf hinweisen, dass es kein richtiges Schnitzel ist“. Er war irritiert. Kein richtiges Schnitzel. Er wollte nun über den Sinn eines richtigen Schnitzels diskutieren, doch sein völlig verstimmter Magen rebellierte ungestüm auf: „Iss irgendwas sonst kannst du gleich Arges erleben“.

Er kannte seine inneren Organe und insbesondere seinen Magentrakt und verlangte sofort etwas Unverbindliches. „Ich bin hier in Thüringen“ resümierte er schnell „eine Thüringer Bratwurst sollte hier toll schmecken“.

„Haben Sie Thüringer Bratwürste“ wandte er sich an die zottelige Frau. „Ja mit Brot“ kam die Erwiderung. Das Brot könnte eventuell trocken sein, überdachte er schnell. „Nein mit Pommes“.

„Haben wir nicht“. Eine Autobahnraststätte ohne Pommes“ wunderte er sich. „“Dann bitte mit Kartoffelsalat“ war der letzte Ausweg.

Was dann geschah wird unser Pfalzgraf nie wieder vergessen.
Die strähnige Küchenfrau entnahm ein altes runzliges Würstchen der Auslage und warf es desinteressiert in die Mikrowelle. Anschließend nahm sie eine große Kelle, tauchte sie tief in einen großen Eimer und klatschte eine Portion Kartoffelsalat auf einen Teller. Unser Pfalzgraf wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte.

Inzwischen wurde auch die arme Schrumpelwurst aus der Mikrowelle befreit und gesellte sich zu der beigen Pampe. Mit einem „guten Appetit“ schob ihm die Frau das Gericht zu.

Er ließ sich an einem Tisch nieder und begann das Gemetzel.
Ein Schnitt in das vordere Wurstteil ließ das hintere Ende vor Schmerz erbeben. Es wölbte sich in die Höhe und quietschte. Dennoch zeigte der Pfalzgraf in seinem Hunger kein Erbarmen. Er schob es in seinen Schlund. Ein Gartenschlauch wäre sicherlich zärter und geschmackvoller gewesen.

Er versuchte sich am Kartoffelsalat. Ob dieser Kleister jemals eine Kartoffel gesehen hat? Wohl kaum.

Er ließ das Königsmahl stehen und stürmte, wie von einer Tarantel gestochen in sein Fahrzeug. Er wusste: Nur noch 300 km bis nach Hause. Weg aus Ossiland. Heim zu seiner Kurpfälzerin, wo sicherlich ein leckeres Mahl auf in wartet.

Frauchen ist tot

Ich habe mich in meinem siebenjährigen Leben daran gewöhnt: Morgens um 07.30 Uhr - pünktlich gleich bei welcher Witterung führt mich mein Frauchen, die Kurpfälzerin zum Feld damit ich mich erleichtern kann.

Doch was ist heute geschehen? Es ist bereits 10.00 Uhr am Vormittag. Die Kurpfälzerin liegt noch immer im Bette und rührt sich nicht, der unsägliche Pfalzgraf schnarchend in ein enges Eck des Bettes gedrängt. Frauchen ist tot.

Rückblende:

Der gestrige Abend. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Frauchens Heimsuchung, der Pfalzgraf hatte sie wieder zum trinken verführt. Was tut der schlaue Hund in einem solchen Fall? Er verkriecht sich unter dem Tisch und beobachtet das sich anbahnende Chaos aus der Ferne. So tat auch ich es.

Es kam wie es kommen musste: Durch den übermäßigen Alkoholgenuss wurden die Beiden wieder so kindisch, dass ich - welches gerne als geistig unterqualifiziertes Tier bezeichnet werde - den Beiden in Anstand und Benehmen noch manches hätte beibringen können. Habe ich mich für die zwei geschämt.

Doch diesmal war etwas anders als sonst. Während früher wenigstens einer der Trunkenbolde mich beachtet, mein freundliches Haupt gestreichelt und mich hinter den Ohren gekrault hat, so missachtete man meine Anwesenheit gestern völlig. Ich drehte ihnen beleidigt meinen schönen Rücken zu. Nicht einmal als Frauchen zu Bett ging warf sie mir die gewohnt liebevollen Blicke zu. Sie fiel wie ein nasser Sack in ihre Bettstatt und rührte sich nicht mehr. Frauchen war wohl tot.

Trotz meiner Sorge und Trauer schlief ich irgendwann mit verweinten Augen ein.

Nun ist es 10.00 Uhr am Morgen. Mein Frauchen liegt tot im Bette. Der Pfalzgraf an ihrer Seite erwacht. Was tut der Frauenmörder? Statt sich um sein Opfer zu kümmern er lässt es einfach liegen zieht er sich kurz an und nimmt die Leine um mich nach draußen zu führen.

Sicher, mein Darm und meine Blase danken es ihm, jedoch meine Gefühlswelt ist nun völlig zerstört. Ich hatte den Menschen moralisch in besserer Erinnerung.

Das soll er mir büßen: Es regnet und ein kalter Wind pfeift. Ich bemerke entzückt, dass er nur ein leichtes T-Shirt unter einer dünnen Sommerjacke trägt und auch seinen Hut vergessen hat. Sein Alkoholspiegel ist wohl noch zu hoch.

Wir gehen zum Feld, wo er mich der Leine entlässt. Dies soll der Tag meiner Rache sein. Ich verschaffe meinem Körper die ersehnte Erleichterung und sehe mit Freude, dass ein frierender und durchnässter Pfalzgraf auf meine Rückkehr wartet. Heute soll er lange warten. Während ich mich in sicherer Entfernung meiner Trauer hingebe, soll dieser Unmensch über seine Taten nachdenken und sich dabei eine Lungenentzündung holen. Vielleicht stirbt er auch. Dann wäre ich zwar Waise, aber der Gerechtigkeit wäre Genüge getan.

Ich lasse ihn lange warten sehr lange. Erst als sich mein Magen meldet schließlich habe ich noch kein Frühstück und Hunger kann ebenso schlimm sein wie Trauer entschließe ich mich zurückzukehren. Der pfalzgräfliche Blick ist so zornig, dass ich weiß: Meine Rache ist gelungen.

Wir sind wieder zuhause. Mein erster Gang führt mich zu Frauchen. Wie Schneewittchen liegt sie tot in ihrem Bett. Nur ohne gläsernen Sarg. Ich weine bitterlich.

Doch plötzlich höre ich ein bekanntes Geräusch: Das Rascheln der Tüte, welches mir den kommenden Genuss meines Frühstücks anzeigt. Meine Laune bessert sich. Was soll ich als edles und vornehmes Tier nun tun? Mich meiner Fresssucht hingeben oder weiter mein Frauchen beweinen. Ich entscheide mich für mein Frühstück. Mit vollem Magen fällt mir das Trauern leichter.

Während ich in zurückhaltend und gebückter Form mich meinem Essen hingebe erkenne ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung im Schlafzimmer. Ist Schneewittchen doch aus dem Tode erwacht? Hat sie ein Prinz wach geküsst? Oder ist diese leichte Regung nur ein letztes Aufbäumen ihres leblosen Körpers, verursacht durch das Bilden von Gasen und das Zerren von toten Muskeln. Ich hatte so etwas schon im Fernseher gesehen.

Voller Spannung beobachte ich die grausige Szenerie. Doch tatsächlich: Frauchen lebt. Zwar schaut sie aus wie ein Leichnam, aber ihre Bewegungen sind - wenn auch unkoordiniert - doch eindeutig einem lebenden Menschen zuzuschreiben.

Ich bin überglücklich und lasse die Rute freudig kreisen. Doch was habe ich Herrchen angetan? Habe ich ihn zu Unrecht bestraft? Vielleicht ja. Aber dies soll mich nicht grämen. Auch wenn es diesmal zu Unrecht war. Der nächste Grund kommt bestimmt.

Der Hungerstreik

Ein mancher, welche bereits Kurzgeschichten vom Pfalzgrafen verinnerlicht hat wird mich kennen:

Ich bin Frida. Die Euch bekannte edle Retrieverhündin von vornehmen Geschlecht und freundlichem Charakter. Doch was wird mir nicht alles angetan. Angetan von meinem cholerischen Frauchen und meinem kurz vor der Demenz stehenden pfalzgräflichen Herrchen. Gott sei seiner kranken Seele gnädig.

Lasst mich heute einfach mein Hundeherz ausschütten:

Es geht um meine Ernährung. Auch ich besitze einen Gaumen und weiß wohlschmeckende Nahrung von Hundefutter der übelsten Sorte zu unterscheiden. Mein Rudel sie selbst denken ja immer noch sie seien mir überlegen jedoch, verfüttert seit Jahren stets nur dieses unsägliche „Royal-Canin“ Trockenfutter an mich. Ich darf den Firmennamen hier unbedenklich negativ erwähnen, da eine eventuelle Klage dieser futterherstellenden Tierquäler mich nur wenig interessiert. Möge die Intelligenzbestie von Herrchen diesen Rechtsstreit für mich austragen. Er meint ja sowieso er wisse alles besser.

