Perlen gibt es eine Menge, in weiß und rosa, die schwarzen sollen besonders wertvoll sein.
Es wird aber auch manch idyllisches Städtchen oder pittoreskes Dörfchen mit diesem Synonym bedacht. Oder der Großvater, der immer noch die Kunst beherrscht mit der Sense im Garten das Gras abzumähen, obwohl ihm der Enkel mit GPS-gesteuertem selbstfahrenden Rasenmäher meilenweit voraus ist, aber wieder mal keine Lust dazu hat.
Der Mann, der im Waltersdorfer Quirle-Häusl im weißen Hemd, aufgekrempelten
Ärmeln, Jeans und mit vorgebundener weißer Schürze behende leere Flaschen und Gläser auf einem Tablett positioniert und dieses dann elegant durch die Gaststube Richtung Küche balanciert, er muss auch solch eine Perle sein. Eben noch sang Peter Kunze gemeinsam mit seiner Ehefrau und Partnerin Kathrin mit glockenheller Stimme, wiegte sich mit ihr im zarten Walzertakt, ließ kraftvoll Möwen schreien oder leise die Sonne hinter den Bergen untergehen.
Nach ungezwungenem Abschiedsgeplauder mit seinen Häuslgästen greift er als Hausherr nun
nach gelungener Veranstaltung selbstverständlich dem netten jungen Restaurantpersonal unter die Arme. Irgendwie habe ich das Gefühl, als kenne ich ihn und seine Katrin schon ewig.
Vielleicht sind wir uns als Kinder schon begegnet, als ich Jahr für Jahr im „Weißen Hirsch“ mit meinen Eltern in Waltersdorf im Zittauer Gebirge im Urlaub war.
Oder liegt es daran, dass ich genau solange wie die beiden verheiratet bin und meine Tochter so wie ihr Sohn in Hamburg eine neue Heimat gefunden hat? Viel Privates wird an diesem
Nachmittag zwischen Gastgebern und Gästen ausgetauscht, man ist fast eine große Familie. Da bietet der hausgebackene Kuchen den gelungenen Einstieg.
Dann wird gemeinsam mit Kathrin und Peter gesungen und geschunkelt, gelacht und mit Händen und Füßen der Takt mit geklopft. Sächsische Witze und Oberlausitzer Schnorren fliegen durch die Luft, Zwischenrufe wirken eher anreizend denn unterbrechend. Um die Stimmung zum Sieden zu bringen verordnet „Dr. Peter Kunze“ jedem Gast einen Schluck „Radlschmäre“, ein eigens im Quirle-Häusl hergestelltes
Kräuterlikörgetränk, dessen Einnahme er im original Oberlausitzer Dialekt deklamiert und zelebriert.
So gelingt auch dem weit gereistesten Gast das dreifach gerollte „rrr“. Im zweiten, dem Gäste-Musikwunsch-Teil steigen die beiden „Quirle“ ins Cabrio, grüßen als Matrose vom weißen Schiff und geben vor allem der Musik als Ausdruck von Lebensfreude und Heilkraft den ihr gebührenden Platz.
Zum Abschied ihres Häusl-Programmes lassen die beiden immer das Lied „Oberlausitz, geliebtes Heimatland, Glück und Reichtum bist du mir…“ erklingen. Dabei komme ich dann doch
ins Träumen.
Den „Weißen Hirsch“ gibt es nicht mehr, und auch nicht den Schafbock, der mich von der kleinen Brücke in den Wassergraben geschubst hat. Aber vieles ist in Waltersdorf so geblieben wie zu meiner Kindheit, die Umgebindehäuser mit den vielen Blumen im Sommer davor, die engen Straßen, der Teich im Ortsteil Neusorge und die Schwäne darauf. Vieles ist schöner, bunter geworden.
Kommen Sie mit, ich lade Sie ein zu Kathrin und Peter, zum Singen, Wandern und zum Träumen nach Waltersdorf an den Fuß der Lausche.