Mein Name ist Frida nicht Ghandi. Ich bin kein Asket. Also schlinge ich diesen Fertigfraß allabendlich in meinen hungrigen Retrievermagen.  Schließlich sollte ich bei Kräften bleiben. Falls böse Menschen meiner Familie ans Leder wollen fühle ich mich verpflichtet den beiden beizustehen. Aber warum nur? Sicher nicht wegen des guten Essens. Es liegt wohl in meinen Genen begründet.

Ganz toll ist es, wenn mein humanes Rudel selbst speist: Steaks mit Pommes oder Würstchen mit Kartoffelsalat und danach eine dicke Portion Eiscreme. Ich liege daneben und hebe zwar unauffällig, aber dennoch für jedermann sichtbar meine rotbraune Nase in die Höhe. Man übersieht mich. Glauben die Beiden wirklich ich trage meine dicke Nase nur zur Zierde im Gesicht?  Ich beherrsche das Riechen besser als jeder Leser dieser Geschichte. Glaubt mir.

Erst beim Beenden ihrer Mahlzeit darf ich ihre beste Freundin - ein abgefressenes Stück Brot zerkauen und die zerlaufenen Reste der Eiscreme aus der Schüssel lecken. „Wer bin ich eigentlich?“ frage ich mich immer wieder. Ich sollte diese Almosen demonstrativ ablehnen. Aber mein Appetit ist stets größer als mein Charakter. Darin ähnele ich sehr meinem Herrchen.

Vor wenigen Tagen besuchten wir Freunde meines Rudels. Ebenfalls der menschlichen Rasse zugehörig. Diese beiden Zweifüßler sahen mich eher als Gourmet und ließen mir Gutes angedeihen: Kein Royal-Canin. Nein feinste Häppchen aus Kalbsleberwurst mit süßsauren Gürkchen versehen standen bereit. Zwar nicht für mich gedacht, aber dennoch von der Herrin des Hauses in meinen weit geöffneten Schlund geschoben, gaben diese Häppchen mir den Glauben an das Gute in der menschlichen Rasse zurück. Ich tat mich an einer kompletten Platte dieser Köstlichkeiten ursprünglich für den Herrn des Hauses gedacht gütlich. Mein Rudel schaute verwundert. Sie nahmen es ihren Freunden wohl übel. Ich überlegte ernsthaft das Rudel zu wechseln.

Danach gingen vier Menschen und ich als tierische Begleitung in ein kleines nettes Lokal. Der Wirt ein stämmiger anständiger Hundeliebhaber sah mir meine Wünsche von den Augen ab. Hat mein Rudel dies jemals getan? Sicher sie liebkosen mich regelmäßig und führen mich zum Spielen aufs Feld aber rein von der Fütterung gesehen sind sie einfache Neandertaler.

Dieser fremde Herr jedoch bedachte mich mit Gaumenfreuden der edelsten Art: Einige scharf gewürzte Würste fanden ihren Weg von der Hand des Spenders, vorbei an meinen gewetzten Vorderzähnen bis hin zu meinen Backenwerkzeugen, wo diese genussvoll zermahlen wurden.

Ein gelungener Tag: Mindestens ein halber Laib Brot, ein Viertelpfund Kalbsleberwurst und 3-4 Würste fanden den Weg in mein Inneres. Sollen der Pfalzgraf und seine Kurpfälzerin ihr Fertigfutter doch selbst fressen. Ich war entschlossen dies nicht mehr länger zu ertragen. Auch ich habe nur ein kurzes Hundeleben, welches ich nicht zu vergeuden habe.

Wieder zuhause: Am Abend reichte mir der geisteskranke Pfalzgraf schon wieder meinen Napf mit Royal-Canin. Wurde er vielleicht von dieser Firma erpresst oder bestochen? Ich musste mich zur Wehr setzen,

Ich trat in den Hungerstreik.

Ich ließ das Gericht einfach stehen. Eine Situation mit der Frauchen und Herrchen einfach nicht klarkamen. Ist der Hund krank? Es wird wohl nichts ernstes sein? Sie machten sich Sorgen. Ich erlaubte mir ein breites Grinsen durch meine Lefzen und nahm mir vor meinen Hungerstreik fortzuführen. Sollen sie sich ruhig Sorgen machen.

Nach weniger als einem Tag war mein Streik von Erfolg gekrönt. Zwar fand ich keine Leberwursthäppchen in meinem Napf, jedoch war mein Fertigfutter mit pikantem Dosenfutter geschmacklich veredelt. Der Sieg war mein. Frauchen und Herrchen waren doch lernfähiger als gedacht. Ich fühlte mich wie Rin-tin-tin nach der Befreiung eines Kindes aus einem Brunnenschacht. Die Welt stand mir offen. Ich war mir gewiss: Ich konnte nun alles erreichen.

Jedoch nicht für lange. Bereits nach wenigen Stunden fühlte ich ein unangenehmes Kribbeln in der Magengegend. Dies wirkte sich kurzfristig zu heftigsten Magenschmerzen aus. War mir das leckere Futter nicht bekommen? Hatte mein Rudel doch recht mit ihrer Art mich zu ernähren? Ich sollte mich schämen tat es aber nicht. Auch eine Retrieverhündin hat ihren Stolz.

So sitze ich wieder an meinem Napf, fresse Royal-Canin und freue mich auf ein abgefressenes Stück Brot und die Chance die Speiseeisschüssel auszulecken. Das Leben als Hund ist traurig.

Aber immer, wenn ich Frauchen und Herrchen schlemmen sehe wünsche ich ihnen das gleiche Magenleiden wie mir. Es wäre so schön gemeinsam aus einem Napf zu fressen.

Die Fahrradtour

Der Pfalzgraf auf dem Fahrrad? War er nicht immer derjenige, welcher sich dieser Art der Freizeitbewältigung aufs Äußerste widersetzte? War er nicht derjenige, welcher jenen Sonderlingen der menschlichen Rasse, welche ihre abgemagerten Körper in geschmacklose Trikots pressten und ihre Hakennasen unter einem Helm verbargen stets einen Unfall mit schmerzhaftem Ausgang wünschte?

Er war dieser Mensch.

„Pfalzgraf wie wäre es heute Mittag mit einer Radtour?“ frohlockte seine Kurpfälzerin an einem wunderschönen sonnigen Frühlingstag. Er verschluckte sich nahezu an seinem Frühstück. „Ich und ein Fahrrad Dies sind Dinge die nicht zusammenpassen“ erwiderte er erschrocken, „ebenso wie Foxtrott auf Rockmusik tanzen oder ein leckeres Stück Fleisch in zerlaufenen Käse tunken“.

Doch dies waren schreckliche Dinge, welche seine Kurpfälzerin gerne tat. Könnte sie eventuell auch insgeheim der zweirädrigen Leidenschaft frönen? Kannte er seine Angebetene so wenig? Er bekam Angst. Er wusste Es bedurfte der Kurpfälzerin nur wenig Überredungskunst ihn zu animieren. Zwar hat er es stets vermieden ihren anderen zwielichtigen Gelüsten nachzugeben aber jetzt und heute?

Sie schaute ihn einfach von oben bis unten an. Ihr Blick blieb offensichtlich an seiner Taille hängen. „Schaden könnte es Dir nicht“ intonierte sie, während sie diese Blicke durch handgreifliches Zwicken in die pfalzgräflichen Rundungen noch unterstrich.

Er wollte einmal ganz Mann sein: „Ich weigere mich“ bekannte er furchtlos.

„Kein Problem“ wir müssen nicht radeln wir können auch anders abnehmen wie wäre es heute Abend mit etwas Salat und Toast?“

In Anbetracht dessen, dass er sich schon seit Stunden auf den sonntäglichen Schweinebraten gefreut hatte, hatte die kurpfälzische Überredung binnen Sekunden gefruchtet. „Aber nur, wenn auf unserem Weg ein nettes Bierlokal liegt“ wandte er noch verbissen ein. Die Kurpfälzerin dem edlen Hopfen auch nie abgeneigt stimmte hier freudig zu.

Der frühe Nachmittag nahte. Womit sollte er seinen gräflichen Körper bekleiden. Er wollte es dringend vermeiden, wie eines seiner Hassobjekte zu erscheinen, also gewandete er sich locker und leger mit einer Dreiviertelhose und einem Leinenhemd. So sollte niemand auf seinem Weg vermuten er fühle sich als Radprofi.

Sie bestiegen ihre beiden älteren Damenräder ein Herrenrad hat leider niemals den Weg in ihre Garage gefunden und erklärten ihrer Hündin Frida durch intensive Gebärdensprache, dass ein sportliches Großereignis dem Rhein-Neckar-Raum bevorstand. Frida war sehr angetan. „Endlich unternehmen diese faulen Säcke mal etwas Ordentliches mit ihrem Tier“.

Sie radelten beschwingt los. Zumindest die Kurpfälzerin schien glücklich. Der Pfalzgraf hingegen zog seinen Kopf ein und hoffte, dass ihn keiner der Nachbarn erkannte. Radfahren kann sehr peinlich sein.

Den Ort verlassen, führte sie ihr Weg gemütlich über Felder und Äcker, während die Hündin wohlgelaunt in leichtem Trab nebenher lief. Doch nach wenigen Kilometern bemerkte der Pfalzgraf Regionen an seinem Körper, welche er bisher nicht einmal kannte. Was war das - Diese fremd anmutenden Flächen zwischen seinen Knien und seinen Füßen, welche sich nun bemerkbar machten? Er hielt kurz an und befragte seine Gefährtin. Der Hund konnte leider keine Auskunft geben. „Dies sind Deine Waden Sie sind der Beanspruchung wohl nicht mehr gewachsen“ verkündigte sie einer Krankenschwester gleich. Er vertraute ihr auch ohne weißen Kittel und fuhr tapfer weiter.

Weitere Kilometer gefahren offenbarte sich ihm ein weiteres körperliches Manko: Die Lunge schrie nach Sauerstoff. Sie, welche frische Luft kaum kannte und ihre Nahrung üblicherweise nur aus Zigarillorauch bezog, zeigte sich äußerst verwundert. „Frische Luft ohne dunklen Qualm?“  sie glaubte ihrer teerverklebten Flächen schon nicht mehr trauen. „Dass mir dies in meinem Alter noch passiert?“ Die Lunge war glücklich wie der Hund und wollte mehr. Dies veranlasste unseren Pfalzgrafen zu heftigem Schnaufen.

So fühlte er sich gequält und überlegte ernsthaft ob es nicht doch ein Fehler war das Geschäft „Radfahren gegen Schweinebraten“ einzugehen. Salat wäre nicht übler gewesen als diese Tortur.

Doch er radelte tapfer weiter, insbesondere da ihm seine Kurpfälzerin freudig erläuterte, dass ein Biergarten in nicht weiter Entfernung auf sie wartete. Er sah ein frisch gezapftes Pils vor seinem geistigen Auge und radelte wie Lance Armstrong in seinen besten Zeiten. Die Aussicht auf Bier ist für unseren Helden das reine Dopingmittel.

Das Ziel ihrer Radtour war erreicht. Ein netter Biergarten inmitten wunderschöner Natur erwartete sie. Dies dachte er zumindest. Doch der Biergarten war anderer Ansicht. Er verwehrte den durstigen Sportlern den Eintritt. „Wegen Konfirmation heute geschlossene Gesellschaft“ verweigerte ihnen ein ungeheueres Schild den Zutritt.

„Was geht mich Eure Konfirmation an!“ schrie der Pfalzgraf wütend „Ich bin aus der Kirche ausgetreten und will jetzt ein Bier“. Die Kurpfälzerin schaute ebenso verblüfft. Ihr Lebensgefährte kam in Rage: „Und wenn ihr arme hebräische Jungen beschneidet ich will trotzdem ein Bier“. Es halb nichts. Die Pforten zur Glückseligkeit blieben dem Trio verschlossen. Die Vertreibung aus dem Paradies begann, bevor sie dieses betreten hatten.

Was blieb ihnen übrig. Sie fuhren weiter. Die Menschen lechzten nach Bier, das Tier hätte zur Not auch mit Wasser vorlieb genommen. Doch es blieb unseren Sportlern verwehrt.

Doch Gott der Herr hatte ein Einsehen mit den drei Heiden. Er lenkte sie auf ihrem Heimweg, welcher sie über eine andere Route führte nach wenigen Kilometern an einem Schild vorbei: „200 Meter rechts Biergarten geöffnet“. Sie erkannten diesen Wink des Himmels und bogen rechts ab.

Der erste Schluck war der beste. Kühles frisch gezapftes Bier rann ihre Kehlen hinab. Frida durfte sich an frischem Wasser gütlich tun. Doch dieses kleine Pils war eindeutig zu wenig. Sie gönnten sich noch 3-4 weitere dieser kleinen Dopingmittel. „Dann fährt es sich besonders gut“ argumentierte der Pfalzgraf bei jeder weiteren Bestellung. Die Kurpfälzerin lächelte geheimnisvoll in sich hinein.

Es gab gute Gründe für die Heimfahrt. Der Pfalzgraf forderte seinen versprochenen Schweinebraten ein. So machten sie sich auf den Weg. Diesmal rebellierten weder Waden noch Lungen: Doch das Gleichgewichtsgefühl meldete sich nun zu Wort und verweigerte ihnen das Vorankommen per Fahrrad. Kaum aufgesessen drehte sich diese wundervolle Welt in all ihrer Pracht. Sie waren wohl betrunken.

So führten sie ihre Räder zu Fuß nachhause. Frida dankte es ihnen. Ihr bedarf auf leichten Trab war für heute gestillt.

Das große Fressen

Kann sich jemand an diesen großen alten Film des französischen Kinos erinnern? Ich selbst habe ihn nie gesehen. Was nicht verwunderlich ist, denn der Film ist über 30 Jahre alt, während ich im kommenden Herbst erst mein 7. Lebensjahr vollenden werde.

Der Kenner der pfalzgräflichen Anekdoten wird nun sofort wissen, wer hier und heute wieder literarisch zugange ist. Für alle anderen darf ich mich kurz vorstellen: Gestatten Frida. Eure allseits geliebte Retrieverhündin. Edel vom Geschlecht, gutmütig vom Charakter und hübsch anzuschauen. Die Claudia Schiffer unter den Retrievern. Was mich jedoch von der genannten Person unterscheidet ist äußerst gravierend: Meine Fresssucht.

Doch das beste Abendmahl ist eben nur ein Essen. Ein kulinarischer Genuss wird es erst in Gesellschaft von Freunden.

So lud ich mir gestern zur Abendstunde zwei nette Freunde ein: Zum Ersten Lucy: Eine Ludwigshafener Zicke wie aus dem Bilderbuch. Wie Dr. Jeckyl und Mr. Hyde. Ich hoffte inständig, dass Dr. Jeckyl den Weg zu mir finden möge und Mr. Hyde in Ludwigshafen bliebe. Doch sie kamen beide. Zum Zweiten: El Caballero Tobi. Er fühlt sich wie spanischer Großadel, obwohl in Wirklichkeit den Slums Barcelonas entrissen. Doch unter seiner harten Schale schlägt ein weiches Herz.

Ich freute mich auf die Beiden und tat mein Bestes sie standesgemäß zu bewirten. Den Wassernapf gesäubert und mit kühlem Nass versehen, die Frolic gesondert zubereitet: Al dente für Lucy und meine Wenigkeit, leicht eingeweicht für Senor Tobi, da dieser leider nicht mehr über alle angeborenen Kauwerkzeuge verfügt. Wohl ein Relikt seiner spanischen Vergangenheit.

Es läutete an der Haustür. Die Beiden kamen zeitgleich. Doch was mussten meine treuen Hundeaugen zudem erblicken: Sie kamen nicht allein. Sie hatten ihr Herrchen und Frauchen mitgebracht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Und es sollte noch schlimmer kommen: Weitere Zweifüßler trafen ein und fanden den Weg in meine Wohnung. Dies konnte kein Zufall sein. Hatte mein Frauchen es etwa gewagt meine angesetzte Dinerparty zu missbrauchen um menschliche Gäste einzuladen. Dies war nicht in meinem Sinne. Ich musste mich bei Lucy und Tobi für diesen Fauxpas entschuldigen.

Es hätte ein so schöner Hundeabend werden können.

Ich schaute mir die eingetroffen Zweifüßler an: Ich erkannte Helmut und Bella. Ich kannte beide und mein ursprünglich von Zorn abstehendes Fell legte sich langsam wieder, als ich von Bella am Hals gekrault wurde. Ich bin schließlich nicht nachtragend. Mein Blick schweifte weiter. Bärbel und Dieter. Das Rudel meiner Gäste hatte sich einfach angemaßt ihre Tiere zu begleiten. Nun denn wenn sie schon mal hier waren wollte ich nicht unfreundlich sein und begrüßte auch sie mit Schwanzwedeln.

Doch dann kam mir das letzte Treffen dieser Herrschaften in den Sinn und ich wusste, dass ich mich heute noch schämen musste: Hier und heute hatte sich wieder die Avantgarde trinkfester Zweifüßler versammelt. Könnten die Kurpfälzerin und ihr Pfalzgraf nicht einmal Gäste einladen, welche weniger saufen als sie selbst? Wohl nicht. Nur in Gesellschaft solcher Chaoten konnten sie ihr wahres „ich“ ausleben, ohne sich schämen zu müssen.

Es kam wie kommen musste. Während meine Gäste und ich voller Anstand im Hausflur und unter Beachtung der geltenden Tischsitten unser Frolic vertilgten, nette Gespräche führten und uns mit klarem Wasser zuprosteten, tischte Frauchen im Wohnzimmer für die ungeladenen Gäste Spargel auf. Der Pfalzgraf versuchte zwischenzeitlich sehr erfolgreich seine Gäste mit alkoholischen Getränken der übelsten Sorte gefügig zu machen.

Wer war hier Mensch und wer war hier Tier? Nach wenigen Stunden vermerkten Lucy, Tobi und ich insgeheim dass wir weit mehr Anstand besaßen als die menschliche Rasse. Keiner von uns Dreien verdrehte die Augen wie Bella bei jedem Schluck Prosecco. Keiner von uns schwankte beim Gang zum Pinkeln wie Dieter, was nicht darauf zurückzuführen war, das jeder von uns 4 Füße hatte, was den torkelnden Gang zumindest erschwerte.

Vor allem nervte keiner von uns seine Freunde mit literarischen Ergüssen wie es der Pfalzgraf seinen Gästen antat und keiner von uns fiel vor Trunkenheit fast mit dem Gesicht in seinen Futternapf. Eine allseits bekannte Unsitte der Kurpfälzerin nach dem Konsum von 2-3 Flaschen des roten Weines.

Nein wir wussten uns zu benehmen.

Und die Essgewohnheiten dieser angeblichen Herrenrasse: Während wir unser Diner zelebrierten und uns am Essen gütlich taten bis wie gesättigt waren, stopften diese seltsamen Wesen derartige Mengen an Spargel und Schinken in sich hinein, dass ich glaubte sie bald platzen zu sehen. Dies hätte mich nicht weiter gestört, so verärgert war ich zwischenzeitlich. Doch dieser Umstand hätte meine Freunde und mich zu Waisen gemacht. Im Tierheim wollten wir nun doch nicht enden.

So taten wir das einzige was uns möglich war: Wir mussten unseren Menschen beim Vertilgen ihrer Nahrung behilflich sein. So setzten wir uns zwischen unsere Menschen und bettelten um Nahrung. Dies setzte uns in schlechtes Licht. Die gefräßigen Zweifüßler glaubten wir seien an ihrem Essen interessiert. Sie konnten nicht ahnen, dass wir lediglich auf derer Gesundheit achten wollten.

Nun der Abend endete wie ich es befürchtete: Die Menschen waren betrunken und die Tiere wurden als verfressen und bettelnd dargestellt.

Meine nächste Dinerparty werde ich außerhalb der menschlichen Wohnräume in einem netten kleinen Hundezwinger veranstalten.

Der Nasenbär

 

Sie waren stets eine glückliche Familie! Zumindest behaupten sie dies in ihrer menschlichen Arroganz. Über wen ich hier spreche: Die Kurpfälzerin, den Pfalzgrafen und Frida, deren Retrieverhündin. Ich darf auch Frida zur humanoiden Rasse zählen, da dieses edle Tier kaum noch animalische Instinkte hegt. In  meinen Augen ist Frida ein spätpubertierender Hippy ein Friedensapostel der Ghandi unter den Retrievern.

Sie dachten alle unserer Rasse wären wie Frida. Sie sollten sich gewaltig täuschen, denn dann kam ich: Mein Name ist Gretel. Ein stolzes Labrador-Mädel. Ich kam, um die Drei Mores zu lehren.

Sie adoptierten mich letzten Sommer noch als Kleinkind. Dies war ihr erster Fehler. Schon als Welpe vermochte ich mich bestens zu verstellen und meine Kampfhund-Gene vor ihnen zu verbergen. Obwohl bereits meine bereits im Welpenalter vorhandene imposante Erscheinung sie hätte warnen müssen. Mein Fell ist dunkelbraun und meine Augen leuchten wie Bernstein. Mit einem solchen Hund spaßt man nicht!

Doch meine drei Intelligenzbestien sahen nur das Bärchen in mir. Sie reduzierten mich lediglich auf mein Äußeres. Doch auch ich konnte mich nicht immer verstellen. Mein Mut und meine Neugierde allem Unbekannten gegenüber, ließen sie schon manchmal in ihrer Meinung über mich erzittern. Dies erfüllte mein Hundeherz mit Stolz.

Bereits am ersten Abend, Frauchen, Herrchen und die heilige Mutter Frida gedachten meinen Welpenkörper in ein kindisches Hundebettchen zu platzieren,  musste ich auf mich aufmerksam machen. Sie hatten mich nun mal angenommen und ich sprach ihnen das Recht ab, dass nur Hündinnen jenseits der Dreißig-Kilo-Marke bei ihnen auf der Couch ruhen dürfen. Da jedoch der Platz bereits ausgefüllt war, sah ich nur eine Möglichkeit:

Frida einmal mit meinen Babyzähnen kräftig ins Ohr beißen. Ich hatte Goldengelchen richtig eingeschätzt. Statt mir den Hintern zu versohlen (dann wäre sie in meiner Achtung gestiegen) trollte sie sich und hinterließ mir den Platz zwischen Frauchen und Herrchen.

„Ach ist die Kleine so mutig“ vernahm ich die menschlichen Stimmen. Ich fühlte mich geehrt, während die tierische  Mutter Theresa dies nur mit einem gequälten Seufzer kommentierte. Diese Front war geklärt.

Nun konnte ich mich in aller Ruhe der Erziehung meiner zweifüßigen Familie widmen:

Dies gestaltete sich beim Pfalzgrafen recht einfach. Es war fast zu einfach und würdigte mein Durchsetzungsvermögen in keiner Weise. Eigentlich konnte ich tun, was immer ich wollte. Ich musste nur nach jeder Schandtat Herrchen Ohren ablecken und sofort mutierte ich in seinen Augen vom Bastard wieder zum Bärchen.

Schwieriger war Frauchen, aber dennoch nicht unmöglich: Ein tiefer Blick meiner Braunbärenaugen in die menschliche Pupille vermochte nahezu jedes Problem zu lösen. Innigen Liebkosungen durch meine etwas angeraute Zunge verweigerte sie dennoch.

Am leichtesten war die Erziehung Fridas: Ein kräftiger Biss in die Ohren oder die Nase und fünfunddreißig Kilo Retriever lagen unterwürfig auf dem Rücken und gehorchten mir aufs Wort.

Nun sind nahezu neun Monate vergangen. Meine Herrschaften glauben noch immer, sie hätten mich erzogen. Ich lasse sie einfach in dem Glauben. Verspüre ich Lust zu gehorchen, so entlohnen sie mich mit einer leckeren Gaumenfreude. Verspüre ich jedoch Lust meine eigenen Wege zu gehen, so tue ich dies einfach. Dann werden vier menschliche Füße, auf zwei Personen verteilt nervös. Komme ich dann wieder, wird mein Gaumen trotzdem entlohnt.

Wie blöde sind die Beiden eigentlich?

Neuerdings soll ich bei Fuß gehen! Allein dieses Wort „Fuß“ verletzt mich zutiefst. So kann man mit einer Promenadenmischung sprechen, aber doch nicht mit dem schönsten Labrador der Kurpfalz. Auch ich habe meinen Stolz.

Fällt dieses böse Fuß-Wort, so stelle ich mich erst einmal taub. Sekunden später beugt sich ein menschlicher Oberkörper hinab um mein Laufverhalten zu beeinflussen. Zwar mag ich diese zwanghafte Erziehungsmethode nicht, aber dennoch gestehe ich hier und jetzt, dass ich Frauchen und Herrchen inzwischen doch in mein Hundeherz geschlossen habe.

Mit einem eleganten Sprung aus den Hinterläufen springe ich meinen Liebsten entgegen, um sie ungestüm, aber umso liebevoller auf den Mund zu küssen.

Dies hatte schon etliche Unfälle zur Folge welche weniger meine, als die Gesundheit meiner Probanten beeinflusste: Ein blaues Auge bei Herrchen, oder eine blutende Unterlippe bei Frauchen. Mich stört dies weniger, ich liebe frisches Blut.

Aber vielleicht hilft es meinen Schulmeistern endlich nicht mehr das Braunbärchen, sondern den stolzen und intelligenten Labrador in mir zu sehen, welcher selbst über seine Erziehung entscheiden kann.

Zahnpflege

Nein, ich hatte keine Schmerzen. Doch beim alltäglichen Blick in den Spiegel und dem einhergehenden Entblösen meiner Zahnleisten fiel es mir wieder wie Schuppen von den Augen: Mein letzter Zahnarztbesuch lag schon fast zwei  Jahre zurück. Welch ein Frevel an der pfalzgräflichen Mundhygiene.

Schon wollte ich zum Telefon schreiten, um einen Termin zu vereinbaren, als ich in meinem Gang innehielt. Verhieß das Platznehmen auf diesem, einem mittelalterlichen Folterinstrument nicht unähnlichen Behandlungsstuhl nicht auch das Ertragen von Schmerzen?

Zwar keine Schmerzen, vergleichbar der Folter in südamerikanischen Gefängnissen, aber auch nicht weit hiervon entfernt. Mit Gänsehaut auf dem Rücken und Schweißausbruch auf der Denkerstirn gedachte ich des letzten Entfernens des Zahnsteines welches ein, zugegeben nur geringes, dennoch spürbares Zwicken verursachte. Wollte ich mir freiwillig diese Bürde auferlegen?

Mir wurde schwindlig von dem Gedanken und ich musste mich setzen. Die beiden Hälften meines Großhirnes  befanden sich in Zwietracht: Während die linke Seite mich höchst intensiv an das schmerzhafte Zwicken erinnerte, gebot mir die rechte Seite der Vernunft doch nun endlich den Telefonhörer zu ergreifen.

Das Stammhirn traf die Entscheidung: Wenn der Pfalzgraf weiterhin in optischer Hinsicht die Gunst der holden Damenwelt erhaschen wolle, so möge er der rechten Hirnhälfte die Zustimmung erteilen. Kein voller roter Frauenmund ist gewillt maskulinen Lippen voller Bruchsteine, in gelblicher Farbe und übelsten Ausdünstungen nahezukommen.

So nahm ich, wenn auch unwillig den Hörer zur Hand und vereinbarte einen Termin in der Zahnarztpraxis meines Vertrauens. Ich erhielt diesen, meiner Ansicht nach viel zu kurzfristig.

Der Tag der Qualen war gekommen. Ich hoffte, ich würde vielleicht verschlafen. Aber der Zeitpunkt der Untersuchung lag erst im späten Nachmittag. Dann hoffte ich mein Fahrzeug würde nicht anspringen. Aber hatte ich die Batterie nicht erst kürzlich erneuert? Während der Fahrt zur Praxis erschien mir sogar der leichte Hoffnungsschimmer einer Entführung durch islamistische Terroristen. Aber welcher Gotteskrieger bemächtigt sich schon freiwillig dem Pfalzgrafen?

Selten in meinem Leben fuhr ich so langsam und dennoch erreichte ich schweißgebadet mein Ziel.

Ich betrat den Ort des kommenden Grauens und wurde aufs höflichste und nahezu unverschämt fröhlich und gutgelaunt begrüßt. Die Damen hatten wohl Furcht meine ängstliche Wenigkeit würde die Praxis doch noch unverrichteter Dinge verlassen.

Aus diesem Grund durfte ich wohl auch nicht im Wartezimmer Platz nehmen, sondern man führte mich direkt in die Höhle des Löwen. Wie im Colosseum den Gladiatoren vorgeworfen, nur die Räumlichkeit war geringfügig kleiner. Mit zitternden Knien ließ ich mich auf den Behandlungsstuhl sinken und harrte der Dinge die da kommen sollten.

Doch es kamen keine Dinge, eine hübsche junge Frau erschien und lächelte geheimnisvoll. Ähnlich der Mona Lisa, doch die Renaissance kannte noch keine Zahnarzthelferinnen. Diese junge Frau jedoch befleißigte sich dieser Tätigkeit und so wusste ich mich in der Realität zurück.

Ich ließ meinen männlich lüsternen Blick über dies sexuell ansprechende Wesen gleiten und vergaß meine Pein und Sorge sofort. Die braunen langen Haare und der dunkle Teint ließen sie südländisch erscheinen. Sofort kam mir der Gedanken an das südamerikanische Gefängnis wieder in den Sinn und ich erblich.

Doch sie kam näher und mein geschultes Auge erkannte eine Figur, welche meine argen Gedanken wie durch einen Frühlingshauch hinwegbliesen. Sie stand nun dicht an meiner Seite und bat mich den Mund zu öffnen. In Anbetracht ihrer Grazie und Schönheit hatte ich diesen zwar bereits geöffnet, doch wohl nicht weit genug.

Mit einer kleinen Nadel entfernte die junge Sophia Loren nun die Essensreste des mittäglichen Mahles, Gulasch mit Nudeln, aus meinen Zahnlücken und stieß dabei mit ihrem Oberschenkel an meinen herunterbaumelnden Arm. Ein leichter Stich durchfuhr meinen Körper.  Resultierte dieser Stich von der Nadel in meinem Mund oder dieser unbeabsichtigten Berührung?  

Ich wusste es nicht mehr, zudem sich nun das Gesicht der dunklen Schönheit dicht über mich beugte. Während sie begann weitere Untersuchungen meiner Mundhöhle anzustellen, vermochte ich den Duft ihrer Haut und ihrer Haare in mich aufzusaugen. Jegliche Pein und jegliches Zwicken ward schnell vergessen.

Sie bat mich den Kopf etwas nach rechts zu drehen. Ich tat wie geheißen und durfte nun in ein, zwar züchtig bekleidetes und doch unübersehbar pralles Dekoltee blicken. Währenddessen zwickte sie ungerührt weiter. Doch dies störte mich nun nicht mehr.

Als die Reinigung beendet war verließ mich dies göttliche Wesen und die Ärztin selbst betrat den Raum. Befand ich mich hier in einer Zahnarztpraxis oder einer Modellagentur? Auch die Zahnärztin selbst war von Schönheit und Anmut verziert. Ich, der Pfalzgraf jedoch sah mich verzaubert.

„Ich habe einige kariöse Stellen gefunden“ eröffnete sie mir lächelnd. Ich lächelte zurück, ohne mir den Worten bewusst zu sein. „Möchten Sie einen neuen Termin?“ Ich lächelte noch immer verzückt und nickte nur dümmlich.  Ich sah die schöne Ärztin bereits an meiner Seite stehen. Ich fühlte bereits ihren Schenkel an meinem Oberarm, roch ihr Haar und ihre Haut und stellte mir ihr Dekoltee vor.

Tage vergingen. Der neue Termin kündigte sich an. Ich hatte keine Angst mehr vor Schmerzen. Diese Angst entwich meiner Seele und wurde durch, ich darf zugeben einer Art Vorfreude ersetzt.

Ich hoffte ich möge nicht verschlafen, hoffte dass mein Fahrzeug seinen Dienst verrichte und kein Islamist mich entführen möge. Dann raste ich zur Zahnarztpraxis und stürmte durch die Tür. Doch diesmal musste ich mich im Wartezimmer noch etwas gedulden. Nun ja Vorfreude ist die schönste Freude, sagte ich zu mir selbst, als ich Mona Lisa durch den Gang wandeln sah.

Nach wenigen Minuten durfte ich auf dem Behandlungsstuhl Platz nehmen. Diesmal sollte mir nicht jener Fauxpas unterlaufen, welcher mir seinerzeit so peinlich war. So hatte ich zuvor nahezu eine Viertelstunde mit der Munddusche die letzten Überreste meines Frühstücks aus dem letzten Winkel meiner Zahnlücken sorgsam entfernt. Meine Achselhöhlen dufteten nach frischem Deo und die Schuhe waren frisch geputzt. Ich wusste: Damen achteten auf solche Kleinigkeiten.

So sehnte ich auf dem Behandlungsstuhl die Behandlung herbei. Dann öffnete sich die Tür und ein Mann kam herein. Groß und furchteinflößend. Mit graumeliertem Bart und einer Stimme, einem Sänger des Blues nicht unähnlich. Sicher der Hausmeister, beruhigte ich mich selbst. Aber seit wann tragen Hausmeister weiße Kittel?

„Mein Name ist Dr. Müller“ röhrte mir sein Bariton entgegen. „Dann wollen wir einmal ihre Zähne von Karies befreien“. Ich sank in mich zusammen.

„Es kann vielleicht ein wenig wehtun“, meinte er väterlich „aber sie sind ja ein Mann.“

Die unverschlossene Tür

Ich sah sie vor mir stehen: Große zentnerschwere Kerle mit schwarzem Fell. Stolze Hörner krönen ihre Häupter.

Den Blick in die Weite der argentinischen Wildnis gerichtet und mit Hoden versehen, welche leicht den Umfang meines kleinen Köpfchens erreichen konnten: Südamerikanische Bullen sah ich vor mir liegen.  

Und diese Bullen lagen auf dem Rücken liegend und die Beine weit gespreizt vor mir. Welch ein Anblick!

Ich darf mich vorstellen: Gretel ein erst kürzlich volljähriges gewordenes Labrador-Mädel, welchem diese nachvollziehbar unanständigen Gedanken der gerade heimsuchenden Pubertät zuzuschreiben sind.

Dennoch muss ich einiges zu meiner Verteidigung vorbringen: Ich bin keine Lolita keine Frau, welches sich an jeden verschwendet kein frühreifes Luder. Ich bin stets anständig geblieben, wenn auch diese Hoden schon etwas meinen Geist vernebeln. Doch dies hat seinen Grund.

Die Herren der Llanos lagen auch nicht wirklich in ihrer vollen Pracht vor mir eher in 160 Gramm großen Teilchen. Teilchen zerlegt in jener Form, in welcher meine Herrschaft jene südamerikanischen Besucher zu braten und zu vertilgen gedachte.

Doch ich konnte auch durch das zerlegte Fleisch die Weite der Steppe und die Kraft der Hoden riechen. Ein wenig Lolita steckt wohl doch in mir.

So lagen unsere Besucher in der Pfanne und ließen den Duft ihres Fleisches unsere Wohnung erfüllen. Auch meine große Schwester Frida wässerte bereits voller Inbrunst ihre ältlichen Lefzen.

Wir beide wussten: Ein kleiner Rest des Festmahles würde uns zukommen.

Plötzlich vernahm ich die Stimme meines Herrchens, dem Pfalzgrafen, gerichtet an die Kurpfälzerin. Doch welch grausame Nachricht sollte meine dunkelbraunen Schlappohren erreichen:

„Heute können wir den Hunden nichts vom Essen abgeben, schließlich haben wir die Steaks in kanadischen Whisky eingelegt“. Ich erstarrte und wandte mich meiner depressiven Seite zu. Frida wurde unter ihrem Fell blass.

Bevor wir jedoch in Tränen ausbrechen konnten dachte ich nach. Frida würde wohl klein beigeben. Dies war ihre Art. Ich jedoch gedachte um meinen Anteil an der menschlichen Nahrung zu kämpfen. Mit List und Tücke sollte mir dies gelingen.

Doch zuerst wollte ich mein eigenes kleines Gewissen beruhigen. Ich sinnierte über die kosmopolitischen Zusammenhänge zwischen den reichen nordamerikanischen und den den armen südamerikanischen Staaten. Ich gab dem Pfalzgrafen recht: Sie sollten ihre globale Kooperation zumindest in dieser kleinen Pfanne im kurpfälzischen Haushalt finden.

Doch wie sollte ich von dieser politischen Kooperation profitieren.

Ich lies meine Herrschaften genüsslich die argentinischen Freunde verspeisen, sorgsam darauf achtend, dass ein kleines Stückchen für Frida und mich übrig bliebe. Es blieb nichts übrig.

Herrchen und Frauchen fraßen lustvoll alles auf und ereiferten sich auch noch über den vorzüglichen Geschmack. Meine Depression wuchs. Der Fleischgeruch hing noch in der Luft, die Hoden waren inzwischen vergessen.

Der humane Anteil des ansässigen Rudels räumte die Teller weg und verstaute diese in der Spülmaschine. Danach begaben sich die menschlichen Vielfraße auf meine Couch, um mir auch noch den mir angestammten Liegeplatz streitig zu machen.

Doch eines hatten sie übersehen: Sie vergaßen die Tür der Spülmaschine zu schließen. Die Teller mit all ihren Fleischresten und dem Duft Südamerikas lagen direkt vor mir. Ich wollte nicht eigensüchtig sein und rief meine Freundin. Frida.

Während Herrchen und Frauchen sich ihre wohlbeleibten Bäuche mit Schnäpsen jeglicher Art füllten, schlichen sich acht Pfoten zur Spülmaschine. Ein kleiner Stoß durch meine linke Vorderpfote eröffnete uns das südamerikanische Paradies. Die Teller lagen vor uns bereit genussvollen Hundemäulern entsprechende Labsal zu verschaffen.

Wir leckten, was unsere Zungen hergaben. Beinahe hätte Frida die Glasur des Porzellantellers vernichtet. Die Mischung aus südlichem Rindfleisch und canadischem Whisky mundete einfach vortrefflich. Menschen haben doch Geschmack wenn es um Nahrung geht.

Zwei Stunden später: Es wäre Zeit gewesen meinen Labradorkörper vor die Tür zu bewegen um meine Blase zu entleeren. Daran konnte ich mich noch erinnern. Mein Herrchen schüttelte mich an den Beinen. Doch diese waren zu schwer um aufzustehen. Mein Kopf war wie Blei und meine Zunge fühlte sich an, als hätte ich mich an den südamerikanischen Hoden vergangen. Doch meine Blase war randvoll gefüllt.

Ich war ein betrunkener Labrador.

So tat ich jenes, was ich besser nie getan hätte: Ich entleerte mich auf jenem Teppich, auf welchem ich mein Haupt gebettet hatte.

Während ich wieder einschlief hörte ich Herrchen und Frauchen diskutieren, wer von den beiden die Spülmaschinentür offen ließ.

 Das tierische Waisenkind

Was ist ein Waisenkind? Ein Mädchen, deren Familie sie für eine gewisse Zeit verlassen hat.

Ich bin ein solches Waisenkind. Mein Frauchen und mein Herrchen haben mich für über eine Woche verlassen.

Doch bevor ich mein Leid klage gebietet es mein Anstand mich vorzustellen: Mein Name ist Kimba. Ich bin ein braunes Labradormädel und liebe meine Familie über Alles. Zweifellos lieben sie auch mich. Aber dennoch brachten sie es über ihr Herz mich für 8 Tage bei sehr zweifelhaften Genossen unterzubringen: Einem Ersatzfrauchen namens Elke, ihrem männlichen Anhängsel Bernd und meiner besten Freundin Gretchen - ebenfalls ein Labradormädel, nur etwas älter und eine Retriveroma mit Namen Frida.. Von Gretchen sollte ich in dieser Zeit viel lernen.

Ich kannte dieses Rudel schon länger und wusste, dass ich dort sehr willkommen war und sie auch nur mein Bestes wollten. Also beschloss ich mich meiner guten Erziehung zu erinnern und keine Schande zu bereiten. Ich wollte alles richtig machen und einfach nur lieb sein.

Bereits bei meiner Ankunft Frauchen hatte mich an einem Sonntagabend abgeliefert und mich mit einer Träne im Auge verlassen wollte ich beweisen, was für ein toller Hund ich bin. Ich wollte in meinem neuen Übergangsheim niemanden zur Last fallen und ständig fragen, wo sich hier in dieser Wohnung alles befindet. Also untersuchte ich die neue Umgebung sehr gründlich.

Zuerst begab ich mich ins Wohnzimmer. Ist die Couch auch weich genug für meinen wohlgeformten Körper? Ein Sprung mit ausreichend Anlauf lieferte mir sofort den Beweis für deren Standhaftigkeit. Dass mein neues Herrchen Bernd gerade zu jenem Zeitpunkt auch dort Platz genommen hatte, erkannte ich leider etwas spät und landete mit vollem Kampfgewicht auf dessen Unterleib Ein kurzes schmerzhaftes Aufstöhnen des Herrn ließ mich erkennen in welcher Körperregion meine Landung erfolgt war. Dies war mir zwar etwas peinlich, aber in diesem Alter zeugt ein Mann sowieso keine Kinder mehr.

Kann man mit einem Sprung von der Lehne dieser Couch ohne den Fußboden zu betreten ich wollte möglichst wenig Schmutz machen den Balkon erreichen? Dies sollte ein Versuch wert sein.

Der Versuch glückte und 6 verdutzte Augen beobachteten meinen Flug und die nahezu perfekte Landung. Dies also war der Balkon.

Auf dem Balkon sah ich mich umringt von Stöckchen. Liebevoll und dankbar schaute ich auf meine neue Übergangsfamilie. Selbst an ausreichend Stöckchen haben sie gedacht. Sogar geschmückt waren diese Stöckchen. Blumen umrankten sie. Und dies alles für mich. Hierfür wollte ich mich besonders dankbar zeigen. Sofort zog ich eines meiner hölzernen Willkommensgeschenke aus dem Erdreich, entsorgte die doch etwas störenden Blumen und trug es umgehend ins Wohnzimmer um Elke und Bernd zu demonstrieren, dass ich meine Geschenke sofort gefunden habe.

Frauchen Elke schaute mich an, als hätte ich einen Fehler begangen.

Dann entdeckte ich Gretchens Spielzeug. Ein ganzer Korb voller Bälle, Gummischweinen und anderen quietschenden Spielsachen. Ich wusste, dass ich größer und kräftiger war als Gretchen. Würde dieses Spielzeug meinem Kiefer standhalten. Ich wollte Gretchens Sachen nicht zerstören und bevor ich mich meinem Spieltrieb hingab diese erst auf Haltbarkeit untersuchen. Leider stellte ich fest, dass diese ihren Preis nicht wert waren und keinem ordentlichen Biss standhielten. Also legte ich die verbliebenen Reste des Spielzeugs wieder weg. Ordnung muss sein.

Diesmal schaute mich Gretchen an, als hätte ich einen Fehler begangen.

Nun untersuchte ich das Schlafzimmer. Meine feine Nase erkannte sofort, dass in diesem Bett 3 Personen nächtigen: Elke, Bernd und Gretchen. Wie gesagt: Ich wollte nicht lästig sein und andauernd nachfragen. So machte ich mir meinen eigenen Reim. Nach einiger Zeit ging Elke zu Bett, während Bernd noch im Wohnzimmer saß. Wenig später folgte ihr Gretchen und legte sich zu ihr ins Bett. Frida schlief vor dem Bett. Wahrscheinlich vertrug ihr altes Kreuz die weiche Matratze nicht. Durch die Aufregung wurde ich auch langsam schläfrig und begab mich zu den Beiden ins Bett. Elke schlief bereits. Ein Bett war noch völlig leer und so reckte ich dort meinen Körper wohlig aus. Tat das gut!

Als Bernd schlaftrunken zu Bett wollte schaute er mich diesmal an, als hätte ich einen Fehler begangen.

Als die Sache mit den Schlafstätten nach einer unerfreulichen Diskussion geklärt war, schlossen wir alle unsere Augen. Zumindest für eine Weile. Mitten in der Nacht hörte ich Geräusche im Haus. Dies war ich von meinem Zuhause nicht gewohnt. Einbrecher!

Oder wollte meine neue Familie mich testen? Wollten sie wissen, ob ich ein guter Wachhund sei?

Ich bewies dies, indem ich zuerst ein tiefes Knurren und anschließend ein lautes Bellen verlauten ließ. Binnen Sekunden war nicht nur die Familie, sondern das ganze Haus hellwach. Ich bellte noch ein wenig lauter und gefährlicher. Egal ob Einbrecher oder Test jeder sollten wissen, dass eine Kimba sich vor nichts und niemanden fürchtet.

Am nächsten Tag schauten mich die Nachbarn an, als hätte ich einen Fehler gemacht.

Der Rest der Nacht verlief angenehm ruhig. Der Morgen graute und ich bemerkte, dass Gretchen pünktlich um 6 Uhr ihr Frauchen durch ein liebevolles Anstupsen mit der Nase in deren Gesicht weckte. Ich fand diese Geste von Gretchen sehr nett und wollte es ihr gleichtun. Nein ich wollte es besser machen ich wollte noch liebevoller sein. Beherzt sprang ich zu Elke ins Bett und schaute in ihr schlafendes Gesicht. Sollte ich sie auf die Nase oder auf die Augen küssen? Was wäre Elke wohl lieber? Ich entschied mich für Beides und schleckte mit meiner breiten Zungen über Nase und Augen gleichzeitig. Sie war sofort hellwach. Es hat ihr wohl gefallen. Also schleckte ich noch über die Ohren bis sie mich unter Beschimpfungen aus dem Bett warf.

Diesmal schaute ich selbst, als hätte ich einen Fehler gemacht.

Am nächsten Tag kochte Elke lecker Essen für die Menschen. Es duftete köstlich. Ich kannte die Kochkünste meines Frauchens. Kochte Elke besser? Dies galt es für einen gewissenhaften Hund zu überprüfen. Mein Frauchen würde sich wohl sehr freuen, wenn ich ihr mitteilen könnte, dass sie besser kochte als diese Elke. Doch dies galt es zuerst herauszufinden. Also stieg ich mit meinen Vorderfüßen auf die Küchenplatte um nachzuschauen, was hier gekocht wurde. Zuerst versuchte ich das Brot, ob dies auch frisch war. Danach untersuchte ich die Mohrrüben auf deren Frische und letztendlich wollte ich das Fleisch testen als Bernd mich mit meiner Meinung nach mit unangebracht lauter Stimme der Küche verwies. Ich war beleidigt. Auf diese Art lässt sich keine wissenschaftliche Studie über die Essgewohnheiten dieser Familie erarbeiten.

Diesmal schaute ich Bernd grimmig an: Er hatte einen Fehler gemacht.

Dennoch wollte ich ihm nicht gram sein. Ich merkte aus seinem Verhalten, dass er mich richtig mochte. Abends saß er wie meist auf der Couch und trank an einem Glas Wein. Ich als vielseitig interessiertes Tier war natürlich neugierig, ob er einen edlen Tropfen bevorzuge oder nur dem Alkohol zuliebe sich Hochprozentiges einverleibe. Ich musste dies wissen, um den Herrn richtig einzuschätzen. Also wartete ich kurz bis das Glas in Reichweite meiner Zunge war und verkostete den zugegebenermaßen edlen Tropfen. Bernd lachte herzhaft und schüttete den Rest des Glas aus.

Ich verstehe manchmal die Menschen nicht. Warum tat er das? Ich lasse ihn ja auch aus meinem Napf trinken, wenn er es mag.

Übrigens trinken: Es war ein seltsames Haus mit seltsamen Sitten, in welchem ich mich hier befand.

3 Futternäpfe für 3 Tiere. Dies konnte ich verstehen. Jedem Tier seinen Napf. Aber warum hatte Frida 3 Wasserschüsseln für sich allein? Denn die Labradore mussten stets aus der Toilette trinken. Dies hatte Gretchen mich gelehrt. Vielleicht war das Wasser in den Schüsseln spezielles Retriverwasser? Wäre immerhin möglich. Aber das Wasser aus der Toilette ist lecker und ich werde mich zuhause gerne daran erinnern.

Eines Tages waren wir vierfüßigen Rudelmitglieder alleine. Elke und Bernd hatten das Haus für kurze Zeit verlassen. Wie sollte ich ihre Rückkehr zelebrieren? Wie sollte ich ihnen zeigen, wie sehr ich mich über ihre Heimkehr freue? Ich entscheide mich für ein freundliches Hochspringen an den Beiden, verbunden mit lautem Bellen. Jeder im Haus und auch auf der Straße sollte an meiner Freude teilhaben. Die Beiden erschienen. Die Tür öffnete sich. Ein freudiges Bellen erschallte durch ganz Heddesheim. Zuerst sprang ich an Herrchen Bernd hoch, wodurch er  ins Straucheln geriet und

beinahe auf dem Fußboden landete. Dies hätte den Vorteil, dass ich ihn besser ablecken könnte. Doch zuvor musste ich Frauchen Elke begrüßen. Ich sprang an ihr hoch, als sie sich gleichzeitig nach mir bückte um mich zu Streicheln.

Zuerst verspürte ich einen stechenden Schmerz an meiner empfindlichen Nase. Roch die Frau so schlecht, dass es meiner Nase körperliche Schmerzen verursachte. Nein sie roch sehr gut. Unmittelbar danach hörte ich Elke aufschreien. Dieses Schreien wandelten sich kurz später in ein leises Wimmern. Ich zog mich vorsichtig zurück um herauszufinden was geschehen war. Wir waren einfach zusammengestoßen und sie hat mir mit ihrem linken Auge direkt auf meine Nase getroffen. Warum konnte sie auch nicht aufpassen? Das daraus resultierende blaue Auge war wohl die Strafe des großen Hundegottes hierfür. Trotzdem tat sie mir leid.

Gestern waren wir wieder spazieren. Ich mag es mit Gretchen und Frida über die Heddesheimer Felder zu toben. Nur der Weg zum Feld unter Leinenzwang missfällt mir etwas. Elke schaut immer, dass ich bei Fuß laufe. Manchmal tue ich ihr den Gefallen. So auch gestern. Doch erspähte mein Auge einen Kater auf der anderen Straßenseite. Einen dicken, fetten Kater. Den Feind!

Ich kannte diese Art boshafter, intriganter und hässlicher Viecher. Sicher würde er eines Tages, wenn ich nicht schützend anwesend bin Frauchen Elke angreifen und fressen. Dem musste ich zuvorkommen. Ich musste den alten Kater vertreiben.

So rannte ich unvermittelt los das Vieh zu jagen und zum Kampf zu stellen. Leider hatte ich vergessen, dass ich angeleint war. Elkes Schultergelenk unterbrach durch ein gemeines Knacken meinen Jagdtrieb. Der Schrei aus Elkes Mund hatte den Kater sowieso vertrieben. Auf diese Art hatte ich mir einen Katerkampf erspart. Jeder Hund sollte es so machen.

Nun werde ich bald wieder von meinem wirklichen Frauchen abgeholt. Ich freue mich sehr, freue mich aber auch wenn ich diese Chaotenfamilie, bei der ich eine Woche lieb sein durfte bald wiedersehe. Was hat Bernd zu Elke gesagt? Was musste ich gerade eben noch hören?

Ein blaues Auge, ein fast ausgekugeltes Schultergelenk, schmerzhafte Hoden und zerstörtes Spielzeug. Aber geliebt haben wir die Kimba trotzdem. Was will ein Hund mehr?

Wenn Engel reisen

Eigentlich sind sie keine Engel Der Pfalzgraf und seine Kurpfälzerin. Doch wenn sie sich in fremden Landen befinden benehmen sie sich stets engelsgleich.

In das flache Land des Meeres, des Käses und der Wohnwagen nach Holland - wollten sie; Ihren Körpers, Seelen und vor allem ihren Hunden Labsal gönnen. Nur für wenige Tage.

Die Kurpfälzerin hatte alles akribisch geplant: Ein nettes Hotel gebucht. Die Reiseroute errechnet, nachdem sie der weiblichen Stimme eines Navigationssystems stets misstraut, und ein Köfferchen gepackt: Anfang Oktober ist alles möglich. Es könnte sommerlich warm, wie auch winterlich kalt sein. Also dicke und dünne Kleidung eingepackt. Legere Kleidung für den Strand, etwas Gehobeneres zum Abendessen, Abendkleidung, falls man sich kurzentschlossen für einen Opernbesuch entschließen sollte. Verschiedene Hundeleinen für den Strand und natürlich die Elchlederleine für feierliche Anlässe.

Der Kofferraum des kleinen Peugeot war wohl gefüllt.

Die Fahrt verlief ohne Vorkommnisse. Der Pfalzgraf fuhr, die Augen anstelle auf den Tachometer, stets auf seine Beifahrerin gerichtet. Die wahre Geschwindigkeitskontrolle lag im Blick der Kurpfälzerin begründet.

Sie erreichten ihr Ziel am frühen Nachmittag und erkannten ihr gebuchtes Hotel bereits von Weitem. Eine wahrhaft noble Herberge hatte die Frau ausgewählt und der Pfalzgraf war stolz auf den guten Geschmack seiner Herzensdame. Zum Einchecken ließen sie die Hunde und das Gepäck vorerst im Fahrzeug und machten sich auf den Weg zum Eingang. Gutgelaunt mit federndem Schritt legten sie den Weg zurück. Doch plötzlich war da:

Der Schmerz! Völlig unerwartet schien dem Pfalzgrafen jemand ein Messer ins Knie zu stoßen.

Taumelnd blieb er stehen und versuchte zu begreifen was hier geschah. Wo war der feige Messerstecher? Doch er sah niemanden außer seiner Kurpfälzerin. Sie war keine Attentäterin. Sie hätte nicht den Weg ins Ausland wählen müssen, sondern ihn zu Hause vergiften können. Er schaute an sich hinab und war bald überzeugt, dass ihm sein eigener alter Körper wohl einen Streich gespielt hatte. Sein bereits seit längerer Zeit angeschlagener Meniskus hatte sich wohl endgültig verabschiedet. Dies störte ihn zwar weniger, aber hätte diese Verabschiedung nicht zu hause und in weniger schmerzhafter Art erfolgen können?

Er konnte nicht mehr gehen. Jeder Versuch den linken Fuß aufzusetzen ließ den Messerstecher wieder aktiv werden. So überredete er sein rechts Bein den Dienst allein zu versehen und humpelte zum Einchecken. Dort erblickte er einen Regenschirm, welcher die nächsten Tage sein Krückstock und somit bester Begleiter werden sollte.

Der Urlaub schien eine Erholung der schmerzhaften Art zu werden.

Der Tag neigte sich dem Ende. Die Schmerzen ließen nicht nach, aber der Hunger unserer Reisenden nahm zu. Sie setzten sich in die Hotelbar und genossen ein Bier, worauf der Pfalzgraf stets achtete, sein Bein ausgestreckt zu halten. Sie wollten es vermeiden, eine längere Wegstrecke in ein fremdes Restaurant auf sich zu nehmen und beschlossen daher im Hotel zu speisen, auch wenn sie befürchteten, dass dies in einem 4-Sterne-Haus nicht unbedingt preiswert sei.

Die Speisekarte bestätigte diese Befürchtung. Doch der Hunger siegte über das Grauen, welches im Angesicht der Preise herauf schlich. So beschlossen sie sich über ein feudales hochklassiges Menue zu freuen.

Die Vorspeise kam, gefolgt von einem Kellner, welcher beinahe über das ausgestreckte Bein des Pfalzgrafen gestürzt war. Geschätzte 20 Gramm Leberpastete mit 3 Feigen garniert. Zumindest ein Anfang. Aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses beschlossen unsere Helden auf Wein zu verzichten und spülten die Speisen mit üblem holländischen Bier hinab. Die Hauptspeise sollte die Gaumen mit einem Kalbssteak erfreuen. Nach dessen Genuss wussten die Essenden endlich, wie ein Kalbssteak schmeckt, wenn es einem fetten, alten Tier entstammt und sich der Verbindung mit Gewürzen jeglicher Art erfolgreich erwehrt hatte. Die Nachspeise eine Cremespeise kann man eigentlich für 39 Cent in jedem Lidl-Markt erwerben.

So resümmierten unsere Helden, dass es tatsächlich möglich war ein Leberwurstbrot, ein ungewürztes fettes Steak und einen Lidl-Pudding für den Preis einer Hotel-Übernachtung zu erwerben.

Am nächsten Tag wollte man trotz des körperlichen Mankos den Strand besuchen, wobei sich hier die Regenschirm-Gehhilfe des Pfalzgrafen im lockeren Sand nur als mäßig hilfreich erwies. Zwei Hunde und deren Frauchen stürmten vor und das Herrchen hinkte auf einem Bein hinterher, wobei er mit diesem Bein auch noch im nassen Sand einsank. Ein wahres Strandvergnügen schaut anders aus. So stand er da auf einem Bein. Mitten im Sand. Hätte man ihm eine Lampe auf den Kopf gesetzt, hätte er allein aufgrund seiner Größe einen guten Leuchtturm abgegeben.

Danach setzte man sich wieder ausgestreckten Beines in eine Kneipe um den Frust mit holländischen Bier hinunter zu spülen. Der Urlaub war eigentlich anders geplant.

So beschlossen die Reisenden nach nur einem Tag den Pfalzgrafen in das Auto zu packen und den Heimweg anzutreten. Die Kurpfälzerin war nun genötigt zu fahren, was deren Laune nicht unbedingt verbesserte, da sie Autobahnen hasst. So beschloss sie die Strecke auf der Landstraße zu bewältigen. Nach über 3 Stunden Fahrt hatten sie auf diese Art immerhin fast 70 Kilometer zurückgelegt, was noch doch den zuvor getroffenen Entschluss wieder zunichte machte. Auf zur nächsten Autobahnauffahrt.

Sie wollten den schnellsten Weg nehmen, worauf sich nun ein erheblicher „Zickenkrieg“ zwischen der Fahrerin und der Dame aus dem Navigationssystem entfachte, in welchen sich der Beifahrer nicht einmischen mochte. Er ahnte wie dieser Streit ausgehen würde: Er wäre schuld und beide Damen sowohl die echte, wie auch die elektronische würden Recht behalten.

Irgendwann erreichten sie die Heimat und beschlossen diesen Urlaub irgendwann nachzuholen. Aber sie dürften nicht lange warten. Die Anatomie des Pfalzgrafen wird nicht jünger.

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pfalzgraf
Laßt jedem Individuum, gleich welches Aussehen, welche Interessen, welche Religion und welcher Herkunft die Möglichkeit der freien Entfaltung seines Lebens und gönnt ihm die Suche nach seinem eigenen Glück.
Freut euch wenn Menschen fröhlich sind und tröstet sie bei Trauer. Versucht die Gedanken anderer Menschen zu begreifen und behandelt jeden, wie Ihr behandelt werden möchtet.
Vielleicht wird die Welt dann besser.

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Tintoletto Schade, ich lese auch lediglich Hinweise?
Oder wie ist das gemeint ...
Als Frauchen würde ich gerne mitbellen;)
L.G. Tinto
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Aber hier steht doch gar nichts drin.....
Vor langer Zeit - Antworten
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